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6. Juni 2020
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Marketing nach der Corona-Krise So gelingt der Neustart nach dem Shutdown

COVID-19 hat die Branche vor grosse Herausforderungen gestellt: Nach dem Shutdown der Fitnesscenter und dem Neustart muss nicht nur der stationäre Trainingsbetrieb reorganisiert werden, sondern besonders auch die Neukundenakquise wieder schnell «an Fahrt aufnehmen». Es gilt nun, marketingtechnisch die Stärken und die positiven Effekte des Fitnesstrainings hervorzuheben, Unsicherheiten abzubauen und Neukunden durch spezielle Angebote wieder in die Anlagen zu locken. Wie das gelingt, lesen Sie hier.

Die Corona-Krise hat das Leben, unseren Umgang miteinander, unser Tun und Wirken und vor allem auch die Wirtschaft extrem beeinflusst und letzteres für einige Zeit zumindest teilweise lahmgelegt. Diese neue, bis dato unbekannte Situation hat Centerbetreiber in der Schweiz und auf der ganzen Welt vor grosse Managementaufgaben gestellt. Nach der behördlichen Schliessung war die Verunsicherung gross und es mussten schnell alternative Lösungen gefunden werden.

Was lernen wir aus der Corona-Krise und dem Lockdown?

Welche Schlüsse ziehen die Politiker und Verantwortlichen, zu welchen Veränderungen kommt es in den Unternehmen und welche Konsequenzen zieht der einzelne Bürger aus der aktuellen Lage für die Zukunft? Auch wenn der erste Peak der Corona-Pandemie jetzt überstanden scheint, grassiert der Virus weiter und wird unsere Gesellschaft und auch unsere Branche noch lange Zeit beschäftigen.

Die eigene Gesundheit ist das höchste Gut

Während des Shutdowns stand die Gesundheit der Bevölkerung an vorderster Stelle. Unsicherheit kursierte, ältere Menschen aber auch jüngere mit und ohne Vorerkrankungen befürchteten eine Ansteckung oder bangten gar um ihr Leben. Der bekannte Spruch von Arthur Schoppenhauer «Die Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts» bekam unter diesen Bedingungen nochmals eine ganz andere Tragweite.

Die Vergangenheit zeigt uns, dass viele Menschen keine präventiven Massnahmen unternehmen. Sie reagieren erst, wenn sie Schmerzen, deutliche Bewegungseinschränkungen und konkrete Auswirkungen der körperlichen Unzulänglichkeit spüren. Sie als Gesundheitsanbieter wissen nur zu gut, wie schwierig es sein kann, Präventionsmassnahmen zu vermitteln. COVID-19 zeigt aber deutlicher denn je, dass eine gute Immunabwehr nicht nur gesundheitsfördernd ist, sondern unter Umständen sogar lebenswichtig sein kann. Viele Menschen, die Vorerkrankungen wie Asthma oder bereits Schädigungen der Lunge durch Rauchen aufwiesen, haben sich in der Zeit des Kontaktverbots und der Quarantäne über ihre Gesundheit vermehrt Gedanken gemacht. Der European Health & Fitness Market Report 2020 von Deloitte und EuropeActive unterstreicht dieses wachsende Gesundheitsbewusstsein in der europäischen Bevölkerung. Dieses Bewusstsein wird aus Sicht des Deloitte-Experten Karsten Hollasch insbesondere nach der Corona-Krise noch weiter an Relevanz gewinnen.

Herausforderungen für das Marketing

1. Positionieren Sie sich als Fitness-/Gesundheitsexperte für ein starkes Immunsystem!

Es ist heute sinnvoller denn je, im Marketing gezielt die Stärkung des Immunsystems und die positiven Effekte des Fitnesstrainings (vgl. Bloch, Halle & Steinacker, 2020) auf die Gesundheit in den Fokus zu rücken. Es gilt, potenziellen Interessenten und bestehenden Kunden adäquate Lösungen und Antworten auf ihre Unsicherheit bzw. ihre Fragen zu bieten.

2. Transparente Informationen

Mit Expertenwissen können wir die nicht aktive Bevölkerung informieren, wie genau das menschliche Immunsystem funktioniert, wie ein stabiles Immunsystem auf- bzw. ausgebaut wird und welche positiven Gesundheitseffekte damit einhergehen. Hier besteht die Möglichkeit, spezifische Infoveranstaltungen, Newsletter, Landingpages, Marketing-Aktionen, Social-Media-Botschaften zum Thema «Mein starkes Immunsystem zur Corona-Zeit – wie schütze ich mich richtig» anzubieten. Des Weiteren sind folgende zwei Punkte wichtig:

Die Message richtig vermitteln

Dos: Eine erfolgreiche Vermarktung Ihrer Trainingsangebote ist vor allem dann gegeben, wenn die positiven, kurzfristigen Konsequenzen des neuen Verhaltens in den Vordergrund gestellt werden. Erklären Sie, wie schnell und mit wie wenig Aufwand das Herz-Kreislauf-System und das Immunsystem gestärkt werden können. Heben Sie dabei die positiven Aspekte hervor:

  • Nach jeder Trainingseinheit werden Sie stolz sein, etwas für Ihr Immunsystem/die Gesundheit getan zu haben
  • Bereits nach vier Wochen Training werden Sie sich nicht wiedererkennen und fühlen sich fitter und gesünder

Don‘ts: Beschreiben Sie keine langfristigen, negativen Auswirkungen des Nichtstuns. Vermeiden Sie zwingend sogenannte Furchtappelle: «Wenn Sie nichts unternehmen, dann …». Vermarkten Sie die positiven Trainingsauswirkungen und vermeiden Sie «Aussagen mit dem drohenden Zeigefinger» (Höfling, 2001).

Kooperationsnetzwerke auf- oder ausbauen

Um bestimmte Zielgruppen adäquat anzusprechen bzw. erreichen zu können, bieten sich Kooperationen mit Ärzten, Therapiepraxen etc. hervorragend an. Existiert noch kein solches Kooperationsnetzwerk, wäre jetzt ein optimaler Zeitpunkt, dieses anzugehen! Nach dem Motto «Gemeinsam kümmern wir uns um Ihre Gesundheit» bieten Sie den Kunden ein optimales Gesamtpaket und ein präventiv-wirksames Training an.

Von der Marketingidee zur richtigen Aktion

1. Individuelles Training oder Club-im-Club-Programm

Zielgerichtete Massnahmen zur Stärkung des Immunsystems können sowohl individuell vermittelt als auch in einem Club-im-Club-System integriert angeboten werden. Ein Club-im-Club-System ist ein geschlossenes Kursprogramm über eine Dauer von acht bis zwölf Wochen. Zwei wöchentliche fixe Termine mit z. B. 15 Minuten Theorie und 45 Minuten Praxis stellen ein sinnvolles Training für Trainingseinsteiger dar. Durch den geschlossenen Kurs unter Gleichgesinnten und ohne Mitgliedschaftsbindung ist die Eintrittsbarriere relativ niedrig. Zu den zwei fixen Terminen können die Teilnehmenden weitere Ausdauereinheiten ausserhalb der Kurszeiten im Center absolvieren oder natürlich auch Outdoor-Einheiten integrieren. Ein zwei- bis dreimonatiges fundiertes Training unter qualifizierter Betreuung wird gerade bei Neukunden seine Wirkung zeigen und das soll anschliessend (oder bereits währenddessen) zu einer Mitgliedschaft führen.

2. Empfehlungskampagnen «Help a Friend» und «Healthy Family»

Laden Sie durch eine Empfehlungskampagne «Help a Friend» Menschen im Einzugsgebiet zu einem kostenlosen Training über einen Zeitraum von beispielsweise vier Wochen ein. Jedes Mitglied erhält mit einem Schreiben/Gutscheincode zwei Vier-Wochen-Gutscheine für Familienmitglieder, Freunde, Bekannte oder Arbeitskollegen. Erfolgsentscheidend ist, dass diese Monatskarten als «knappes Angebot» vermarktet werden und dem Mitglied klar ist, dass diese Gutscheine limitiert sind und einen besonderen Benefit darstellen. Die Mitglieder sollen sich sehr genau überlegen, welche Personen in ihrem Umfeld am meisten von diesem Training profitieren können.

Die Familie liegt uns Menschen sehr am Herzen: Viele haben sich vor allem in den letzten Wochen Sorgen um ihre Familienmitglieder gemacht. Gerade jetzt ist die optimale Zeit, um die Familienmitgliedschaft «Healthy Family» anzubieten. Kreieren Sie hierzu ein vorteilhaftes Tarifsystem: Je mehr Angehörige (ersten Grades) Mitglied im Center sind, desto attraktiver das Leistungspaket und/oder der Beitrag. Eine «Healthy Family»-Sommerkarte (Juni, Juli, August) ist eine weitere Alternativmöglichkeit, die Sie in Betracht ziehen können.

Ist eine Anpassung des Trainingsangebots sinnvoll?

Welche zusätzlichen Lösungen der einzelne Betreiber zur Steigerung des Immunsystems anbieten kann, muss natürlich differenziert betrachtet werden. Stellen Sie sich folgende Fragen:

  • Welche Trainingsangebote (Cardiogeräte, pulsgesteuertes Training, ausdauerorientierte Kurse, Nordic Walking), die explizit vermarktet werden können, sind bereits vorhanden?
  • Welche zusätzlichen Massnahmen können mit geringem Aufwand installiert werden?
  • Ist eine Anpassung oder Ausweitung des Trainingskonzeptes vo-rübergehend oder dauerhaft sinnvoll?
  • Sind notwendige Ressourcen (materielle, personelle, finanzielle) vorhanden? Wenn nicht, welche Massnahmen müssen diesbezüglich ergriffen werden?
  • Wie vermarkte/kommuniziere ich diese Anpassung bestmöglich?

Für «Generalisten» – sogenannte Allroundanbieter

Lediglich Ausdauergeräte zur Verfügung zu stellen, reicht für diese Zielgruppe definitiv nicht aus. Ein fundiertes Training zur Stärkung des Immunsystems beginnt idealerweise mit einer angemessenen Diagnostik. Bieten Sie, wenn möglich, Fahrrad- oder Laufbandergometertests an und ermitteln Sie den IST-Stand bezüglich Fitnesslevel und Belastbarkeit. Messen Sie sowohl den Tagespuls als auch den Blutdruck. Entscheidend wird hier die Dienstleistungs- bzw. Betreuungsqualität sein. Wenn nötig, bieten Sie Ihren Mitarbeitern Weiterbildungsmassnahmen an, damit Ihre Trainer ihr fundiertes Wissen vertiefen, sich entsprechend sicher fühlen und beim Kunden einen souveränen Eindruck hinterlassen. Integrieren Sie Diagnostik, Aufklärung zum pulsorientierten Training, Wissenswertes zum Thema Herz-Kreislauf-Training in das oben beschriebene Club-im-Club-System oder bieten Sie Fachvorträge und Infoabende zum Thema an. Erarbeiten Sie Trainingspläne, bieten Sie Re-Tests an und begleiten Sie Ihre Mitglieder langfristig.

Für Nischenanbieter

Überlegen Sie, ob es sinnvoll ist, Ihr Trainingskonzept (temporär) auszuweiten.

Ein paar Gedankenanstösse wären hier:

  • In manchem EMS-Center dürften zwei zusätzliche Fahrradergometer Platz finden. Mitglieder führen nach der EMS-Anwendung noch ein 30-minütiges, pulsorientiertes Training durch
  • Ein reiner «Kraftanbieter» verstärkt die Ausdauerkomponente mit geführten Tabata-Workouts, Zirkeltraining ohne Satzpausen, Supersätzen oder geführtem Kleingruppentraining mit hohem Tempo
  • Bieten Sie ein Seminar oder einen Workshop «Pulsgesteuertes Outdoor-Training» an
  • Organisieren Sie Walking- oder Laufgruppen usw.

Dies sind nur einige von vielen weiteren Denkanstössen, die Sie für die Ausgestaltung des entsprechenden Angebots sowie des dazugehörigen Marketings in Betracht ziehen können.

Fazit

Die letzten Wochen waren sehr turbulent und herausfordernd. Viele Unternehmen zeigten in der Corona-Krise eine enorme Kreativität und Innovationsbereitschaft (vgl. Club-Intel, 2020). Sie haben sofort ihre Arbeitsweisen und Angebote aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen angepasst oder sogar temporär komplett «auf den Kopf» gestellt. Not macht eben erfinderisch.

Das Wort «Krise» setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen: Das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit. Da gerade jetzt der Wunsch bzw. das Bewusstsein nach individueller Gesundheit grösser denn je ist, sollte unsere Branche diese Chancen nutzen, um noch mehr Menschen für ein gesundheitsorientiertes Training in den Centern zu begeistern.

Literaturliste

  • Bloch, W., Halle, M. & Steinacker, J. M. (2020). Sport in Zeiten von Corona. In Dtsch Z Sportmed. 2020; 71: 83–84. Zugriff am 23.04.2020 unter https://www.germanjournalsportsmedicine.com/fileadmin/content/archiv2020/Heft_4/DtschZSportmed_Editorial_Bloch_Steinacker_Sport_in_Times_of_Corona_2020-4.pdf
  • ClubIntel (Hrsg.) (2020). The Fitness Industry’s Response to COVID-19 – Insights into the Collective Improvisation, Innovation and Resilience of Global Fitness Operators. Zugriff am 20.04.2020 unter http://www.club-intel.com/download-whitepaper/?redirectUrl=http://www.club-intel.com/wp-content/uploads/Report-on-Fitness-Industrys-Response-to-COVID-19-1.pdf
  • Deloitte und EuropeActive (Hrsg.) (2020). European Health & Fitness Market Report 2020. Zugriff am 21.04.2020 unter https://blackboxpublishers.com/nl/publications/european-health-fitness-market-report-ehfmr-2020-e-book/
  • Höfling, S. (2001). Prävention als Lebensstil. Innovative Aspekte der Prävention. Schriftenreihe der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern (7), 63–73.
© DHfPG/BSA

Carlo Vandijck ist Sportlehrer und arbeitet seit 30 Jahren in diversen Positionen in der Fitnessbranche, unter anderem für die Fitnessketten Fit-Plus Fitness-Center und Elixia Health & Wellness Group. Ausserdem ist er seit 20 Jahren Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie.

www.dhfpg-bsa.de