Können Einzelstudios zukünftig überleben?
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Was hat die „No Billag“-Initiative mit den Einzelstudios zu tun?

Teil 1 zum Thema: Können Einzelstudios zukünftig noch überleben?

Von Roger Gestach

Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRG) lebt von den Gebühreneinnahmen (Billag), die jeder Haushalt, der TV- und Radio-Geräte besitzt, bezahlen muss. Bald wird die Schweizer Bevölkerung über die „No Billag“-Initiative abstimmen. Bei einer Annahme der Initiative hat das öffentliche Schweizer Radio und Fernsehen ab 2019 keine Einnahmegebühren mehr und kann den Betrieb in der bisherigen Form nicht mehr weiterführen.

Nein, ich bin kein Befürworter von „No Billag“, da ich finde, dass sich die Schweiz, als eines der reichsten Länder der Welt, ein neutrales und öffentliches Radio und Fernsehen leisten kann und nicht alles zu 100% den Privaten überlassen sollte. Trotzdem gibt mir die Haltung der SRG sehr zu denken!

Seit 2014 weiss die SRG, dass es eine Unterschriftensammlung geben wird zur Abschaffung der Gebührenplicht. Im Jahr 2015 kamen dann die notwendigen 100‘000 Unterschriften zusammen. Spätestens zu jenem Zeitpunkt hätte man sich darüber Gedanken machen müssen, ob es nicht an der Zeit wäre, ein wenig „abzuspecken“ oder sich für die Zukunft zu rüsten. Es ist schliesslich eine Tatsache, dass sich sehr viele Haushalte an den jährlichen Billag-Gebühren von 451.10 Franken stören. Einerseits ist dieser Betrag für Familien und Personen mit kleinem Budget sehr hoch, andrerseits konsumieren viele jüngere Leute die Produkte des Schweizer Radio und Fernsehen gar nicht mehr. Wieso also für etwas bezahlen, was man nicht braucht!

Obwohl man seit 2014 von der „No Billag“-Initiative weiss, haben die Verantwortlichen der SRG nichts unternommen und weitergemacht wie bisher. Einen Gegenvorschlag (z.B. mit reduzierten Gebühren) zur Initiative gab es nicht. Die Chefs der SRG betonen nun im Abstimmungskampf immer wieder, dass es das Schweizer Fernsehen bei einer Annahme der Initiative nicht mehr geben werde. Ich persönlich hoffe, dass die Initiative nicht angenommen wird und die SRG nochmals mit einem blauen Auge davon kommt. Trotzdem ist das Verhalten der SRG-Spitze fast skandalös. Einfach weiter machen wie bisher, ohne zu beachten, wie sich die Zeiten verändert haben, das geht nicht! Hierzu kommt mir folgender Spruch in den Sinn: Man muss mit der Zeit gehen, sonst geht man mit der Zeit!

Was haben nun die SRG und die „No Billag“-Initiative mit der Fitnessbranche zu tun? In meiner Tätigkeit sehe ich hinter die Kulisse vieler Fitnesscenter und ich habe die Gelegenheit, mich mit den Chefs zu unterhalten. Nebst meiner Haupttätigkeit als Herausgeber dieses Magazins, berate ich zudem noch Fitnesscenter. Ich stelle dabei fest:

Einige Einzelstudios leben in den Tag hinein! Man macht das, was man immer schon gemacht hat.

Dabei kann man heute schon mit einer 100% Garantie für die Schweizer Fitnessbranche Folgendes sagen: In allen Regionen mit einem mittelgrossen Einzugsgebiet (ca. ab 30‘000 Personen) wird sich in den nächsten Jahren der Konkurrenzkampf massiv verschärfen! Die grossen Ketten werden an diesen Standorten vertreten sein. Von den neuen Konkurrenten, die kommen werden, wird ein grosser Anteil im Discountbereich sein. Zwar wird sich die Anzahl Trainierender in den nächsten Jahren weiter erhöhen, doch nicht in dem Tempo, wie neue Center aufgehen. Das heisst, es gibt ein Überangebot, was einen erneuten Druck auf die Preise und eine verschärfte Konkurrenzsituation ergeben wird. Von den heutigen Einzelstudios können nur die Besten überleben!

Ich bin überzeugt, dass diese Aussagen auch für unsere Nachbarländer zutreffen werden. Wenn man die obigen Aussagen heute schon weiss, gibt es zwei Varianten wie man vorgehen kann:

Man lebt weiterhin in den Tag hinein und hofft, dass alle Prophezeiungen dann doch nicht so schlimm eintreffen werden (wie die SRG hofft, dass die Initiative abgelehnt wird).

Oder man kann sich darauf vorbereiten und die Weichen für die Zukunft jetzt richtig stellen.

Ein Beispiel für die erste Variante ist mir vor kurzem passiert. Ich wurde letzthin für eine Erstberatung in ein Fitnesscenter gerufen. Das Studio kannte ich von früher, war jetzt aber neun Jahre nicht mehr dort. Mit Schrecken musste ich feststellen, dass in den letzten neun Jahren in diesem Fitnesscenter praktisch nichts verändert wurde (ausser das alle Trends mitgemacht werden). Die Abläufe, die Infrastruktur, alles ist immer noch, so wie es immer war. Dies wäre nicht weiter schlimm, wenn es bewusst so gewollt und das Center wirtschaftlich erfolgreich wäre. Aber das Center verliert seit Jahren konstant Mitglieder. Zum Glück haben die Inhaber in den guten Jahren der Fitnessbranche so viel Geld verdient, dass sie privat noch etwas auf der „hohen Kante“ haben. Mittlerweile ist es aber so, dass die Inhaber monatlich Geld aus ihrem privaten Vermögen in das Center einschiessen müssen, um die Verluste zu decken.

Schon nach kurzer Zeit im Center stellte ich fest, dass man hier im Handumdrehen Dinge ändern könnte, die sich positiv auf die Rendite auswirken würden. Im mehrstündigen Gespräch mit den Inhabern musste ich leider feststellen, dass die Inhaber nicht bereit sind, grössere Veränderungen vorzunehmen. Mehrfach fiel der Satz: “Dies haben wir schon immer so gemacht.“

Schlimm an diesem Fitnesscenter ist aber, dass eine klare Positionierung fehlt. Man steht für alles, was in der Fitnessbranche angeboten wird. Man bietet auch praktisch alles an! Jeder Trend, der kommt, wird mitgemacht und man will auch alle Zielgruppen ansprechen. Von jung bis alt, vom Bodybuilder zum Groupfitness, bis hin zum Gesundheitstraining.

Noch viel schlimmer ist aber, dass die Inhaber selber sich an der Kundenfront praktisch nie mehr blicken lassen. Klar, wenn jemand mehrere Center hat, geht dies teilweise nicht. Doch diese Unternehmer haben nur dieses eine Center. Und bei einem Center sollten doch die Inhaber einen grossen Teil ihrer Arbeitszeit aktiv an der Kundenfront verbringen. Der grösste Vorteil eines Einzelunternehmers gegenüber der Kette ist immer noch der, dass die Inhaber selber an der Kundenfront sind. Im Gespräch mit den Inhabern hat man dann auch gespürt, dass die Freude am Center und auch die Freude an der Branche abhanden kam. Man sieht das Fitnesscenter nur noch als Geldquelle und Arbeitsplatz. Herzblut und Freude am Job fehlen gänzlich!

Ich habe dann nach diesem Erstgespräch den Inhabern klar gemacht, dass ich für sie der falsche Berater für die Zukunft sei und ich weitere Beratungen nicht machen würde, auch wenn ich somit auf ein gutes Honorar verzichten müsse. Nur jemanden zu beraten, der danach sicher nichts davon umsetzt, ist nicht in meinem Sinne. Das Wort „Beratung“ kommt schliesslich von Be (bekommen) und Rat. Aber wenn eine Person beratungsresistent ist, dann braucht sie auch keine Beratung.

Liebe Einzelstudiobesitzer, Sie haben die grossen Discounter und Ketten noch nicht in Ihrer Region? Das freut mich für Sie. Stellen Sie aber jetzt die Weichen für die Zukunft! Die Konkurrenz wird kommen und zwar massiv! Mein Freund und früherer langjähriger Geschäftspartner Jörg Behrendt sagt immer: „Nicht reagieren muss man, sondern aktiv agieren!“. Überlegen Sie sich also folgende Fragen und Ratschläge:

Was sind Ihre Stärken, wo sind Sie der Experte?

Was macht Ihr Studio einzigartig?

Was sind Ihre Kernkompetenzen?

Welche Zielgruppe wollen Sie zukünftig ansprechen? Wie ist Ihre Positionierung? Alle Personen ansprechen zu wollen, ist keine Strategie für die Zukunft!

Positionieren Sie sich anders als die grossen Ketten (z.B. Richtung Gesundheit).

Haben Sie den Mut, Angebote, die nicht zu Ihren Kernkompetenzen gehören, rauszuwerfen.

Sagen Sie „Nein“ zu allem, was nicht mehr zu Ihnen passt.

Verringern Sie Ihr Angebot! Behalten Sie nur das im Angebot, worin Sie Experte sind.

Trennen Sie sich von Mitarbeitern und Produkten, die nicht mehr zu Ihrer Philosophie passen.

Seien sich innovativ! Es gibt heute technische Lösungen, mit denen sie Ihre Beratungskompetenz erhöhen können und das mit weniger Personalaufwand.

Wenn Sie „nur“ ein Center haben, stehen Sie als Inhaber möglichst viel persönlich an der Kundenfront und beeindrucken Sie Ihre Mitglieder mit einer hervorragenden Dienstleistung.

Behalten Sie Ihre Kosten im Griff.

Ist Ihre Rendite unbefriedigend? Ihre Personalkosten hoch? Falls 2x Ja, dann sollten Sie über Ihre Abläufe, Ihre Systeme und Ihre Effizienz nachdenken.

Haben Sie noch eine grosse Leidenschaft für Ihren Beruf? Wenn ja, weiter so, seien Sie mit Herzblut dabei! Wenn nicht, verkaufen Sie Ihren Betrieb schnellst möglichst, bevor es zu spät ist.

Leben Sie nach KAIZEN! Das heisst: Fragen Sie sich täglich, wo Sie sich heute verbessern können.

In der nächsten Ausgabe reden wir über Erfolgsprinzipien.

Bis bald. Ihr Roger Gestach