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Interview Mäge Frei – Mister „Berufsprüfung“

Markus „Mäge“ Frei ist bereits ein Urgestein der Schweizer Fitnessbranche. Er ist seit 1987 ausgebildeter Turn- und Sportlehrer ETH und Fitnessinstruktor mit eidg. Fachausweis seit 1997. 1984 hat er erstmals als Fitnesstrainer gearbeitet. Seither hatte er sehr viele Funktionen in der Fitnessbranche inne. Er besass unter anderem auch ein eigenes Studio in Winterthur, war Qualitop-Experte und dann Centerleiter eines Fitnessparks, zuletzt dann Cheftrainer im bekannten David Gym Zürich. Während 20 Jahren bildete er als Ausbildungsleiter bei BSA, SAFS und ETH unzählige FitnessinstruktorInnen aus. Seit 2006 arbeitet er bei der Flughafenpolizei Zürich teilzeitbeschäftigt und seit 2015 vollamtlich in der Passagierkontrolle. Nebenamtlich ist er aber der Fitnessbranche immer treu geblieben. Seit 1998 ist er als Prüfungsexperte für die Eidgenössischen Berufsprüfungen engagiert und seit 15 Jahren leitet er die Berufsprüfung (mit kurzem Unterbruch) „FitnessinstruktorIn mit eidg. Fachausweis“.

Von unserem Magazin wurde Mäge Frei 2009 mit dem FITNESS TRIBUNE Award geehrt. Roger Gestach sprach mit Mäge Frei über die Berufsprüfung, die Branche, aber auch über Privates.

RG: Mäge, seit 1984 bist Du mit der Fitnessbranche verbunden. Wie bist Du damals in die Branche gekommen.

MF: Tja Roger, mein Traum war es, mit Hanteln und Geräten zu trainieren, um Muskeln aufzubauen, was mich immer faszinierte. Als Gymnasiast und dann Student waren die finanziellen Möglichkeiten aber limitiert und ein Abo in einem Fitnesscenter war für mich kaum erschwinglich. So interessierte ich mich dafür, in einer Fitnessunternehmung als Aushilfstrainer zu arbeiten und somit ein Abo kostenlos zu erhalten. Es gelang mir, in den beiden John Valentine Clubs Winterthur und Zürich (damals nannte man die Fitnesscenter noch Clubs) eine Anstellung zu bekommen und konnte somit meinem Hobby frönen. Mein erster Stundenlohn betrug zu der Zeit übrigens 12.60 Franken, nur am Rande erwähnt (lacht). Wenn es eine Aerobic-Stunde zu unterrichten gab (damals hiess das noch Gruppenturnen), war der Lohn derselbe. Immerhin erhielt ich mit dem Turnlehrerdiplom I ein Jahr später dann eine Lohnerhöhung auf 14.90 Franken die Stunde. Der Rest ist Geschichte.

RG: Du hattest fünf Jahre ein eigenes Fitnesscenter in Winterthur, welches Du dann aber bereits 1994 verkauft hast. Weshalb hast Du bereits so früh Dein eigenes Center verkauft?

MF: 1989 kam der Wunsch auf, ein eigenes Studio zu betreiben. Mit einem heute kaum vorstellbaren Kredit bei einer Bank kaufte ich mir ein kleines Gym, in welchem ich in meiner Freizeit, neben meiner Tätigkeit in einem benachbarten Fitnesscenter, ungestört meinem Hobby nachgehen konnte. Als sich die Gelegenheit dann ergab, übernahm ich das Gym dann am 1. Dezember 1989. Mir war von Anfang an klar, dass damit nicht das grosse Geld zu verdienen war. Der Plan war, mein eigenes Ding zu machen und nach fünf Jahren wieder zu verkaufen. Finanzielle Aspekte standen nie im Vordergrund. Es war die Liebe zum Krafttraining. Auf den Tag genau, am 1. Dezember 1994, durfte ich das Gym meinem Nachfolger übergeben. Noch heute treffen sich ehemalige Mitglieder von mir einmal im Jahr zu einem Essen und zum Schwelgen in den guten alten Zeiten.

RG: Seit 2003 arbeitest Du nicht mehr vollamtlich in der Fitnessbranche. 2006 hast Du Deine berufliche Tätigkeit zur Passagierkontrolle bei Flughafenpolizei verlagert. Inzwischen hast Du dort mit Deinen fünf BereichsleiterkollegInnen die Verantwortung für den reibungslosen Betrieb der Sicherheitskontrolle, teilst mit Deinen anderen Bereichsleitern die direkte Führung von über 30 Sektorchefs und die indirekte Führung von etwa 800 Mitarbeitern. Wie bist Du zur Flughafenpolizei gekommen und hat es Dich seither nicht mehr gereizt, vollamtlich in die Fitnessbranche zurück zu kehren?

MF: Zur Flughafenpolizei kam ich eigentlich mehr durch Zufall. Manchmal gibt es im Leben einschneidende Erlebnisse, die einen zu einer Neuorientierung bewegen. Ich wusste von einer guten Freundin, dass sie bereits schon seit Jahren dort arbeitete und lud sie im Herbst 2005 zu einem Kaffee ein. Ich bat sie, mir etwas über ihre Tätigkeit am Flughafen zu erzählen und bewarb mich darauf dort für die Stelle eines Sicherheitsbeauftragten der Flughafenpolizei. Im März 2006 konnte ich dann die verantwortungsvolle Ausbildung absolvieren. Und ich fühle mich im spannenden, vielseitigen Umfeld des Flughafens noch immer wohl. Einen Beitrag zum sicheren Funktionieren des zivilen Flugverkehrs zu leisten, erfüllt mich auch nach zwölf Jahren mit grosser Genugtuung.

Deine zweite Frage, ob es mich nicht mehr reizt, vollamtlich in die Fitnessbranche zurück zu kehren, kann ich pragmatisch beantworten: Man soll nie „nie“ sagen. Im Moment sehe ich meine Zukunft bei der Passagierkontrolle bei der Flughafenpolizei. Wenn alles läuft, wie es soll, dann sprechen wir noch von zehn Jahren Erwerbstätigkeit. Der gesamte Flughafen ist ein äusserst dynamischer Apparat, beinahe hätte ich gesagt „Organismus“, und damit auch die Sicherheitskontrolle. Viele Veränderungen und Herausforderungen stehen an. Ich sehe meine Interessen eher dort und bin motiviert, meine Energie bis zur Pension dort einzusetzen. Selbstverständlich bleibe ich der Fitnessbranche in irgendeiner Form treu, aber eine Rückkehr scheint mir eher unwahrscheinlich. Alles hat seine Zeit.

RG: Bei den Eidgenössischen Berufsprüfungen bist Du seit 1998 engagiert und mit einem kurzen Unterbruch bist Du seit 2003 der Leiter der Berufsprüfungen. Wie bist Du dazu gekommen?

MF: Als Absolventen der allerersten Prüfung im Dezember 1996 mit einem entsprechend hohen Notendurchschnitt waren wohl einige von uns interessante PrüfungsexpertInnen für die damalige Gründerin und Leiterin der Berufsprüfung Gabriela Ghenzi. Wir wurden von ihr zu Prüfungsexperten ausgebildet und stellten uns fortan als Experten zur Verfügung. Im Zuge der damaligen Neustrukturierung des SFGV fragte man mich an, ob ich die Leitung der Berufsprüfung übernehmen wollte. Seit 2003 bin ich mit einem Unterbruch von drei Jahren nun der Leiter der Berufsprüfung des SFGV.

RG: Wenn Du die Prüflinge damals und die Prüflinge von heute vergleichst, was fällt Dir auf, was hat sich seither wesentlich verändert?

MF: Das ist eine schwierige Frage, deren Antwort ich Dir nur aus dem Bauch heraus geben kann. In den frühen Jahren der Berufsprüfung kamen meines Erachtens die AbsolventInnen vor allem über das Interesse an der Anatomie, Physiologie und vor allem der Trainingslehre zur Tätigkeit des Fitnessinstruktors und damit zur Berufsprüfung. Zu meinem Bedauern sehen die Noten in diesen Kernkompetenzen heute bei vielen AbsolventInnen sehr bescheiden aus. Selbstverständlich schliessen aber jedes Jahr auch in diesen Fächern KandidatInnen mit sehr erfreulichen Leistungen ab. Nun kann man sich fragen, woran das liegen mag. Zieht die Branche die falschen KandidatInnen an, sind die Löhne zu tief, werden günstige Arbeitskräfte eingestellt, die den Anforderungen nur bedingt genügen? Wird der Tätigkeit des Fitnessinstruktors zu wenig Ernsthaftigkeit geschenkt oder wird sie schlicht unterschätzt? Es handelt sich beim FA eben um eine höhere Berufsqualifikation und nicht um den Abschluss irgendeines Kurses. Wenn die Branche die Anerkennung erhalten möchte, die sie meiner Meinung nach unbedingt verdient hat, dann müssen wir dort wieder etwas mehr Gas geben. Das Verständnis der Trainingslehre, sowie das Erkennen der Zusammenhänge von Anatomie und Physiologie im Hinblick auf unser wertvollstes Gut, die Gesundheit und den Trainingserfolg unserer Mitglieder, müssen wieder mehr ins Zentrum gerückt werden.

RG: Als die Lehre eingeführt wurde, gab und gibt es teils immer noch Bedenken, dass einerseits ein 16-Jähriger zu jung ist, um auf der Trainingsfläche arbeiten zu können und anderseits, dass die Lehrlinge in erster Linie als günstige Arbeitskräfte ausgenutzt würden. Durch die Lehre musste auch das Niveau des Fachausweises angehoben werden. Wie siehst Du dies, bist Du ein Befürworter der Lehre?

MF: Ich war ebenfalls skeptisch, was das jugendliche Alter der Fachmänner/-frauen für Bewegungs- und Gesundheitsförderung angeht. Ein Fitnessunternehmen, welches nur über junge InstruktorInnen verfügt, würde ich auch nicht als optimal ansehen. Selbstverständlich kommt es dabei aber auch immer auf die Ausrichtung des Centers an. Für eine Anlage und deren Angebot, das sich auch an ältere Mitglieder richtet, ist es bestimmt sinnvoll, ein gemischtes Instruktorenteam anzubieten. Junge Berufsleute, das gilt aber für jeden Beruf, müssen einfach auch gut begleitet und weiterentwickelt werden, auch was ihre Sozialkompetenz angeht. Wer glaubt, dass er mit der abgeschlossenen Berufslehre bereits ein Spezialist in seinem Bereich ist, liegt in jedem Beruf falsch. Ausgebildet ist man ja bekanntlich nie, angebildet eher (lacht).

Der Abschluss auf Fachausweis-Niveau wurde moderat angehoben und eine Verlagerung auf das Vernetzen und Anwenden des Gelernten wurde in den Vordergrund gerückt seit die Berufslehre eingeführt wurde. Kompetenzbasiertes Prüfen steht seither noch mehr im Vordergrund ähnlich wie es auch beim EFZ zur Anwendung kommt. Modernes erwachsenen- und berufskompetenzgerechtes Prüfen stellt sicher, dass die Berufsleute ihr Wissen nicht einfach auswendig präsentieren, sondern zeigen müssen, dass sie verstanden haben, worum es in ihrem Beruf geht. Die Wissensprüfung findet schwerpunktmässig vorgängig statt in Form von Prüfungen in den Berufsschulen auf EFZ-Niveau oder den InstruktorInnen-Diplomen auf dem Weg zum FA-Abschluss.

Dass sich der Job des einstigen Fitnessinstruktors zum Beruf des „Fachmann/Fachfrau für Bewegungs- und Gesundheitsförderung“ gemausert hat, ist der Verdienst des SFGV und stellt damit sicher, dass unser Beruf fest im Bildungssystem der Schweiz verankert werden konnte. Ich erinnere mich dabei gerne an den Spruch eines meiner ehemaligen Chefs in den 80er Jahren: „Bei einem Besuch eines Coiffeur-Salons erwartet man schliesslich auch, dass man von jemandem bedient wird, der eine dreijährige Lehre absolviert hat und dabei geht es „nur“ um die Frisur. Nur im Fitnesscenter, wo es um die Gesundheit des Menschen geht, lässt man sich instruieren von jemandem, der eine einwöchige Ausbildung absolviert hat.“ Es mag etwas überspitzt klingen, trifft es aber im Ansatz richtig. Insofern ist eine Lehre in unserer Branche ein wichtiger „Milestone“ auf dem Weg zu der Anerkennung, die unser „Produkt“ verdient hat.

RG: Der alte Fachausweis sollte eigentlich diesen Sommer zum letzten Mal stattfinden. Ich habe aber gehört, dass Ihr zu viele Anmeldungen habt und deshalb den alten Fachausweis im Herbst/Winter nochmals durchführen müsst. Stimmt das?

MF: Das ist richtig. Es haben sich weit über 100 AbsolventInnen angemeldet. Zum ersten Mal in der Geschichte des FA müssen wir deshalb einige KandidatInnen „verärgern“ und auf den November/Dezember 2018 vertrösten. Die Klausel, durch die man auf der Anmeldung mit der Unterschrift als „anerkannt“ bezeugt, dass die Teilnehmerzahl beschränkt ist und die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge (Poststempel) berücksichtigt werden, musste noch nie angewendet werden. Dies ist eine Premiere, aber wir sind schlicht nicht in der Lage eine qualitativ seriöse Berufsprüfung mit mehr als ca. 90 Teilnehmern in den geplanten vier Tagen zu organisieren. Dabei spielen die Verfügbarkeit von PrüfungsexpertInnen, Räumlichkeiten, Zeit für die Korrekturen und die Verfügbarkeit des Fitnesscenters für die Absolvierung der praktischen Prüfung eine Rolle.

RG: Ist der alte Fachausweis so viel einfacher oder wieso wollen plötzlich alle noch die alte Prüfung machen? Was sind die grossen Unterschiede zwischen dem alten und neuen Fachausweis?

MF: Meine Vermutung geht in eine andere Richtung. Einerseits kennt man die Anforderungen an den „alten FA“. Man kann sich über Vorbereitungskurse dafür fit machen und hat von Vorgängern gehört, wie das Ganze abläuft. Über die neue Abschlussprüfung des FA ist noch nichts bekannt. Das verunsichert und veranlasst noch schnell „ins Ziel zu fallen“.

RG: Beim alten Modell konnte auch eine Person ohne Berufsabschluss den Fachausweis erlangen. Sie musste nur vier statt zwei Jahre Praxisjahre vorweisen. Diese Leute können heute den Fachausweis nicht mehr machen und wer bereits 30 Jahre alt ist, will auch keine Lehre mehr nachholen. Dies ist doch ein riesen grosser Nachteil für die Branche, oder?

MF: Der Nachteil liegt in erster Linie bei Leuten, die keine solide Erstausbildung abgeschlossen haben. Wer über eine solide Erstausbildung verfügt, hat bewiesen, dass er sich längere Zeit mit einer beruflichen Thematik und Allgemeinbildung auseinandergesetzt und diese erfolgreich an einer anerkannten Prüfung abgeschlossen hat. Ich sehe es daher als qualitativen Vorteil, dass nur jemand, der einen anerkannten Erstabschluss geschafft hat, einen Fachausweis erlangen kann. Es wird häufig ausser Acht gelassen, dass der Fachausweis die Qualifikation über der Erstausbildung (EFZ) darstellt. Bis anhin gab es in unserer Branche diese Erstausbildung nicht und der FA-Abschluss war die einzige staatliche Qualifikation, daher auch die Möglichkeit, mit der doppelten Berufspraxis dorthin zu gelangen. Die Mehrheit der Fitnessfachleute arbeitet im Moment übrigens immer noch ohne staatlichen Abschluss. Es kann also immer noch jeder im Fitnesscenter arbeiten, der das möchte. Es bestehen auch in Zukunft für Mitarbeiter ohne staatlichen Abschluss genügend fachspezifische, qualitativ hochstehende Ausbildungsangebote der privaten Schulungsanbieter.

In der Zukunft wird das aber immer schwieriger werden, sich ohne anerkannten Abschluss zu behaupten. Die Arbeitskräfte werden durch diesen Umstand immer professionalisierter werden, was definitiv nicht als Nachteil für die Branche angesehen werden kann. Zumal wir auch in medizinischen Kreisen ernst und als kompetente Partner wahrgenommen werden möchten.

RG: Die Berufe heissen heute: Fachmann (Lehre) und Spezialist (Fachausweis) Bewegungs- und Gesundheitsförderung. Das Wort Fitness kommt nur noch in der Fachrichtung vor, aber nicht mehr in der Berufsbezeichnung. Ich persönlich empfinde es als grossen Nachteil, dass das Wort Fitness in der Berufsbezeichnung nicht mehr vorkommt. Ich habe diesbezüglich an der Mitgliederversammlung des SFGV vor ein paar Jahren den Vorstand aufgefordert, „Fitness“ in unseren Berufen wieder zu verankern. Leider wurde dies aber nicht umgesetzt. Wie siehst Du dies?

MF: Das ist bestimmt ein diskussionswürdiger Aspekt. Im Hinblick auf eine breitere Anerkennung und Professionalisierung ist der Begriff „Fitness“ allenfalls suboptimal. Lass es mich so erklären: Der Begriff „Fitness“ hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten für sehr viel herhalten müssen. Die Assoziation mit dem Begriff „Fitness“ fängt bei Bodybuilding an, geht über allerlei „Schund“-Angebote und hört bei Zumba auf. Du verstehst, was ich damit sagen will, ohne despektierlich wirken zu wollen? Wenn unsere Branche die angestrebte und verdiente Anerkennung erlangen möchte, dann ist eine Kursänderung nötig und dass dabei auch eine Berufsbezeichnung gewählt wird, die einen etwas anderen Klang hat, ist nachvollziehbar und legitim. Somit muss das für Dich ein kleiner Trost bleiben, dass die Bezeichnung „Fitness“, wie Du das bereits erwähnt hast, im Namen der Fachausrichtung erhalten bleibt: „Fitness- und Gesundheitstraining“.

Nicht zuletzt steht „Fitness“ ja auch immer noch in unserem Verbandsnamen: Schweizerischer Fitness- und Gesundheitscenter Verband (lacht).

RG: Jetzt kommt die Diplom-Ausbildung. Wie weit seid Ihr hier? Wann findet die erste Diplom-Ausbildung statt? Was muss ein Absolvent der Diplomprüfung mehr können als ein Absolvent des Fachausweises?

MF: Da muss ich Dich etwas berichtigen. Es handelt sich dabei nicht um eine Ausbildung. Es handelt sich dabei um den staatlich anerkannten Abschluss, die Qualifikation. Der Verband ist grundsätzlich keine Ausbildungsinstitution, sondern der Anbieter und Organisator von staatlich anerkannten Abschlüssen. Die Ausbildungen werden von Berufsschulen und privaten Schulungsanbietern angeboten. Der Verband stellt dabei sicher, dass die Ausbildungsinhalte den Zielsetzungen des Verbandes entsprechen.

Der Diplom-Abschluss wird in erster Linie den Fachausweis oder gleichwertige Abschlüsse voraussetzen und noch mehr Berufspraxis zur Zulassung erfordern. Er stellt dann den höchsten, in unserer Branche erwerbbaren Abschluss dar. Der Inhaber des Diploms ist qualifiziert für Mitarbeiterführung, Centerleitung, medizinische Fitnessangebote und rückt somit näher auf zu anderen medizinischen Fachkräften, um Mitglieder mit ihren zahlreichen, medizinisch herausfordernden Rahmenbedingungen noch besser zu beraten und zu betreuen.

Die erste Diplom-Prüfung wird voraussichtlich nicht vor 2020 über die Bühne gehen.

RG: Der Beruf des Fitnesstrainers wird sich durch die Digitalisierung wandeln. Die jüngeren Leute holen sich immer mehr Trainingstipps und Programme aus dem Internet. Braucht es auch zukünftig noch Fitnesstrainer, wenn wir doch Trainingspläne online bekommen?

MF: Da sehe ich eher ein grosses Potenzial. Natürlich ist das Internet eine Quelle für alles und somit auch für Fitnessinhalte. Die Entwicklung der Anzahl Trainierender in den Fitnesscentern, vor allem derer in höherem Alter spricht eine andere Sprache und die Investitionsfreudigkeit in neue Fitnessanlagen ebenfalls. Die Angebote im Internet sehe ich dabei eher als Türöffner. Viele, die dort ihre ersten Erfahrungen sammeln, werden später Kunden in einem Center. Der persönliche Support, den ich in einem Center erhalte, ist eben nicht zu überbieten. Gerade Motivation, individualisierte Betreuung, Kontakt zu Mittrainierenden und professionelle Beratung wird noch lange ein Trumpf gegenüber Internetangeboten bleiben. Ausserdem macht die Digitalisierung bei Angeboten im Fitnesscenter ja auch keinen Halt, wie wir wissen und beobachten können.

RG: Zu deiner Zeit als Studiobesitzer waren die Ketten noch nicht stark verbreitet und es gab noch keine Discounter. Wie siehst du die Branche in 10 Jahren, können Einzelstudios überhaupt noch überleben?

MF: Es ist wohl bei uns wie in jeder Branche ähnlich. Ketten und Discounter gibt es mittlerweile fast überall und überall bieten sich innerhalb diesen schwierigen Bedingungen auch Chancen. Zum Beispiel wenn ich die Mitgliederbetreuung beobachte, dann liegt da immer noch ganz viel Potenzial drin. Lass mich vielleicht kurz den Begriff „Betreuung“ erklären, was ich darunter verstehe, dann lässt sich das einfacher nachvollziehen. Vorab muss ich erwähnen, dass es Leute gibt, die meinen, dass eine gute Betreuung in erster Linie vom Grad der Ausbildung abhängt. Diese Meinung kann ich nicht teilen und meine Erfahrungen und Beobachtungen sind auch anders. Ich komme später nochmals auf diesen Aspekt zurück.

Die auf allen Beschrieben und Prospekten von Fitnesscentern hoch gelobte Betreuung muss differenziert betrachtet werden. Man muss meines Erachtens unterscheiden zwischen passiver, reaktiver und aktiver Betreuung (immer bezogen aufs eigene  Engagement eines Fitnessinstruktors).

Passive Betreuung: Ein (potenzieller) Kunde nimmt seinen vereinbarten Termin wahr und wird normalerweise 1 bis 1½ h Stunden betreut. Der Fitnessinstruktor berät und betreut diesen vorgegebenen Termin während seiner Schicht. Der Ablauf ist mehr oder weniger centerspezifisch strukturiert und der Fitnessinstruktor liefert in aller Regel eine meistens sehr kompetente Arbeit ab.

Reaktive Betreuung: Ein (potenzieller) Kunde wendet sich mit einer Frage an einen Fitnessinstruktoren und erhält in aller Regel sofort eine meistens sehr kompetente Antwort und Unterstützung.

Aktive Betreuung: Der Fitnessinstruktor beobachtet die Trainierenden und erkennt eine suboptimale Ausführung. Er reagiert von sich aus mit einer Kontaktaufnahme und stellt mit dem kompetenten Einsatz seines Wissens und seiner Erfahrung sicher, dass der Kunde mit der Übung das erreicht, was er soll oder will.

In der ersten und zweiten beschriebenen Situation „funktionieren“ die FitnessinstruktorInnen in aller Regel überall kompetent, freundlich und professionell. Dabei bestehen nur geringe Unterschiede. Ob es sich dabei um eine grosse Kette, einen Discounter oder einen Einzelanbieter handelt, spielt keine entscheidende Rolle.

Bei der aktiven Betreuung hingegen kann ich das nicht wirklich so genau beurteilen, denn sie findet leider nirgendwo wirklich statt, weder bei den grossen Ketten, noch beim Discounter, noch beim Einzelanbieter. Und das hat mit der Ausbildung nichts zu tun. Das hat in erster Linie etwas mit der Führung des Teams oder des Centers zu tun. Was ich in der Vergangenheit in dem Zusammenhang oft gehört habe ist, dass die Kunden es nicht mögen, angesprochen und korrigiert zu werden. Meine Erfahrung bewies mir aber genau das Gegenteil, 8 von 10 Kunden bedankten sich für diese Aufmerksamkeit. Ich weiss nicht genau, woran das liegt und wie das zu ändern ist. Wenn du mich aber danach fragst, wie sich Einzelanbieter profilieren und gegen Ketten und Discounter wappnen können, dann schlage ich vor: Macht genau das, von dem die meisten Anbieter sprechen, aber nicht wirklich halten. Macht das, was die meisten Kunden auch erwarten und gutes Geld dafür zahlen. Macht das was Kundenbindung und dadurch Mund-zu-Mund-Werbung fördert: Sorgt dafür, dass aktiv betreut wird! Verlasst euch nicht allein auf Ausbildungsqualifikationen, denn die Kunden können das nicht beurteilen, aber voraussetzen sollen sie es dürfen! Der gut ausgebildete Fitnessinstruktor gehört auf die Trainingsfläche und nicht während 80% seiner Arbeitszeit hinter die Theke, dafür ist er zu wertvoll.

Man kann in der Kürze natürlich nicht alle Aspekte beleuchten, aber dieser eine liegt mir sehr am Herzen, denn daran werden wir gemessen und hier liegt echt viel Potenzial drin.

RG: Nun zu Mäge privat: Du bist ein sehr guter Klippenspringer. Wie lange machst du dieses Hobby schon und erzähle uns doch ein wenig darüber.

MF: Klippenspringen ist ein etwas extravagantes Hobby, welches ich bereits seit 1988 betreibe. Ich war in meiner aktiven Zeit höchstens ein mittelmässiger Springer (6. Platz an einer WM in den 90er Jahren) und springe heute nur noch einen Wettkampf pro Jahr aus Freude an der Sache. Da ich praktisch nicht trainiere, springe ich relativ einfache Sprünge und erfreue mich am ganzen Drumherum. Auch bin ich mit der Sprunghöhe für Damen, die bei 20 Metern liegt absolut zufrieden. Der höchste Wettkampf, den ich bestritt war 29 Meter und der Impact beim Eintauchen auch entsprechend heftig. Das brauche ich heute nicht mehr. Das Feeling, welches dich als Klippenspringer immer wieder aufs Neue erfasst, erhältst du auch bei 20 Metern in Ponte Brolla oder bei 22 Metern in Cevio in die Maggia. Ich versuche mich fit zu halten und rufe die Sprünge ab, die seit 30 Jahren gespeichert sind und bin zufrieden, den Wettkampf ohne Verletzung zu überstehen. Ein sehr günstiger Sport übrigens, du brauchst nichts anderes als eine Badehose (lacht). Während all der Jahre haben sich viele Freundschaften entwickelt, die unter Klippenspringern wohl ganz speziell sind. Eine grosse Familie, die ich jedes Jahr immer wieder gerne im Tessin treffe.

RG: Du hast als alleinerziehender Vater deine Tochter fast alleine gross gezogen, hast immer 100% gearbeitet, neben bei noch die Berufsprüfungen gemanagt, springst über Klippen und bist selber noch top fit. Hat der Tag bei Mäge 24 Stunden oder wie kriegst du dies alles unter einen Hut?

MF: Natürlich bist du zum Glück nie ganz alleinerziehend. Da sind Betreuungsangebote, die man nutzen kann und Schwiegereltern, Eltern und gute Freunde, die einem dabei unterstützen. Auch die Mama hat einen Teil zum Ganzen beigetragen. Rückblickend weiss ich manchmal auch nicht ganz genau, wie das alles funktioniert hat, aber irgendwie geht es ja immer. Auf jeden Fall sehe ich es als grosses Privileg an, dass alles so funktioniert hat. Das regelmässige Training 4x pro Woche hat da bestimmt auch einen grossen Teil dazu beigetragen.

RG: Danke Mäge für dieses Interview.