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Gruppentraining im Videochat Kursangebote trotz Ausgangsbeschränkung

Krisenzeiten wie die aktuelle Corona-Pandemie und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen stellen auch für die Fitness- und Gesundheitsbranche eine enorme Herausforderung dar. Wie gelingt es in Zeiten, die von Angst und Unsicherheit geprägt sind, die Existenz zu sichern, die Kundenbindung aufrechtzuerhalten oder sogar neue Zielgruppen anzusprechen. Der Kursbereich stellt ein grosses Potenzial dar und bietet Möglichkeiten, auch durch Online-Kursangebote Centermitgliedern alternative Anreize zum Mitmachen zu geben.

Fitness-, Gesundheits- oder Freizeitanlagen sind Dienstleistungsunternehmen, die sich an den Vorgaben einer modernen Marktwirtschaft orientieren. Daher sollte auch der Kursbereich als wichtiges Profitcenter dementsprechend zum positiven Gesamtergebnis beitragen. Um auch in krisenbehafteten Zeiten als Fitness- und Gesundheitsanlage wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, gilt es, den Kursbereich in alternative und für die Kunden attraktive Formate zu übertragen. Insbesondere die Kommunikation, der Spass an der Musik und Bewegung und natürlich auch das Wissen um eine kompetente fachliche Betreuung durch den Trainer motivieren viele Kunden, den Kursbereich in Fitness-, Freizeit- und Gesundheitseinrichtungen zu nutzen.

Der folgende Beitrag soll einige Impulse liefern, wie ein Kursangebot auch online fortgeführt werden kann.

Kundenbindung durch Gruppentraining

Für die meisten Teilnehmenden von Gruppentrainingsangeboten steht Spass am Training mit anderen Menschen an erster Stelle. Insbesondere die feste Terminierung der Kurse auf bestimmte Tage zu bestimmten Uhrzeiten schafft für Kursteilnehmende eine positive Verbindlichkeit. Aber auch der Trainingsaufwand für ein Kursangebot ist durch die festgelegte Kurslänge (45, 60 oder auch 90 Minuten) für Teilnehmende überschaubar.

Beide Aspekte wirken für viele Kunden unterstützend dabei, ihr Training in den Alltag zu integrieren und so eine gewisse Kontinuität zu erreichen (Abele & Brehm, 1990, S. 16).

Ein Training in der Gruppe bei regulärem Kursbetrieb kann als Ergänzung zum individuellen Training aus folgenden Gründen als effektiv betrachtet werden (vgl. Abb. 1):

  • Die Übungsausführung erfolgt zusammen mit anderen Trainierenden, was automatisch einen Vergleich in Qualität und Quantität der Durchführung ergibt und bei Motivationsschwächen unterstützen kann (Gruppeneffekt)
  • Durch kontinuierliche Anleitung und Korrektur durch den Trainer wird eine effektive Übungsdurchführung sichergestellt und die Belastungsdosierung in einem reizwirksamen Bereich kontrolliert
  • Die individuelle (intrinsische) Motivation der Teilnehmenden wird durch eine äussere (extrinsische) Motivation beispielsweise durch die Animation des Gruppentrainers erhöht

Die mittel- und langfristige Bildung des Gruppenzugehörigkeitsgefühls, das vor allem durch den Aufbau sozialer Kontakte im Kurs gefördert wird, kann als stärkender Faktor für die Kundenbindung betrachtet werden.

Abb. 1: Eigenschaften des Gruppentrainings und ihre Auswirkungen (© BSA/DHfPG)

Neben der sozialen Interaktion in einem Kursangebot, die zu einer «Verwurzelung» der Teilnehmenden in ihrem ausgewählten Gruppentrainingsangebot führt, ist auch die direkte soziale Unterstützung durch einen Trainingspartner für eine langfristige Bindung besonders wirkungsvoll (Brehm & Eberhardt, 1995). Die Effekte, die sich durch die Teilnahme an einem Gruppentrainingsangebot ergeben, wirken sich positiv auf die Mitgliedschaft des Kunden in einer Fitness- bzw. Gesundheitseinrichtung aus. Die in Abbildung 1 beschriebenen Eigenschaften und Auswirkungen bieten Teilnehmenden einen «Anschub» für ein regelmässiges Training. Um die Bindung, die Zufriedenheit der Kunden sowie deren Trainingserfolg langfristig zu erhalten, sollte darüber hinaus auch eine systematische Trainingssteuerung angestrebt werden.

Gerade in Krisenzeiten muss die Schaffung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei den Kunden eines der wichtigsten langfristigen Ziele sein. Durch eine gut vorbereitete Krisenkommunikation lassen sich eben genannte Ziele auch nach überstandener Krise aufrechterhalten. Eine gute Krisenkommunikation zeichnet sich insbesondere durch Schnelligkeit im Sinne von Reaktionszeit des Unternehmens sowie durch Empathie aus, mit deren Hilfe den Betroffenen Ängste genommen und Lösungen aufgezeigt werden können. Ebenso spielen Kontinuität und Transparenz durch fortlaufende Informationen zum Krisenstatus eine grosse Rolle. Demzufolge ist eine klare, zeitnahe und verständliche Kommunikation die Basis für das weitere Vorgehen (Manger & Wache, 2011). Das Angebot von Gruppenkursen kann auch in Zeiten, die geprägt sind durch Kontaktbeschränkungen, fortgeführt werden, indem beispielweise andere Plattformen und Kommunikationskanäle genutzt werden.

Online-Kurse als Lösungsansatz

Die Umstellung auf Online-Angebote bietet Fitness- und Gesundheitsanlagen eine Chance, ihr Angebot in Krisenzeiten flexibel und angepasst an die jeweilige Klientel zu erweitern. Die Potenziale moderner Technologie sind vielfältig und können aktuell wertvolle Unterstützung liefern, da Informationen dank der mobilen Nutzung des Internets immer und überall zugänglich sind. Bedingt durch den nachhaltigen und offensichtlichen Trend, dass sich grosse Teile der Bevölkerung immer mehr für Fitness und Gesundheit interessieren und dabei zunehmend auf digitale Medien zurückgreifen (Andelfinger & Hänsich, 2016), liegt hier eine grosse Chance für Fitness- und Gesundheitsanlagen ihre Produktpalette und Dienstleistungen zu erweitern bzw. zu optimieren. Im Folgenden werden einige Denkanstösse gegeben, wie Fitness- und Gesundheitsanlagen ihr bestehendes Kursangebot online fortführen und damit die Kundenbindung auch in Krisenzeiten unterstützen können.

Alternative Möglichkeiten im Online-Format

Auch wenn Veränderungen, wie die aktuelle Corona-Pandemie deutlich zeigt, zunächst mit Angst und Unsicherheit verbunden sind, lassen sich daraus Alternativen entwickeln (vgl. Tab. 1), die nicht nur als Interimslösungen betrachtet werden können, sondern auch perspektivisch bei Kunden Vertrauen schaffen und diese weiterhin ans Unternehmen binden.

Kursverwaltungssoftware für Online-Kurse

Spezielle Kursverwaltungssoftwareprogramme, wie beispielsweise FitogramPro, bieten Fitnesscentern eine einfache Lösung für die Organisation und Verwaltung ihres Kursangebots. Mithilfe der Kursverwaltung mit individueller Terminansicht kann ein Angebot bereitgestellt werden, das es den Kunden ermöglicht, sich immer und überall in die aktuellen Kurse einzubuchen. Durch die verschiedenen kostenlos nutzbaren Features kann der Verwaltungs- und Organisationsaufwand auf ein Minimum reduziert und damit wiederum die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Je nach Softwareprogramm stehen u. a. folgende Features zur Nutzung zur Verfügung:

  • Mithilfe der Online-Buchung und des Kursmanagements kann der aktuelle Kurskalender in die Centerwebseite integriert werden, sodass die Kurse jederzeit von den Kunden online eingesehen, gebucht und bezahlt werden können. Weitere Vorteile bei diesem Feature sind der Self-Check-in für Kunden, eine Wartelistefunktion, die es ermöglicht, die Kunden bei Stornierungen automatisch durch eine Benachrichtigung nachrücken zu lassen sowie individuell gestaltbare Stornierungsregeln festzulegen
  • die Kunden- und Vertragsverwaltung verschafft einen Überblick über sämtliche Kundendaten und ermöglicht das Erstellen individueller Verträge
  • Zahlungsabwicklung und Buchhaltung werden durch eine entsprechende Software erleichtert
  • das Support-Center sowie die Möglichkeit des Live-Chats bieten bei Fragen und Problemen sofortige Unterstützung an. In diesem Kontext werden beispielsweise von FitogramPro kostenfrei Handbücher und Software zu unterschiedlichen Themenfeldern zur Verfügung gestellt
  • durch die Urban-Sports-Club-Verknüpfung erhalten Center eine Lösung, mit der das Kursmanagement optimiert werden kann, da sich auch Kunden, die bisher noch keine Centermitgliedschaft besitzen, mit der USC App in die Centerkurse einbuchen können

Tab. 1: Kundenbindung durch Kursangebote (DHfPG/BSA)

Social-Media-Plattformen

Social-Media-Plattformen wie Instagram oder Facebook bieten ebenfalls interessante Tools und Hilfsmittel, die für das Erstellen von Online-Kursformaten genutzt werden können. Das Einrichten eines kostenlosen Unternehmensprofils oder das Erstellen von zielgruppenspezifischen Inhalten sind nur einige Beispiele, die von Instagram Business angeboten werden.

Online-Portale und Suchmaschinen

Online-Portale im Bereich Fitness, Wellness und Gesundheit wie z. B. Fitness-Finder.net können in der aktuellen Situation ebenso in Betracht gezogen werden, wenn es um das Thema Kommunikation geht. Diese Plattformen bieten Centern i. d. R. mit zahlreichen Tools je nach Leistungspaket auch kostenfreie Unterstützung an.

Können von den Centerbetreibern selbst keine Online-Kursangebote zur Verfügung gestellt werden, können Centermitglieder auf Meta-Suchmaschinen verwiesen werden, die vor allem online-affine Fitness- und Sportbegeisterte ansprechen möchten.

Der User erhält hier schnell einen Überblick über Online-Angebote der Sport- und Fitnessbranche.

Die hier aufgezeigten Möglichkeiten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sollen Fitness- und Gesundheitsanlagen einen Denkanstoss geben, wie Kursangebote online umgesetzt werden können, um das Angebot auch in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten und somit auch zur Kundenbindung beizutragen.

Fazit

Nach den obigen Ausführungen wird deutlich, dass das Gruppentraining bzw. der Kursbereich ein wichtiges Profitcenter in Fitness- und Gesundheitsanlagen darstellt. Eine Angebots-erweiterung durch Online-Kursangebote kann in Krisenzeiten durchaus sinnvoll und angemessen sein. Um jedoch dem Anspruch einer optimalen Betreuungsqualität gerecht zu werden, bedarf es neben Gruppentraining im Online-Format auch zukünftig der persönlichen Betreuung, Anleitung und Korrektur durch fachlich kompetentes Personal in den klassischen Centerkursen. Gerade die direkte bzw. persönliche soziale und fachliche Unterstützung sowie die Motivation und das Feedback durch den Kurstrainer ist für eine langfristige Bindung der Kunden unabdingbar.

Literaturliste

  • Abele, A. & Brehm, W. (1990). Wer ist der typische Fitnesssportler? Ein Beitrag zur Analyse der Sportpartizipation im Erwachsenenalter. Spectrum der Sportwissenschaft (2), 4–32.
  • Andelfinger, V. P. & Hänisch, T. (Hrsg.) (2016). eHealth Wie Smartphones, Apps und Wearables die Gesundheitsversorgung verändern werden. Springer.
  • Brehm, W. & Eberhardt, J. (1995). Drop-out und Bindung im Fitness-Studio. Sportwissenschaft, 25 (2), 174–186.
  • Manger, M. & Wache, U. (2011): Krisenkommunikation in Social Media. In: Dörfer, L. & Schulz, T. (Hrsg.): Social Media in der Unternehmenskommunikation. Berlin, 2011.
© DHfPG/BSA

Barbara Nützel

Barbara Nützel, u. a. M. A. Prävention und Gesundheitsmanagement, ist Dozentin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie in den Fachbereichen Psychologie und Gruppentraining. Aktuell promoviert sie im Fachbereich Sportwissenschaften.

www.dhfpg-bsa.de