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Fitness für Senioren – wie Sie eine unterschätzte Zielgruppe ansprechen

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Mittlerweile ist bekannt, dass Bewegungsmangel bzw. -armut eine ähnlich schädigende Wirkung auf die Gesundheit hat wie Rauchen. Anstatt sich im Alter auszuruhen, ist es essenziell, den Körper in Bewegung zu halten. Natürlich muss hierfür nicht der Vierwaldstättersee umrundet oder gar durchschwommen werden, vielmehr steht der Erhalt von Koordinationsfähigkeiten und Beweglichkeit im Vordergrund, um Alltagsanforderungen besser erfüllen und Erkrankungen vermeiden zu können. Durch spezielle Trainings- und Kurskonzepte ist es Fitnessanbietern jedoch möglich, die Zielgruppe der Senioren zu erreichen.

Die Nachfrage ist da

Nach den Daten der Zeitverwendungserhebung (durchgeführt in Deutschland) werden Aktivitäten wie Gymnastik, Gesundheitssport, Herzsport oder Rückenschule mit ansteigendem Alter immer interessanter. Hier gilt es insbesondere den Aspekt zu berücksichtigen, dass viele ältere und alte Personen mit der sportlichen Aktivität dann beginnen, wenn die Leistungsfähigkeit bereits eingeschränkt ist und bestehende Gesundheitsprobleme die Veranlassung für die Aufnahme der Aktivität stellen (beispielsweise Herzprobleme). Eine Herausforderung für Fitnessanlagen besteht darin, Initiativen zu ergreifen, um Senioren für Sport zu motivieren, ggf. sogar zu begeistern und langfristig zu binden. Dieser Artikel soll an einem Beispiel zeigen, wie Trainings- und Betreuungsangebote für die Zielgruppe Senioren gestaltet sein können.

Was Fitnessanbieter tun können

So genannte psycho-edukative Kurs-konzepte stellen ein gutes organisatorisches Rahmenkonzept für den Einstieg dar. Sie ermöglichen den Fitnessanbietern eine gezielte Kundenansprache, erhöhen die Kundenbindung und können als Wegbereiter für zukünftiges individuelles Training dienen. Das primäre Ziel dieser Kurskonzepte besteht in der Vermittlung von Handlungskompetenzen. Durch den Erwerb dieser Kompetenzen wird die Aufrechterhaltung körperlicher Aktivität verstärkt und das Sturzrisiko reduziert. Ausserdem spielen psychosoziale Komponenten eine weitere wichtige Rolle. Gleichgesinnte treffen sich, bilden Gruppen, motivieren sich gegenseitig, tauschen sich aus und erwerben somit gleichzeitig wichtige soziale Ressourcen.

• Bedarfs- und Zielgruppenanalyse

Um ein zielgruppenadäquates Konzept anbieten zu können, sollte zu Beginn eine Bedarfs- und auch Problemanalyse erfolgen. Es sollten Daten und Fakten zu vorrangigen Zielsetzungen von Senioren sowie Motiven zur Ausübung sportlicher Aktivitäten recherchiert werden. Hierzu gehören besondere Vorlieben in der Art und Dauer, bevorzugte Uhrzeiten (der späte Abend ist für diese Zielgruppe eher ungeeignet), besondere körperliche und mentale Voraussetzungen. Eine Basis für eine solche Bedarfsermittlung können wissenschaftliche Veröffentlichungen in verschiedenen Fachzeitschriften oder spezielle Fachbücher bilden. Basierend auf der Bedarfsanalyse ist die Zielgruppe, die mit dem Kurs-konzept angesprochen werden soll, näher zu definieren. Dabei sollten verschiedene Merkmale, wie z.B. Alter, Geschlecht und Lebensverhältnisse Berücksichtigung finden. Neben der Zielgruppe sollten auch die Ziele, die mit dem Kurskonzept erreicht werden sollen, definiert werden (z.B. Steigerung der körperlichen Fitness und Belastbarkeit, Steigerung der Beweglichkeit, Sturzprophylaxe,…). Damit später die Zielerreichung im Rahmen einer Erfolgsevaluation auch überprüft werden kann, sollten die Kursziele möglichst quantifizierbar formuliert und geeignete Zielindikatoren gefunden werden.

Tab. 1: Aspekte der Konzeptplanung

• Grobplanung

Nachdem das Thema, die Zielgruppe und die Zielsetzung festgelegt wurden, geht es an die konkrete Konzeptplanung. Dabei sollten die in Tabelle 1 aufgeführten Punkte beachtet werden.

• Detailplanung

Nach der Grobplanung erfolgt die inhaltliche Detailplanung des Kurs-konzeptes unter Angabe der Themenschwerpunkte der einzelnen Kurseinheiten, der konkreten Lernziele und -inhalte für alle theoretischen und praktischen Kurseinheiten. Ebenso sollten Hinweise zur methodischen Gestaltung enthalten sein. Der didaktisch-methodische Konzeptaufbau sollte unter Einbezug der definierten Zielgruppe, der übergeordneten Kursziele und der wissenschaftlichen Evidenz erfolgen.

In Tabelle 2 ist beispielhaft ein Auszug aus einem Kurskonzept für Senioren dargestellt.

Im Anschluss an die letzte Kursstunde sollte eine Evaluation durchgeführt werden. Hierbei könnte den Kursteilnehmern mithilfe von Fragebögen oder einer Diskussionsrunde die Möglichkeit geboten werden, ein Feedback zu geben, um etwaige Anpassungen des Kurses vornehmen zu können.

Fazit

Die Erkenntnisse der Zeitverwendungserhebung legen dar, dass Senioren durchaus aktiv und interessiert an sportlichen Aktivitäten sind. Dieser Aspekt verdeutlicht, dass Senioren für die Gesundheits- und Fitnessbranche eine interessante Zielgruppe darstellen und dementsprechend erfolgsversprechende Angebote konzipiert werden sollten. Eine systematische Konzeptplanung bestehend aus einer Bedarfsanalyse, einer daraus abgeleiteten Zielgruppendefinition und Zielformulierung sowie einer darauf aufbauenden inhaltlichen und methodischen Detailplanung orientiert am Stand der wissenschaftlich verfügbaren Evidenz. Ebenso ist der Einsatz von geeigneten Fachkräften für die qualitätsgesicherte Entwicklung und Umsetzung entsprechender Konzepte von elementarer Bedeutung. Als Anbieter sollte man ausserdem prüfen, ob Kooperationen (z.B. mit kommunalen Einrichtungen) möglich sind. Dies kann ein wesentlicher Vorteil zur Erreichbarkeit der Zielgruppe sein. Regelmässiges Training ist ein Garant für den Erfolg. Aus diesem Grund sind fest geplante Trainingstage unabdingbar, um Ziele zu erreichen. Zudem fungieren Fitnessstudios bzw. Kursräume als Begegnungsstätten und bieten Anlass, Kontakte zu knüpfen und Gruppendynamik zu fördern. Als weiteren Anreiz bietet es sich ausserdem an, am Ende des Kurses oder bei einem Nachtreffen einen kleinen Kaffee-/Kuchen-Event mit kleiner Tombola oder Ähnliches zu veranstalten.

Tab. 2: Auszug Kurskonzept eines Seniorentrainings

Literaturliste

Klein, T., Gruhler, J. & Rapp, I. (2017) Sportaktivität – Verbreitung und soziale Unterschiede. In Statistisches Bundesamt (Destatis) (Hrsg.), Wie die Zeit vergeht. Analysen zur Zeitverwendung in Deutschland.

Beiträge zur Ergebniskonferenz der Zeitverwendungserhebung 2012/2013 am 5./6. Oktober 2016 in Wiesbaden (S. 149 – 162). Wiesbaden.

Rütten, A. & Pfeifer, K. (Hrsg.). (2016). Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. Erlangen: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

www.dhfpg-bsa.de

Über die Autoren

Sabine Kind

studierte den „Master of Arts” Gesundheitsmanagement an der Deutschen  Hochschule  für Prävention und Gesundheitsmanagement DHfPG. Seit 2011 ist sie an der DHfPG und ihrem Schwesterunternehmen BSA-Akademie als Dozentin im Fachbereich Gesundheitswissenschaften tätig. Des Weiteren ist sie Autorin von Fachartikeln und gefragte Expertin zu Fitness- und Gesundheitsthemen.

Sarah Staut

arbeitet als pädagogische Mitarbeiterin  an der DHfPG sowie der BSA-Akademie im Bereich Gesundheitsförderung/Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Praktische Erfahrungen in BGM sammelte sie bereits in namhaften Unternehmen. Dort wirkte sie bei der Planung und Umsetzung betrieblicher Gesundheitsprogramme und der psychischen Gefährdungsbeurteilung mit.

Matthias Schömann-Finck, M.A., M.Sc.,

erreichte einen Magisterabschluss in Politikwissenschaft und Geschichte und schloss ein Master-Studium „Patient Management“ erfolgreich ab. Parallel zu einer Karriere im Leistungssport verantwortet der Doppelweltmeister im Rudern an der DHfPG die Studienmodule „Gesundheitssystem und Prävention“ und „Konzepte und Strategien der individuellen Gesundheitsförderung“.