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Mehr Kundenbindung durch Optimierung meiner betrieblichen Prozesse?

Egal, ob man als Fitness-Einzelunternehmen oder als Fitnesskette auf dem Markt positioniert ist, das letzte Jahr war eine grosse Herausforderung. Nun sind die Studios in der Schweiz seit Mitte April wieder geöffnet und eine ganze Branche wartet gespannt, wie sich der künftige Markt entwickelt. Aber ist Warten der richtige Ansatz um ein Fitnessunternehmen in die Zukunft zu steuern? Oder hilft die Implementierung von neuen Fitnesstrends, der Einstieg in die Digitalisierung, oder der Einstieg in den Gesundheitsmarkt, um mein Unternehmen wirtschaftlich auf eine solide Basis zu stellen? Bevor neue Angebote implementiert oder eine grös-sere Investition getätigt wird, sollte die Frage gestellt werden: «Wie ist es um meinen Kundenstamm und dessen Zufriedenheit bestellt?»

Denn am profitabelsten für ein Fitnessunternehmen sind ja vor allem die zufriedenen Mitglieder, welche ihre Mitgliedschaft verlängern und somit automatisch weniger Werbekosten notwendig machen. Gleichzeitig eröffnen sich dadurch grössere Chancen neue Mitglieder aufgrund von Empfehlungen zu generieren sowie auf der Basis einer grösseren Kundenkenntnis nutzenorientiertes Cross-Selling zu betreiben (vgl. R. Kühn/P. Pfäffli, 2014). Eine langjährige Kundenbindung ist für jedes Fitnessunternehmen anzustreben, doch was sind die Faktoren, welche die Zufriedenheit meiner Kunden beeinflussen?

Die Entwicklung der Kundenzufriedenheit

Kunden haben eine persönliche Erwartungshaltung an eine immaterielle Dienstleistung. Und je besser ein Fitnessunternehmen mit seiner Dienstleistung «Fitnesstraining» die Erwartungshaltung erfüllt, umso zufriedener sind die Kunden. Leider ist dies nicht ganz so einfach, denn meine Dienstleistung «Fitnesstraining» ist ein Prozess, den der Kunde in meinem Fitnesscenter durchläuft und dieser kann durch andere Faktoren gestört werden.

Gemäss ISO DIN EN 9000:2015 ist ein Prozess ein «Satz zusammenhängender oder sich gegenseitig beeinflussender Tätigkeiten, der Eingaben zum Erzielen eines vorgesehenen Ergebnisses verwendet». Das heisst nichts anderes, als dass der Prozess Fitnesstraining eine geregelte Tätigkeit ist und von weiteren Prozessen positiv wie negativ beeinflusst wird, die eine Verbindung zu dieser Tätigkeit haben (vgl. Abbildung 1).

Bei Prozessen wird zwischen Führungs-, Kern- und unterstützenden Prozessen unterschieden. Kernprozesse sind dabei diejenigen, mit dem direkten Kontakt zum Kunden und sollten die strategisch wichtigsten Prozesse sein. Sie sind wertschöpfend sowohl für den Kunden als auch das Unternehmen selbst. Hier gilt es eine stringente Kundenorientierung aufzubauen (vgl. H.-D. Zollondz et.al., 2016). Kernprozesse sind schwer ersetzbar. Unterstützende Prozesse sind notwendige Tätigkeiten, welche den Kernprozess Fitnesstraining unterstützen und dessen reibungslosen Ablauf absichern. Ein klassisch, unterstützender Prozess für ein Fitnesscenter ist die Wartung und Instandhaltung der Fitnessgeräte. Auch Führungsprozesse unterstützen den Kernprozess und wirken deshalb nach innen. Das Personalmanagement oder die Vermarktung des Centers sind Beispiele für Führungsprozesse.

Abbildung 1: Einfluss von Prozessen auf die Kundenzufriedenheit

Der Grad der Zufriedenheit meiner Kunden, also das Ergebnis aus dem Prozess Betreuung Fitnesstraining, kann dennoch unterschiedlich ausfallen. Das KANO-Modell (vgl. D. Marx, 2014) vermittelt dabei sehr gut den Zusammenhang zwischen dem Erfüllungsgrad einer Dienstleistung und dem Grad der Kundenzufriedenheit (vgl. Abbildung 2).

Erfüllt ein Fitnesscenter sein Leistungsversprechen an seine Kunden, so hat das Unternehmen seine Leistungsqualität erfüllt. Also jede ausgesprochene Erwartung, sei es durch Werbemassnahmen, die Clubphilosophie oder auch jegliche Äusserungen zum Angebot durch Mitarbeiter, prägen die Leistungsqualität meiner Dienstleistung Fitnesstraining. Die Grundqualität bezieht sich auf unausgesprochene Anforderungen und somit typische und nicht unbedingt sichtbare Eigenschaften meiner Dienstleistung. Wird diese Grundqualität aber nicht erfüllt, so sinkt die Zufriedenheit der Kunden, auch wenn ich mein Leistungsversprechen Fitnesstraining erfüllt habe. Saubere Garderoben und Trainingsräume, eine gute Raumtemperatur oder auch funktionierende Fitnessgeräte sind typische Beispiele für eine gute Grundqualität, welche die Leistung des Kernprozesses Fitnesstraining unterstützen. Das Erfüllen der Basisqualität stellt meine Kunden also noch nicht zufrieden. Wenn ich sie aber nicht erfülle, sind sie schneller unzufrieden. Positive Überraschungen oder Kundenfreuden sind meist unausgesprochen, werden vom Kunden weniger erwartet und sind somit attraktiv. Sie haben einen überproportionalen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und können die Kunden stark für das eigene Unternehmen begeistern. Solche Massnahmen haben also einen grossen Einfluss auf die Begeisterungsqualität für ein Unternehmen und sollten strategisch geschickt eingesetzt werden. Belohnungssysteme, z. B. Gutschrift für neu geworbene Mitglieder oder ein Gratis-Shake beim Optimierungstermin, können mit der Zeit ihre Begeisterungsqualität verlieren, wenn sie als standardisiertes Instrument im Unternehmen implementiert werden. Dadurch wird dieses automatisierte Belohnungssystem ein Bestandteil der Leistungsqualität und steigert die Kundenzufriedenheit nicht weiter. Dies gilt auch für die versprochene Leistungsqualität. Sie wird im Lauf der Zeit ihre Wirkung verlieren, was bedeutet, dass für eine langfristige Kundenbindung der Trainingsprozess kontinuierlich verbessert werden sollte.

Abbildung 2: Das KANO-Modell

Der kontinuierliche Verbesserungsprozess

Das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung (KVP) geht auf die Organisationsphilosophie von William Edwards Deming zurück, einem amerikanischen Physiker und Pionier des Qualitätsmanagements, und wird deshalb auch Deming-Zyklus genannt. Dieser Verbesserungsprozess besteht aus den vier essentiellen Arbeitsschritten, die immer wieder in einem regelmässigen Zyklus durchlaufen werden: Plan – Do – Check – Act (vgl. Abbildung 3).

Jede Art von kontinuierlichem, aber unverändertem Fitnesstraining verliert im Verlauf der Zeit ja bekanntermas-sen seine Wirkung auf den menschlichen Körper. Um die Reizwirkung zu erhalten, muss der Zyklus Fitnesstraining kontinuierlich angepasst bzw. verbessert werden.

Für eine optimale Prozessqualität wird also idealerweise das Betreuungskonzept Training nicht nur an eine Zielgruppe, sondern auch an ihre jeweilige Leistungsstufe angepasst und Belohnungssysteme entwickelt, um die Leistungs- aber auch die Begeisterungsqualität für den Kernprozess zu erhalten.

Abbildung 3: Der Regelkreis des Trainings als KVP

Fazit

Das Bewusstsein für das eigene Kerngeschäft und dessen Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit und somit das Kundenbindungspotential ist essentiell für jedes Dienstleistungsunternehmen. Denn nach A. Donabedian, Arzt und Entwickler einer Qualitätsstudie für das Gesundheitswesen (1980), führt eine gute Strukturqualität (z.B. Unternehmensleitbild) kombiniert mit einer guten Prozessqualität (z.B. Betreuung des Fitnesstrainings) zu einer guten Ergebnisqualität (z.B. Kundenzufriedenheit). Moderne Qualitätsmanagementsysteme berücksichtigen diese Zusammenhänge und weisen demnach folgende Elemente auf:

  • Kundenorientierung
  • Bedeutung der Managementebene
  • Mitarbeiterorientierung
  • Ressourcenmanagement
  • Prozessorientierung
  • Prozess der kontinuierlichen Verbesserung – KVP

Quellennachweise

  • Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit: Ein Modell zur Analyse von Kundenwünschen in der Praxis. Dominic Marx, 2014, Igel Verlag.
  • Der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) – Konzept – System – Massnahmen. Jürgen Witt, Thomas Witt, 2015, 5. Aufl., Windmühle Verlag.
  • Lexikon Qualitätsmanagement: Handbuch des modernen Managements auf der Basis des Qualitätsmanagements. Hans-Dieter Zollondz, Michael Ketting, Raimund Pfundter (Hrsg.), 2016, 2. Aufl., Carl Hanser Verlag.
  • Marketing – Analyse und Strategie. Richard Kühn, Patrick Pfäffli, 14. Aufl., 2012, Werd Verlag.
  • Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe. DIN EN ISO 9000:2015; Deutsche und Englische Fassung EN ISO 9000:2015.
  • The Definition of Quality and Approaches to ist Assessment, Explorations in Quality Assenssment and Monitoring. Avedis Donabedian, 1980, Band 1, Health Administration Press

Eva Akamphuber

Eva Akamphuber, Dipl. Sportlehrerin für Rehabilitations- und Präventionssport (Universität des Saarlandes) und Qualitätsmanagerin (TÜV Süd), ist für die Swiss Prävensana Akademie als Fachbereichsleiterin Fitness und Gesundheitsförderung und Dozentin tätig. Ihre Berufserfahrung erstreckt sich über den Aufbau und Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen nach DIN EN ISO 9000 und 9001 bis hin zu Akkreditierungen von Ausbildungen im Gesundheitswesen.

www.swisspraevensana.ch