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Das richtige Angebot für die Zielgruppe Senioren

Selbstständigkeit ist ein hohes Gut, welches gerade mit zunehmendem Alter immens an Wert gewinnt. Viele Menschen wollen besonders nach dem Austritt aus dem Berufsleben aktiv und vital bleiben. Im Vergleich zu den jungen Jahren, in denen der Fokus eher auf gesundheitlich-ästhetischen Aspekten lag, rückt mit steigendem Lebensalter der Erhalt der Selbstständigkeit und somit auch der Lebensqualität in den Vordergrund. Dieser Nachfrage können Fitness­center beziehungsweise Gesundheitsanlagen mit zielgruppenspezifischen Angeboten begegnen und den Bedarf in diesem Bereich bedienen.

Während der Mensch mit jedem Lebensjahr an Weisheit gewinnt, verliert er zunehmend an körperlicher Leistungsfähigkeit. Die Beine werden schwerer, der Atem kürzer und der Rücken steifer. Während des Prozesses des Älterwerdens kommt es zu Funktions- und Leistungseinbussen (z. B. Abnahme des Seh- und Hörvermögens, Abnahme der Muskelmasse und Muskelkraft). Diese typischen Veränderungen bezeichnet man als „normales Altern“. „Krankhaftes Altern“ liegt hingegen erst dann vor, wenn während des Alterungsprozesses spezifische Krankheiten auftreten, die letztendlich in einer verkürzten Lebenserwartung des betroffenen Menschen münden. Daher ist Altern keinesfalls mit Krankheit gleichzusetzen. Lediglich die Wahrscheinlichkeit zu erkranken steigt im Alter. Der Beginn des biologischen Alterns und sein Fortschreiten sind individuell sehr unterschiedlich und im hohen Masse präventiv beeinflussbar (Schwartz & Walter, 2012). Wenngleich die Anpassungs- und Veränderungspotenziale bei älteren Menschen im Durchschnitt geringer als bei jüngeren Menschen sind, kann auch in höherem Lebensalter beispielweise durch körperliches Training und rehabilitative Massnahmen eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Selbstständigkeit und der Funktionsabläufe im Alltag erzielt werden (Schwartz & Walter, 2012).

Wachsender Stellenwert von Gesundheit im Alter

Mit zunehmendem Alter verändert sich das Krankheitsgeschehen. Während das gesundheitliche Wohl in jungen Jahren oft als selbstverständlich erachtet wird und die meisten Erkrankungen nur von kurzer Dauer sind (z. B. Infektionskrankheiten), steigt im Alter hingegen die Schwere, die Dauer und auch die Anfälligkeit für Erkrankungen beständig und körperliche Beschwerden nehmen in der Folge zu. Dies hat zur Folge, dass das Thema Gesundheit mit steigendem Alter im Vergleich zu jüngeren Altersgruppen an Bedeutung gewinnt. Anschaulich wird dies durch Ergebnisse, die im Rahmen des Deutschen Alterssurveys (DEAS) gewonnen wurden. Während in der Gruppe der 40- bis 54-Jährigen „Gesundheit“ noch auf Rang 9 liegt, rangiert sie in der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen bereits auf Rang 2. Und in der Altersgruppe der 75- bis 84-Jährigen wird sie gar zum wichtigsten Thema im Alltag (Böhm, Tesch-Römer & Ziese, 2009, S. 82).

Regelmässige körperliche Aktivität ist wichtig

Für die Lebensqualität und den Erhalt der Selbstständigkeit spielt körperliche Aktivität im Alter eine ausgesprochen wichtige Rolle, denn sie gilt als einer der wichtigsten Schutzfaktoren. Körperliche Aktivität wird nicht nur von physischen Effekten begleitet, auch auf die psychische Gesundheit des Menschen wirkt sie sich überaus positiv aus.

Da ist es durchaus verwunderlich, dass trotz der vielfältigen gesundheitlichen Effekte gerade bei älteren Menschen besonders häufig ein Bewegungsmangel festgestellt wird. Senioren, die nicht regelmässig körperlich aktiv sind, haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthrose, Depression, Demenz und Stürze (Krug et al., 2013).

Die Auswirkungen eines Bewegungsmangels sowie die Auswirkungen bei ausreichender körperlicher Aktivität sind in den Abbildungen 1 und 2 skizziert.

Um die Gesundheit speziell von älteren Personen zu erhalten und zu fördern, gelten folgende Empfehlungen:

  • Mindestens 150 Minuten pro Woche Bewegung mit mittlerer Intensität oder 75 Minuten pro Woche mit höherer Intensität (oder eine entsprechende Kombination aus beidem) einplanen
  • Idealerweise wird die Aktivität auf möglichst viele Tage pro Woche verteilt
  • Eine Einheit sollte mindestens 10 Minuten andauern
  • An mindestens ein bis zwei Tagen pro Woche muskelkräftigende Übungen (mit mittlerer oder höherer Intensität) durchführen
  • Regelmässige Übungen einbauen, die das Gleichgewichtsvermögen erhalten oder verbessern (Rütten & Pfeifer, 2016)

Auch auf Personen mit chronischen Erkrankungen oder gar Behinderungen lassen sich diese Empfehlungen übertragen, jedoch sollte hier im Vorfeld eine umfassende medizinische Beratung durchgeführt worden sein.

Ältere Menschen, die körperlich inaktiv sind oder über ein reduziertes Leistungsniveau verfügen, erzielen bereits dann einen gesundheitlichen Nutzen, wenn sie beginnen, regelmässig körperlich aktiv zu werden. Auch der Einbezug von Hilfsmitteln wie Rollator oder Gehhilfen kann sinnvoll sein. Langfristiges Ziel sollte es in allen Fällen sein, möglichst nah an die Empfehlungen für körperliche Aktivität zu kommen (Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen [LIGA.NRW], 2010, S. 21).

Konzepte zur Förderung der körperlichen Aktivität

Ein gutes organisatorisches Rahmenkonzept stellen sogenannte psycho-edukative Kurskonzepte dar, denn sie ermöglichen Bewegungsanbietern eine gezielte Kundenansprache und können ausserdem als Wegbereiter für zukünftiges individuelles Training dienen. Das primäre Ziel dieser Konzepte besteht in der Vermittlung von Handlungskompetenzen. Durch den Erwerb dieser Kompetenzen wird körperliche Aktivität gefördert und das Sturzrisiko gesenkt. Auch spielen psychosoziale Komponenten eine wichtige Rolle. Gleichgesinnte treffen sich, bilden Gruppen, motivieren sich gegenseitig und erwerben somit gleichzeitig wichtige soziale Ressourcen (GKV-Spitzenverband, 2018).

Anbieter von Bewegungsprogrammen für Senioren sollten sich dennoch zunächst über eines bewusst werden: Die Zielgruppe der älteren, alten und hochbetagten Personen ist höchst heterogen und stellt somit auch höchst unterschiedliche Ansprüche. Daher ist es notwendig, zunächst eine Bedarfs- und Zielgruppenanalyse vorzunehmen.

Abb. 1: Auswirkungen von Bewegungsmangel/körperlicher Inaktivität (modifiziert nach Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. [BAGSO], 2018, S. 24)


Abb. 2: Auswirkungen von körperlicher Aktivität (modifiziert nach BAGSO, 2018, S. 24)

Den individuellen Bedarf ermitteln

Um solch eine Analyse durchzuführen, sollten zuvor mittels einer Recherche die Daten und Fakten zu vorran-gigen Zielsetzungen von Senioren bzw. Motive zur Ausübung körperlicher Aktivität eruiert werden. So kann ein genaues Bild über die besonderen Vorlieben in der Art und Dauer, bevorzugte Uhrzeiten, aber auch über die körperlichen und mentalen Voraussetzungen gezeichnet werden. Die Basis für eine solche Bedarfsermittlung können z. B. wissenschaftliche Veröffentlichungen in verschiedenen Fachzeitschriften, spezielle Fachbücher oder Ähnliches bilden. Die Bedarfsanalyse dient auch dazu, sich näher mit der Zielgruppe auseinanderzusetzen (LIGA.NRW, 2010, S. 39–40).

Ziele überprüfbar gestalten

Mithilfe dieser Analyse lässt sich die anzusprechende Zielgruppe nun genauer definieren: Alter, Geschlecht, individuelle Einschränkungen und Lebensverhältnisse, aber auch Vorlieben von Bewegungsformen sind u. a. verschiedene Merkmale, die zu berücksichtigen sind. Neben der Zielgruppe sollten auch die genauen Zielsetzungen des Konzeptes festgelegt werden. Damit später die Erreichung dieser Ziele überprüft werden kann, ist es empfehlenswert, aus zunächst übergeordneten Zielen möglichst quantifizierbare und geeignete Zielindikatoren zu finden und zu formulieren. (LIGA.NRW, 2010, S. 40).

Grobplanung

In der Konzept-Grobplanung sind folgende Punkte zu beachten:

  • Schwerpunkte der einzelnen Einheiten
  • Kursdauer (in Wochen)
  • Anzahl und Dauer der Treffen
  • Kurszeit
  • Aufteilung Theorie und Praxis
  • Personelle Planung
  • Räumlichkeiten, Medien, Geräte, Hilfsmittel
  • Kooperationspartner
  • Finanzierung/Teilnehmergebühr

Die inhaltliche Detailplanung erfolgt unter Angabe der Themenschwerpunkte einzelner Einheiten sowie der konkreten Lernziele und -inhalte für alle theoretischen und praktischen Einheiten. Ebenso ist es sinnvoll, dass Hinweise zur methodischen Gestaltung enthalten sind. Der didaktisch-methodische Konzeptaufbau sollte unter Einbezug der definierten Zielgruppe, der übergeordneten Kursziele und der wissenschaftlichen Evidenz erfolgen (LIGA.NRW, 2010, S. 34–40).

Weitere Aspekte

  • Regelmässig und moderat: kurze, dafür jedoch häufigere Einheiten planen
  • Die Einheiten inhaltlich simpel gestalten
  • Ein abwechslungsreiches Angebot an Bewegungsformen integrieren
  • Tasking-Programme einbauen,      z. B. ein Gleichgewichts- oder Gehtraining, bei dem die Teilnehmer gleichzeitig alle Tiere aufzählen sollen, die sie kennen, ohne zu schwanken oder langsamer zu werden
  • Einen Alltagsbezug zu den durchgeführten Übungen herstellen (z. B. Kniebeuge – aus dem Sessel sitzend aufstehen)
  • Auf den Einbezug von körperlicher Aktivität in den Alltag hinweisen –  z. B. Treppe statt Aufzug, Einkaufen gehen, Garten-/Hausarbeit, Spaziergänge mit Freunden
  • Ein Barrieremanagement zur Reduktion wahrgenommener Bewegungshindernisse integrieren
  • Auch kleine Bewegungstagebücher oder -karten haben sich in der Umsetzung im Alltag von älteren Menschen als hilfreich erwiesen.
  • Das Aufzeigen von Bewegungsmöglichkeiten (Schwimmbad, Senioren-Parcours, Wanderstrecken usw.) im Wohnumfeld kann dazu beitragen, die körperliche Aktivität zu erhöhen.
  • Aktivitäten nach Kursende zur Förderung der Gruppendynamik in die Planung einbeziehen
  • Der Spass sollte im Vordergrund stehen.

Fazit

Ein wichtiger Aspekt bei der Förderung und dem Erhalt der Gesundheit, Selbstständigkeit und der damit einhergehenden Lebensqualität stellt die körperliche Aktivität im Alter dar. Fitnesscenter bieten hier optimale Bedingungen, um Angebote speziell für diese Zielgruppe qualitätsgesichert zu konzipieren, zu etablieren und umzusetzen. Zudem fungieren Fitnessclubs bzw. Kursräume als Begegnungsstätten und bieten Anlass, Kontakte zu knüpfen und die Gruppendynamik zu fördern.

Auszug aus der Literaturliste:

Böhm, K., Tesch-Römer, C. & Ziese, T. (Hrsg.). (2009). Gesundheit und Krankheit im Alter (Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes). Berlin: Robert Koch-Institut.

GKV-Spitzenverband. (2018). Leitfaden Prävention Handlungsfelder und Kriterien nach § 20 Abs. 2 SGB V. Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI. Zugriff am 30.10.2018. Verfügbar unter https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/presse/publikationen/Leitfaden_Pravention_2018_barrierefrei.pdf

Schwartz, F. W. & Walter, U. (2012). Altsein – Kranksein? In F. W. Schwartz, U. Walter, J. Siegrist, P. Kolip, R. Leidl, M.-L. Dierks et al. (Hrsg.), Public Health. Gesundheit und Gesundheitswesen (3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Aufl., S. 167–185). München: Urban & Fischer.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte:

marketing@dhfpg-bsa.de

Über die Autoren

Sabine Kind

Sabine Kind studierte an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) den Master of Arts Gesundheitsmanagement.  Seit 2011 ist sie an der DHfPG und ihrem Schwesterunternehmen, der BSA-Akademie, als Dozentin im Fachbereich Gesundheitswissenschaften tätig. Des Weiteren ist sie Autorin von Fachartikeln und gefragte Expertin zu Fitness- und Gesundheitsthemen.

www.dhfpg-bsa.de