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Die Königin aller Übungen Kreuzheben – so geht’s richtig

Viele Trainierende schwören auf ihr Krafttraining in Fitness- und Gesundheitsanlagen. Die Kniebeuge könnte dabei als König der Übungen angesehen werden. Als die unumgängliche Königin gilt allerdings das Kreuzheben, denn nur wenige Übungen im Krafttraining beanspruchen so viele Muskeln. Oft wird die Übung aufgrund der Komplexität der Bewegung gemieden. Dabei können das Kreuzheben und seine Variationen bei korrekter Ausführung ein «Gamechanger» für das eigene Training sein.

Das Kreuzheben hat sich bereits seit Jahrzehnten im leistungsorientierten Kraft- und Athletiktraining etabliert und bildet seit einigen Jahren auch zunehmend häufiger einen Eckpfeiler der Trainingsprogramme von Hobbyathleten und Freizeitsportlern. Kreuzheben beansprucht viele Muskeln gleichzeitig, dabei unter anderem die Gesässmuskulatur, die Ischiokruralmuskulatur, den vierköpfigen Oberschenkelmuskel, die Zwillingswaden- und Schollenmuskeln, die autochthone Rückenmuskulatur und die Stabilisatoren des Schultergürtels. Darüber hinaus werden die Bauchmuskulatur zur Stabilisierung der Wirbelsäule und die Unterarmmuskulatur zum Greifen der Stange benötigt. Die Angst vor der oft beschworenen Verletzungsgefahr beim Kreuzheben ist bei korrekter Technik allerdings unbegründet. Wie eine Übersichtsarbeit von Aasa, Svartholm, Andersson und Berglund (2017) zeigt, sind Powerlifter (auch: Kraftdreikämpfer), die Kreuzheben als eine ihrer drei Wettkampfübungen ausführen, keiner erhöhten Verletzungsgefahr gegenüber anderen schnellkraftbetonten Nicht-Kontakt-sportarten ausgesetzt. Im Vergleich zu Athleten aus Kontaktsportarten haben Powerlifter sogar ein deutlich niedrigeres Verletzungsrisiko (Aasa et al., 2017). Als Gründe dafür, weshalb sich Kraftdreikämpfer überhaupt verletzen, vermuten Strömbäck, Aasa, Gilenstam und Berglund (2018) die vergleichsweise häufigen Maximalversuche, die hohen Trainingslasten sowie eine suboptimale Bewegungstechnik.

Die korrekte Bewegungsausführung

In der Ausgangsposition des konventionellen Kreuzhebens befinden sich die Füsse ungefähr hüftbreit vonei-nander entfernt. Die Stange befindet sich dabei mittig über den Füssen, nur wenige Zentimeter von den Schienbeinen entfernt. Die Hände umgreifen die Stange direkt ausserhalb der Schien-beine, während die Arme gestreckt und im Schultergelenk leicht aussenrotiert sind. Die Knie werden direkt über der Stange positioniert und der Oberkörper mit physiologischer Wirbelsäulenhaltung so weit nach vorn geschoben, bis sich die Schultern lotrecht über dem Vorderfuss, also «vor der Stange» befinden. Die Hüftgelenke sind in der Ausgangssituation des konventionellen Kreuzhebens in einer höheren Position als die Kniegelenke (vgl. Phase 1 in Abb. 1). Zu Beginn der Bewegung werden die Rumpfmuskulatur und Schulterblattfixatoren bewusst angespannt, um die Wirbelsäule, das Becken sowie den Schultergürtel zu stabilisieren und so eine optimale Kraftübertragung zu ermöglichen. Nun wird die Stange durch Strecken der Beine in einer geraden Linie nach oben angehoben, bis die Stange knapp unterhalb der Knie angelegt ist. Die Vorneigung des Oberkörpers ändert sich dabei noch nicht, weshalb diese Phase auch als «Parallelverschiebung» bezeichnet wird (vgl. Phase 2 in Abb. 1). Sobald das Gewicht die Höhe der Kniescheibe erreicht, wird das Becken während der Hüft-extension aktiv nach vorn zur Hantelstange geschoben und zeitgleich werden die Knie vollständig gestreckt. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass der Oberkörper in seiner physiologischen Haltung fixiert wird und die Aufrichtung ausschliesslich über die Streckung des Hüftgelenks erfolgt (vgl. Phase 3 in Abb. 1). Die letzte Phase (vgl. Phase 4 in Abb. 1) der Bewegung ist die vollständige Aufrichtung des Oberkörpers inklusive Beckenkippung und Retraktion des Schultergürtels, was im Kraftdreikampf auch als «Lockout» bezeichnet wird. Die Bewegungen in der exzentrischen Phase erfolgen genau umgekehrt zu den hier dargestellten konzentrischen Bewegungsphasen.

Abb. 1: Bewegungsphasen beim Kreuzheben (modifiziert nach Rippetoe, 2015)

Die verschiedenen Grifftechniken

Im Laufe der Zeit haben sich beim Greifen der Stange mehrere Varianten etabliert, die alle spezifische Eigenschaften aufweisen und dadurch individuelle Vor- oder Nachteile für den Trainierenden mit sich bringen können. Die populärsten Grifftechniken sind hierbei der Obergriff, der Kreuzgriff und der Hakengriff. Der Obergriff ist aufgrund der symmetrischen Schulterposition besonders für Neulinge im Umgang mit Kreuzheben zu empfehlen. Hierbei umschliessen beide Hände die Hantelstange so, dass die Knöchel nach vorn und die Daumen nach innen zeigen. Diese Variante erleichtert zwar die symmetrische Stabilisierung des Schultergürtels, allerdings ist die Griffkraft beim Obergriff häufig der limitierende Faktor, da die Stange leicht aus den Händen rollen kann. Beim Kreuzgriff umschliesst eine Hand die Stange mit nach vorn gerichteten Knöcheln, während die Knöchel der anderen Hand nach hinten gerichtet sind. Die Daumen beider Hände weisen dabei zur gleichen Seite. Diese Grifftechnik ermöglicht das Halten grösserer Lasten ohne Hilfsmittel, da die Abrollrichtungen beider Hände entgegengesetzt verlaufen und somit weniger Griffkraft als beim Obergriff erforderlich ist. Allerdings hat diese Technik den Nachteil, dass die Schultergelenke aufgrund der verschiedenen Handhaltungen asymmetrisch positioniert sind und dadurch höhere Anforderungen an die Stabilisierung des Schultergürtels bestehen. Aus diesem Grund sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass beim Kreuzgriff die Auslage regelmässig gewechselt wird, um muskuläre Dysbalancen zu vermeiden. Der Hakengriff kommt ursprünglich aus dem olympischen Gewichtheben und ist ausserhalb dieser Sportart eher selten anzutreffen. Hierbei handelt es sich im Grunde genommen um einen Obergriff, bei dem die Daumen durch die jeweils anderen Finger beider Hände gegen die Hantelstange gepresst werden, um so das Abrollen der Hantelstange aus der Hand zu verhindern. Dadurch können trotz symmetrischer Haltung des Schultergürtels grössere Lasten festgehalten werden. Allerdings empfinden viele Sportler diese Grifftechnik auch ohne bereits vorgeschädigte Daumen schon als unangenehm oder sogar schmerzhaft. Bei allen Griffvarianten ist immer darauf zu achten, dass ein «Einrunden» des oberen Rückens verhindert wird, indem die Extensoren der Brustwirbelsäule sowie die Retraktoren des Schultergürtels bewusst aktiviert werden.

Valsalva-Manöver und Co. zur Rumpfstabilisierung

Beim Kreuzheben sind sowohl die korrekte Bewegungstechnik im Training als auch die maximal realisierbare Last im Wettkampf massgeblich von der Fähigkeit abhängig, den eigenen Rumpf isometrisch in seiner physiologischen Haltung zu stabilisieren, um eine optimale Kraftübertragung bei minimiertem Verletzungsrisiko zu gewährleisten. Um diese isometrische Stabilisierung auch beim Überwinden höherer Lasten aufrechtzuerhalten, führen viele Athleten bewusst oder unbewusst das sogenannte Valsalva-Manöver aus. Hierbei presst man die eingeatmete Luft gegen den geschlossenen Kehldeckel, wodurch sich der intraabdominelle Druck stark erhöht und zusammen mit der Kontraktion der Rumpfmuskulatur für eine Stabilisierung der Wirbelsäule sorgt. Wegen dieses Pressvorgangs ist diese im Kraftsport häufig angewendete Atemtechnik auch unter der Bezeichnung «Pressatmung» bekannt. Zur Unterstützung dieses Effekts verwenden Kraftsportler häufig spezielle Gürtel, die als externer Widerstand für die Rumpfmuskulatur dienen und dadurch den erzeugten Druck während des Valsalva-Manövers besser nach innen lenken können (Hackett & Chow, 2013). Im gleichen Atemzug wird hierbei oftmals der daraus resultierende Blutdruckanstieg genannt, weshalb Personen mit bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankungen von dieser Technik Abstand nehmen sollten. Bei gesunden Personen konnten die postulierten Gesundheitsrisiken aber ebenso wenig nachgewiesen werden wie die angeblich erhöhte Verletzungsgefahr beim Kreuzheben (Aasa et al., 2017; Hackett & Chow, 2013).

Fazit

Anhand der aktuellen Studienlage lässt sich erkennen, dass es keinen empirischen Beleg für die häufig thematisierten Verletzungsgefahren und Gesundheitsrisiken bei der Übung Kreuzheben gibt. Die Angst davor, diese Ganzkörperübung in das eigene Training zu integrieren, kann bei technisch korrekter Ausführung als unbegründet angesehen werden.

Auszug aus der Literaturliste

  • Aasa, U., Svartholm, I., Andersson, F. & Berglund, L. (2017). Injuries among weightlifters and powerlifters: a systematic review. British journal of sports medicine, 51 (4), 211–219. https://doi.org/10.1136/bjsports-2016-096037
  • Hackett, D. A. & Chow, C.-M. (2013). The Valsalva maneuver: its effect on intra-abdominal pressure and safety issues during resistance exercise. Journal of Strength and Conditioning Research, 27 (8), 2338–2345. https://doi.org/10.1519/JSC.0b013e31827de07d
  • Strömbäck, E., Aasa, U., Gilenstam, K. & Berglund, L. (2018). Prevalence and Consequences of Injuries in Powerlifting: A Cross-sectional Study. Orthopaedic journal of sports medicine, 6 (5), 2325967118771016. https://doi.org/10.1177/2325967118771016

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Patrick Berndt

Der Sportwissenschaftler ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent im Fachbereich Trainings- und Bewegungswissenschaft der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement/BSA-Akademie tätig. Durch seinen Einsatz als Athletik- und Personal Trainer in den Bereichen des Individual- und Mannschaftssports sowie als trainingswissenschaftlicher Berater verfügt er über umfassende Praxiserfahrung und Fachkompetenz.

www.dhfpg-bsa.de