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Der Einfluss von Reduktionsdiäten auf die Muskelmasse und die Gesundheit

Die Anzahl übergewichtiger und adipöser Personen steigt in unserer Gesellschaft kontinuierlich an. Als wesentliche Ursache ist hyperkalorische Kost (Energieaufnahme ist grösser als der Energieumsatz) zu benennen.   

Mit dem erhöhten Körpergewicht, insbesondere dem erhöhten Körperfett-anteil, steht eine Reihe von Erkrankungen in Verbindung. Eine Körpergewichts- bzw. Körperfettreduktion ist daher im Rahmen der Prävention und Therapie dieser Erkrankungen als notwendig anzusehen.

Häufig angewendete Massnahmen zum Körperfettabbau sind Reduktionsdiäten. Problematisch erweist sich dabei, dass neben dem Fettgewebe u. a. auch fettfreie Masse, vor allem Skelettmuskulatur, abgebaut wird. Der Muskelmasseabbau wiederum lässt sich als gesundheitlich ungünstig bewerten.

Stoffwechselphysiologie des Muskelabbaus

Der Muskelabbau beginnt mit der Entleerung seiner Energiespeicher. Nachfolgend werden an der Muskelkontraktion beteiligte Proteine abgebaut und letztlich ganze Muskelzellen irreversibel geschädigt. Wie stark der Muskelabbau ausgeprägt ist, ist von der Höhe der Energierestriktion und der Dauer der Reduktionsdiät abhängig.

Abbildung 1: Einfluss der Ernährung auf die Aktivitäten der Hormone Insulin und Cortisol sowie deren Bedeutung für den Muskelmasseaufbau und -abbau.

 

Die Restriktion der Nahrungsenergie erfolgt durch die Verminderung der Zufuhr an Makronährstoffen. Einhergehend mit der Verminderung der Aufnahme von Protein und Kohlenhydraten sinkt die Bildung des Hormons von Insulin ab. Dadurch besteht für die Gegenspielerhormone des Insulins, wie z. B. Cortisol, Wachstumshormon und Glucagon, die Möglichkeit, verstärkt zur Wirkung zu kommen. Die Verminderung der Insulinaktivität und die Steigerung der Cortisol-Aktivität fördern gleichermassen den Muskelabbau.

Muskelmasse zu verlieren, erweist sich für die Überlebensfähigkeit des Organismus in Hungerszeiten als günstig. Denn mit verminderter Muskelmasse reduzieren sich der Grundumsatz und das Potenzial, auch in körperlicher Ruhe Fett verbrennen zu können. Das schützt die Fettdepots vor zu schnellem Abbau und zögert den Hungertod hinaus. Jedoch darf der Protein- und Muskelabbau nicht dermassen stark ausgeprägt sein, dass ein Funktionsverlust des Körpers zum Tod führt, bevor die Fettdepots verbraucht worden sind.

Im Hunger fördert Cortisol zur Energiebereitstellung den Abbau körpereigener Proteine zur Bildung von ATP, Glucose oder Ketonkörpern. Auch auf diese Weise kann Fett als Energiequelle eingespart werden.

Damit der Muskelproteinabbau kein lebensgefährliches Niveau erreicht, muss die katabole Wirkung des Cortisols mittelfristig begrenzt werden. Diese Aufgabe kommt im Hungerstoffwechsel dem Wachstumshormon zu. Es schützt Proteinstrukturen vor dem übermässigen Abbau. Zudem sinkt der Cortisolspiegel mit der Dauer des Hungerns wieder moderat ab. Zu begründen ist diese Beobachtung mit der Umstellung des Gehirns von Glucose- auf Ketonkörpernutzung. Dadurch braucht es weniger Protein zur Bildung von Glucose.   

Gesundheitliche Folgen des Muskelabbaus

Der Muskelmasseabbau zum Schutz der Fettdepots bedeutet gleichzeitig eine geringere Effektivität der Reduktionsdiät. Das erzeugte Energiedefizit erweist sich nun weniger effektiv auf den Körperfettabbau. Auch dadurch bedingt, verlangsamt sich die Körperfettreduktion und mündet in einer Plateauphase.

Umgangssprachlich wird diese Situation als Stoffwechselverlangsamung bezeichnet. Sie stellt vorerst kein gesundheitliches Risiko dar. Problematisch erweist sich jedoch der häufig folgende Wiederaufbau der reduzierten Körpermasse. Denn nach Abbruch der Reduktionsdiät und mit dem Rückfall ins alte Essverhalten wächst vor allem das Fettgewebe rasch an.

Abbildung 2: Das viszerale Fettgewebe ist hoch stoffwechselaktiv. Bei Stress werden die gespeicherten Fette rasch zu Glycerol und freien Fettsäuren (FFS) gespalten. Die FFS stören den Insulinrezeptor der Muskelzellen, wodurch Insulinresistenz und Diabetes mellitus Typ 2 bedingt werden. Die nicht mehr von den Muskelzellen aufgenommene Blutglucose (Glc) wird zusammen mit den FFS zur Fettsynthese in der Leber verwendet. Von der Leber ins Blut abgegeben steigt der Cholesterin- und Fettspiegel im Blut an, was langfristig Hirnschlag und Herzinfarkt begünstigt.   

 

Es konnte beobachtet werden, dass der Wiederaufbau mit einer ungünstigen Umverteilung des Körperfettgewebes einhergeht. Der Verringerung des Unterhautfettgewebes folgt ein Zuwachs an Innenbauchfettgewebe. Letzteres fördert die Entstehung von Stoffwechselerkrankungen mit der möglichen Spätfolge von Hirnschlag und Herzinfarkt.

Der Wiederaufbau von Fettgewebe und dessen ungünstige Umverteilung sind desto stärker ausgeprägt, je mehr Muskelmasse als Folge der Reduktionsdiät verloren gegangen ist.

Ungesund ist es zudem, wenn verloren gegangene Muskelmasse im Anschluss an eine Reduktionsdiät nicht wieder aufgebaut wird. Nicht selten bedingt wiederholtes Diäthalten stetigen Muskelabbau im Verlauf der Jahre. Der Aufwand, Fettgewebe reduzieren zu wollen, erweist sich dadurch als zunehmend grösser, bei gleichzeitig abnehmendem Erfolg. In der Regel geht diese Situation anstatt einer Körperfettreduktion mit wachsendem Fettgewebe einher, wodurch das Risiko für Erkrankungen bzw. der Schweregrad bestehender Erkrankungen, weiter zunimmt.     

Im Seniorenalter unterliegt der Organismus verstärkt katabolen Prozessen. Letzten Endes bedingt diese Katabolie den Verbrauch der körperlichen Reserven und Funktionsstörungen der Organe, welche zum Tod führen. Der zusätzlich diätbedingte Muskelabbau erhöht das Risiko vorzeitigen Ablebens. Ursache dafür sind u. a. Kraftverlust, Immobilität, Koordinationsschwierigkeiten und Stürze mit Knochenfrakturen.   

Verminderung des diätbedingten Muskelmasseverlustes

Realistisch gesehen ist es kaum zu erwarten, dass die Muskelmasse vollständig erhalten werden kann. Ein gewisser Anteil an Körperprotein bei einer Energierestriktion immer der Katabolie unterliegt. Das Ausmass kann jedoch beeinflusst werden. Eine Körpergewichtsreduktion sollte daher ein Massnahmenspektrum berücksichtigen, welches den Muskelmasseabbau zu minimieren hilft.

Praxistipp: Einfluss von Ernährungsmassnahmen

Wie stark der Abbau körpereigener Proteine ausgeprägt ist, hängt in erster Linie von der Höhe der Energierestriktion ab. Moderate Reduktionen von bis zu 500 kcal täglich bergen ein geringes Risiko. Je höher die eingesparte Energiemenge darüber hinaus ansteigt, desto stärker kann der Proteinabbau forciert werden.

Der Proteinanteil der hypokalorischen Kost stellt eine weitere wesentliche Grösse auf die Muskelmasseentwicklung dar. Die Studienlage zeigt kein eindeutiges Bild, aber in einigen Veröffentlichungen konnte der Muskelmasseverlust mithilfe einer erhöhten Proteinzufuhr von 1,5-2 g/kg Körpergewicht pro Tag reduziert werden.

Praxistipp: Einfluss von körperlicher Betätigung

Langzeitige Ausdauerbelastungen mit hoher Intensität, sind dem Muskel-erhalt weniger zuträglich. Denn bei verminderter Energie- und Kohlenhydratzufuhr erfordert die Stabilisierung des Blutzuckerspiegels ebenfalls den Abbau von Proteinen. Moderate Ausdauerbelastungen hingegen verhindern die übermässige Mobilisierung von Muskelprotein, da in dieser Situation überwiegend Fett zur Energiebereitstellung herangezogen wird.

Optimal scheint Kraftsport zu sein. Hier zeigt die Studienlage bessere Erfolge bzgl. der Vorbeugung des Abbaus fettfreier Masse. Kraftsport bedingt anabole Reize in den Muskelzellen, welche den katabolen Reizen der Reduktionsdiät entgegenwirken.

Den Darstellungen nach, könnte sich die Kombination von Kraftsport und proteinbetonter Kost als besonders muskelschützend erweisen. 

Literatur

Carbone, J.W., James P. McClung, J.P., & Pasiakos, S.M. (2012). Skeletal Muscle Responses to Negative Energy Balance: Effects of Dietary Protein. AdvNutr, 3(2), 119–126.

Chomentowski P, Dubé JJ, Amati F, Stefanovic-Racic M, Zhu S, Toledo FG, Goodpaster, B.H. (2009). Moderate exercise attenuates the loss of skeletal muscle mass that occurs with intentional caloric restriction-induced weight loss in older, overweight to obese adults. J Gerontol A BiolSci Med Sci, 64(5), 575-80.

Dulloo, A.G., Jacquet, J. &Montani, J.P. (2012). How dieting makes some fatter: from a perspective of human body composition autoregulation. Proceedings of the Nutrition Society, 71, 379–389

Jan Prinzhausen

Der Ernährungswissenschaftler verfügt über langjährige Praxiserfahrung in der Ernährungsberatung von unterschiedlichen Zielgruppen. Als Dozent der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement/BSA-Akademie bildet er u. a. Mitarbeiter aus Fitness- und Gesundheitseinrichtungen als professionelle Ernährungsberater aus. Er hat bereits mehrere Fachbücher im Ernährungsbereich veröffentlicht (z.B.: „Erfolgreich mit Ernährungsberatung. Durchführung, Beispiele, Tipps und Tricks“) und hält regelmässig Vorträge auf Fachkongressen und anderen Veranstaltungen.

www.dhfpg-bsa.de