Gesundheits- und Fitnesscenter – Der Kunde im Mittelpunkt
5. Juni 2020
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Krisen sind immer auch Chancen

Corona oder COVID-19, viele mögen das gar nicht mehr hören. Was wurde in den letzten Wochen und Monaten darüber geschrieben und gesprochen. Von Krise und Liquiditätsengpässen, von Umsatzeinbussen bis zur Insolvenz – alles war dabei. Aber liebe Unternehmerinnen und Unternehmer, selten bis gar nie habe ich Stimmen gehört, welche die Chance und die Zeit genutzt haben, sich grundlegende Gedanken zu ihrem eigenen Unternehmen zu machen. Vielmehr wurde nach Bundeshilfe geschrien statt sein eigenes Geschäftsmodell zu überprüfen. Alle haben sie reagiert, selten agiert. Holen Sie das nach und stellen Sie sich die richtigen Fragen für die Zukunft. Dieser Artikel soll eine kleine Inspiration dafür sein.

Alles selber im Griff haben ist ein rares Gut – gar ein Luxusgut. Dies lässt sich erreichen. Das eigene Tun richtet sich ausschliesslich am Kundennutzen aus – ja gerne. Souveräne Entscheide treffen auf Basis klarer Kriterien – ja gerne. Keine Zeit mehr verlieren durch ein fremdbestimmtes Umfeld – ja gerne. Strukturen haben, welche mir als Unternehmer oder als Unternehmerin mehr Freiraum zum Denken und Entwickeln gibt – ja gerne. Sie unterschreiben diese Aussagen? Dann sind Sie auf dem besten Weg, Ihr Business neu zu denken.

Check-in mit dem Purpose

Welchen Sinn oder Zweck hat Ihr Unternehmen? Diese einfache Frage können nur ganz wenige auf Anhieb beantworten. Ist es Zufall, dass es diejenigen sind, welche mit ihrem Unternehmen erfolgreich am Markt sind und auch Krisen bestens überstehen? Der Purpose in diesen Unternehmen ist der grosse gemeinsame Nenner und der Motor das wirtschaftlichen Daseins.

Die einfachste Frage in diesem Kontext: Was bereitet mir selber und meinen Mitarbeitenden am meisten Freude, was gibt uns am meisten Befriedigung bei der täglichen Arbeit? Lassen Sie bei dieser Aufgabe Geschichten und Bilder sprechen – und freuen Sie sich, sollten Sie ins grosse Staunen kommen.

Fragen Sie sich im nächsten Schritt, warum ausgerechnet Sie, ausgerechnet Sie mit diesen Mitarbeitenden und ausgerechnet Sie in dieser Branche und in diesem Marktumfeld das Unternehmen neu aufstellen wollen?

Haben Sie für sich gute Antworten gefunden, geht es in die nächste Runde. Was ist die innerste Kernkompetenz des Unternehmens? Was ist die schöpferische Fähigkeit des Unternehmens?  Warum braucht diese Welt ausgerechnet unsere Unternehmung und welches Problem unserer Kundschaft lösen wir eigentlich?

Jetzt ist die Zeit gekommen, das Ganze in eine schriftliche Form zu bringen. Das Ergebnis ist die Beschreibung des gemeinsamen Nenners, der alle involvierten Menschen antreibt, wo die Arbeit einen Wert oder Sinn verleiht. Dieses Ergebnis ist der Anker der Zukunft für alle unternehmerischen Entscheidungen.

Hier ein Beispiel, wie das möglicherweise klingen kann: «Wir vom Fitness-center XYZ glauben fest daran, dass Muskeltraining das beste Rezept für ein gesundes und langes Leben liefert. Dafür arbeiten und setzen wir uns ein. Davon leben wir. Wir glauben, dass Muskeltraining die einzige sinnvolle Alternative zum und für das Altern ist.»

Drei Instant Learning’s

  1. Bieten Sie den grössten Nutzen – dort wo die Kundschaft diesen erwartet.
  2. Reduzieren Sie das Nutzenversprechen für Ihre Kundschaft – glasklar und verständlich.
  3. Tun Sie das, was Sie selbst am liebsten mögen – weil Sie dies mit viel Glaubwürdigkeit zur Kundschaft tragen.

Vom Purpose zur Positionierung

Haben Sie die Sinnfrage geklärt, steht eine ebenso schwierige Aufgabe an. Mit welchen Menschen will ich mich täglich umgeben, welche Menschen sollen, ja müssen gar unsere Kundschaft bilden? Je genauer diese Positionierung ausfällt und definiert ist, je einfacher fallen die nächsten Schritte und Entscheidungen, welche auf Sie zukommen.

Ich kenne nur ganz wenige Fitness-center, welche eine klare Positionierung haben. «Gesundheitscenter» ist keine Positionierung, sondern ein Gemischtwarenladen. Ein solcher wiederum will alle Bedürfnisse zum Thema «Gesundheit» abdecken mit der Folge, dass für eben diese Bedürfnisse die nötige Infrastruktur vorhanden sein soll. Ein Himmelfahrtskommando – weil aufwändig und sehr teuer. Letztlich ist es wie mit den Trainingsplänen – haben Sie ein glasklares Ziel definiert, ist es sehr einfach, den Trainingsplan schreiben. Das Ziel «Gesundheit» ist alles und nichts. Was will ich da in den Trainingsplan schreiben? Meine Rückenschmerzen auf einer Skala von 1–10 um drei Punkte zu verringern und den Körperfettanteil um drei Prozent zu reduzieren, das ganze in den nächsten vier Monaten bis am 30.9.2020. Damit lässt sich definitiv etwas anfangen, klar und nutzenbringend für die Kundschaft.

Aufgrund des Purpose von weiter oben kann die Positionierung oder das Nutzenversprechen beispielsweise lauten: «Krafttraining ist so selbstverständlich wie Zähneputzen. Wir tun es nicht immer gerne, profitieren aber mit einem hohen Benefit – Lebensqualität bis ins hohe Alter. Selbständigkeit bis ins hohe Alter erhöht die Zufriedenheit unserer Kundschaft. Wir sorgen für Mobilität im Alltag mit zweimal 40 Minuten Krafttraining pro Woche.»

Weil diese Formulierung schlicht zu lange ist, versuchen wir es mit einer Kurzfassung, welche im Marketing später eingesetzt wird: «Kraft macht das Alter mobil.»

Drei Instant Learning’s

  1. Verabschieden Sie sich von einigen Kundensegmenten.
  2. Bieten Sie den Kunden einen klaren Nutzen und richten Sie alles darauf aus.
  3. Überlegen Sie gut, mit welchem Menschenschlag Sie sich täglich umgeben.

Von der Positionierung zur Infrastruktur

Haben Sie die Positionierung geklärt, steht eine weitere schwierige Aufgabe an – was benötigen wir dazu an Infra-struktur?

Je klarer die Positionierung, desto einfacher kann die Frage der Infrastruktur angegangen werden. Der Einfachheit halber nehmen wir die Positionierung von oben gleich mit und stellen uns folgende Fragen:

  • Welche Muskeln müssen im Alter in Hochform sein? Und daraus ableitend – welche Geräte sind dafür notwendig?
  • Brauchen wir eine Functional Trainingsfläche für ältere Menschen?
  • Wie gross soll der Freihantelbereich sein und welche Trainingsmittel sind nötig?
  • Wie soll das Kurswesen aussehen und welche Fläche benötigt dieses?
  • Wollen wir im Kurswesen mit kleinen oder grossen Gruppen arbeiten?
  • Welche Form des Ausdauertrainings wollen wir noch anbieten?
  • Benötigen wir einen Wellnessbereich und wie sähe dieser aus?
  • Welche Form von Zirkeltraining wollen wir anbieten?
  • Welche Fläche benötige ich letztlich für das Nutzenversprechen an die Kundschaft?
  • Wollen wir weiterhin den Thekenverkauf im Haus haben?
  • Welchen sinnvollen und der Positionierung entsprechenden Zusatzverkauf wollen wir weiterhin gewährleisten?

Entscheiden. Sich von liebgewonnenem Trennen. Neues ins Haus holen. Diese Reihenfolge ist jetzt zwingend. Es ist nie einfach, sich von etwas zu trennen, was ich schon lange besitze oder nutze. Jetzt ist der Zeitpunkt, genau dies zu tun. Habe ich den Sinn für das eigene Unternehmen definiert und die Positionierung, also das Kundensegment eng dem Sinn angepasst, kann ich mir Gedanken zur Infrastruktur machen. Keine einfache Aufgabe, weil Verträge oftmals langfristig angelegt sind. Dies darf und soll aber kein Hinderungsgrund sein. Kreative Lösungen sind meistens möglich, wenn alle Beteiligten offen und ehrlich miteinander sind.

Erster Schritt: Streichen Sie bei der Infrastruktur radikal alles, was für den Sinn und die Positionierung nicht wirklich notwendig ist. Und ich meine radikal!

Zweiter Schritt: Checken Sie vom übrig gebliebenen, wo es Ergänzungen braucht und welche Trainingsmittel und Trainingsflächen sich optimal nutzen lassen, um die definierte Kundschaft perfekt zu bedienen.

Drei Instant Learning’s

  1. Reduzieren Sie die Fläche – radikal und ausgerichtet auf den Nutzen der Kundschaft.
  2. Passen Sie den Gerätepark an – radikal und nur das, was sinnvoll und nötig ist für den Nutzen der Kundschaft.
  3. Ergänzen Sie den Gerätepark – radikal und nur mit dem, was für den Nutzen der Kundschaft und deren Ziele zwingend notwendig ist.

Von der Infrastruktur zur Struktur

So, jetzt ist alles geklärt. Jetzt steht die Frage im Raum, mit welcher Struktur, mit welcher Organisation gehen wir in die Zukunft. Wir leben in einer VUKA-Welt, von welcher ich in diesem Fachmagazin schon geschrieben habe. Volatil, unsicher, komplex und ambivalent. COVID-19 hat uns dies schmerzlich vor Augen geführt. Wollen wir in Zukunft bestehen, müssen wir dieser VUKA-Welt auch in der Struktur begegnen und uns anpassen. VOPA ist ein Lösungsansatz, um mit diesen Kräften umzugehen. Der Begriff einigt Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität. Dieser Ansatz bedingt einen offenen und vernetzten Umgang mit Ressourcen (finanziell und personell), Zuständigkeiten und Kanälen. So müssen die Zuständigkeiten besser und klarer geregelt werden. Dazu im nächsten Schritt mehr. Konsequenterweise werden die Mitarbeitenden zu Mitunternehmenden, was Abgabe von Verantwortung beinhaltet und grosses gegenseitiges Vertrauen. Das bedingungslose Weitergeben von Wissen ist ein weiterer Teil davon. Agilität bedeutet in unserem Zusammenhang, nicht mehr einen fixen Plan zu haben sondern ständiges Nachjustieren in der Umsetzung.

So stärken Sie im eigenen Unternehmen die Selbständigkeit aller inklusive einer toleranten Fehlerkultur. Diese ist wichtig und notwendig, wenn Sie agil führen wollen. Nehmen Sie sich folgende Punkte als kleine Auswahl zu Herzen:

  • Kommunizieren Sie offen und transparent, inklusive Finanzen und Strategie!
  • Sorgen Sie dafür, dass Wissen transferiert und erhalten bleibt!
  • Vernetzen Sie sich konsequent mit anderen, auch interdisziplinär.
  • Lassen Sie autonomes Arbeiten zu mit allen Konsequenzen.
  • Stärken Sie die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden.
  • Geben Sie klare Ziele vor und handeln Sie danach.
  • Stellen Sie diese Ziele in den Vordergrund und nicht die Anwesenheit!
  • Wenn Ihnen dies gelingt, sind Sie auf gutem Weg in die Arbeitswelt 4.0. Das Selbstvertrauen aller wird gestärkt und Führung bekommt eine grundsätzliche andere Perspektive. So wird es möglich, den Transformationsprozess gut gerüstet und selbstbewusst zu steuern – denn ab sofort befinden Sie sich in einem permanenten Transformationsprozess.

Drei Instant Learning’s

  1. Führen Sie konsequent mit Zielen und nach Resultaten.
  2. Partizipation und Vertrauen in die Mitarbeitenden ist eine lohnende Investition.
  3. Seien Sie mutig und passen Sie die Strukturen modernen Anforderungen an.

Von der Struktur zum Prozessmanagement

Jetzt gilt es, die Abläufe in saubere Prozesse umzuwandeln. Dies beinhaltet die vorhin erwähnten Zuständigkeiten, welche hier klar geregelt werden. Prozesse zu entwickeln und zu definieren ist zu Beginn mühsam und endet in hoher Qualität im Betriebsalltag. Kontrolltraining, Kundenbindung, Mitgliedermanagement, Kommunikation von und zur Kundschaft sind nur einige Punkte, die geregelt sein müssen. Ebenso das permanente überprüfen von Purpose, Positionierung, Infrastruktur, Struktur und Prozesse. Sind unsere Annahmen noch korrekt, entwickelt sich die Welt, wie von uns antizipiert? Ist dem nicht so, werden sofort am richtigen Ort die richtigen Schrauben verstellt. Prozesse oder auch Checklisten helfen uns im Alltag enorm, vereinfachen das tägliche Miteinander und fokussieren auf ein Ziel – den Kundennutzen.

Drei Instant Learning’s

  1. Checklisten lassen dem Gehirn Raum für kreatives Denken.
  2. Klare Prozesse regeln die Zuständigkeit und fördern das eigenverantwortliche Handeln.
  3. Prüfen Sie jährlich die Annahmen in Bezug auf Purpose, Positionierung, Infrastruktur, Struktur und Prozesse.

Check-out für Ihr neues Business

Sie regen sich jetzt über diesen Artikel auf – perfekt. Dann haben Sie die Zeichen der Zeit erkannt. Wenn auch widerwillig, aber immerhin. Wollen Sie in der Fitnessbranche auch in Zukunft ein kräftiges Wort mitreden – checken Sie ein und schnallen Sie sich an.

Der Prozess kann schmerzhaft sein, das wissen Sie aber erst am Ende mit Sicherheit. Vielleicht so schmerzhaft, dass Sie das Unternehmen geordnet liquidieren. Oder Sie haben sich jetzt so intensiv mit dem Business auseinandergesetzt, dass etwas überraschend Neues entstanden ist. Gratulation und gutes Gelingen in diesem Fall.

Es kann einige Franken kosten, welche Sie selber vielleicht nicht haben? Die Lieferanten werden mit Ihnen zusammen ein Modell passend auf Ihren neuen Auftritt finden – denn auch diese müssen sich in der VUKA-Welt bewegen. Und sie werden es tun – versprochen. Denn wenn Sie sauber eingecheckt haben und alle Punkte mit Inhalten gefüllt haben, verfügen Sie über ein Geschäftsmodell, das nachhaltig und erfolgreich am Markt positioniert werden kann.

Ihre Mitarbeitenden sind die besten Unternehmensberater! Nehmen Sie die Mitarbeitenden zwingend mit auf diesen Weg und fetzen sie sich mal wieder so richtig. Streit kann Neues hervorbringen. Seien Sie dabei hart in der Sache und weich, sehr weich zu den Mitarbeitenden. Die Lüge aus Höflichkeit, beispielsweise zur finanziellen Situation, stösst die Mitarbeitenden irgendwann vor den Kopf – wenn der Lohn plötzlich eben doch nicht mehr kommt. Lassen Sie die Nettigkeiten weg und seien sie, alle zusammen, schamlos und radikal ehrlich auf dem Weg zum neuen Geschäftsmodell.

Die aktuelle Krise ist auch ein Gradmesser der Kundenbindung. Wie gehen wir mit der Kundschaft um, welche jetzt einige Wochen schlicht nicht trainieren durften? Wie mit den Kundinnen und Kunden, welche in diesen Wochen das Abo unbewusst erneuert haben, weil noch immer die unsäglichen automatischen Verlängerungen in den AGB’s vorhanden sind. Beweisen Sie hier Stärke und laden Sie die Kundinnen und Kunden ein, in dieser Situation einen Teil zur Lösung beizutragen.

Die Fitnessbranche muss sich neu erfinden. Kompetenz und klares Denken sind dabei wichtig und nötig. Um zukunftsfähig zu bleiben, gehen Sie diesen Weg wie in diesem Artikel beschrieben. Es tummelt sich zu viel «Kompetenz» in der digitalen Welt, ohne dass diese geprüft wird oder geprüft werden kann. Von Kundenbindung wird oft gesprochen, in der analogen Welt aber wenig gelebt. Hier liegen grossartige Geschenke für Sie bereit. Packen Sie diese Chance zur Transformation des eigenen Unternehmens – noch ist es nicht zu spät.

Wenn Sie unsicher sind, denken Sie daran, was mit Firmen wie Kodak oder Nikon geschehen ist. Oder überlegen Sie sich, welches das grösste Hotel der Welt ohne Betten ist (booking.com) oder wer das grösste Taxiunternehmen weltweit ohne eigenes Taxi führt (uber). Die Welt verändert sich, tun Sie es mit dem Business «Fitness» auch. Sonst werden Sie verändert.

Peter Regli 

ist Buchautor, Dozent und Referent. Er doziert an diversen Ausbildungsinstitutionen und bietet Workshops im Bereich Strategieentwicklung für kleinere Unternehmen an. Individuelle Themen bietet er als Inhouse-Schulungen oder als Online-Coaching für Menschen und Unternehmen an. Sie erreichen ihn per Mail mit pr@peter-regli.ch oder auf seine Website www.peter-regli.ch