Mit Martin Steinhauer tritt ein weiteres Urgestein der Schweizer Fitnessbranche ab
6. August 2020
Interview Roger Erni: Qualität in der Bewegungs- und Gesundheitsförderung
6. August 2020

Personalfluktuation und Arbeitszufriedenheit

Wer die theoretischen Grundlagen der Arbeitsmotivation kennt, weiss welche Massnahmen zu mehr Arbeitszufriedenheit führen und wie die Fluktuation in seinem Betrieb reduziert werden kann.

Viele Unternehmen leiden an den Folgen der Personalfluktuation, da sie ihre wichtigen Mitarbeitenden nicht auf Dauer an sich binden können. Sind Mitarbeitende mit ihrer Arbeit unzufrieden und verfügen sie über attraktive Jobalternativen besteht die Gefahr, dass sie ihr aktuelles Arbeitsverhältnis auflösen. Hohe Personalfluktuation bedeutet für Unternehmen Verlust von Know-how, Kosten und Ressourcen. Neues Personal muss rekrutiert und eingearbeitet werden. Das kann auch zu Rekrutierungsproblemen insbesondere bei qualifizierten Fachkräften führen.

Unter Personalfluktuation werden alle Abgänge eines Unternehmens verstanden, welche von Mitarbeitenden durch eine Kündigung initiiert entstehen. Dabei wird zwischen natürlicher und unternehmensfremder Personalfluktuation unterschieden. Eine natürliche Fluktuation ergibt sich, wenn Personen altersbedingt aus dem Unternehmen ausscheiden. Arbeitgeber sowie Mitarbeitende können aber auch mittels Kündigung das Arbeitsverhältnis auflösen. Das Auflösen des Arbeitsverhältnisses durch Mitarbeitende über die Kündigung gehört zur unternehmensfremden Personalfluktuation. Während der Zeit vor der Fluktuation, wenn es beim Personal zur inneren Kündigung kommt, stagnieren die Arbeitsleistung und die Produktivität und die Identifikation zum Unternehmen geht verloren. Mitarbeitende die gehen möchten, arbeiten langsamer, und es kommt öfters zu Fehlzeiten aufgrund psychosomatischer Krankheiten oder vorgeschobenen Krankheiten. Da die Arbeit liegen bleibt, müssen die anderen Mitarbeitenden Mehrarbeiten leisten, was die Stimmung im Team oft negativ beeinflusst.

Ursachen für Mitarbeiteraustritte

Grundsätzlich gibt es drei wichtige Ursachen für Mitarbeiteraustritte:

  1. Mitarbeiterwechsel: Oft sind die Wechsel organisationsbedingt da sich der Bedarf des Arbeitgebers ändert. Unternehmen reagieren auf die Nachfrage- beziehungsweise auf Absatzschwankungen mit entsprechenden personalbezogenen Massnahmen wie Rekrutierung oder eben Freisetzung von Mitarbeitenden. Das wird oft z. B. durch die Bildung neuer Arbeitsplätze oder der Beendigung befristeter Arbeitsverhältnisse erreicht.
  2. Mitarbeiteraustritte: Diese sind auf die Auflösung des Arbeitsvertrags seitens Arbeitgebers zurückzuführen. Damit zeigt der Arbeitgeber, dass er mit der Arbeitsleistung der Mitarbeitenden nicht zufrieden ist. Die Gründe dafür können zum Beispiel ein Fehlverhalten, stagnierende Arbeitsmotivation oder mangelnde Kompetenz sein, die zur Auflösung des Arbeitsvertrags führen können.
  3. Freiwillige Mitarbeiteraustritte: Diese werden durch die betroffenen Mitarbeitenden initiiert.

Diese Mitarbeitenden wollen ihr Beschäftigungsverhältnis auflösen. Zu dieser Kategorie gehören im Wesentlichen folgende Wechselgründe:

  • Alters- und krankheitsbedingte Austritte wie zum Beispiel Eintritt in den Ruhestand oder die Invalidität
  • Familiäre oder weitere persönliche Gründe wie Schwangerschaft oder Umzug
  • Der Wunsch nach beruflicher oder persönlicher Veränderung (zum Beispiel Studium oder Branchenwechsel)
  • Unzufriedenheit mit dem Arbeits-umfeld oder den Arbeitsbedingungen

Zur theoretischen Erklärung der Fluktuation gibt es zahlreiche Theorien des Personalmanagements.

Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation

Der Schwerpunkt der nachfolgenden Überlegungen basiert auf Theorien, in der die Personalfluktuation entweder als Folge mangelnder Arbeitszufriedenheit oder fehlender Arbeitsmotivation zurückgeführt wird. Wer also unzufrieden ist und die Motivation verliert, verlässt das Unternehmen. Allerdings kündigen auch Mitarbeiter, die mit ihrer aktuellen Arbeitsstelle nicht unzufrieden sind oder die keine Jobalternative haben. Empirische Untersuchungen der massgeblichen Fluktuationsursachen verweisen bereits seit Jahrzehnten auf einen zwar positiven, aber nicht sonderlich starken Zusammenhang zwischen Arbeitsunzufriedenheit und Fluktuation. Gleiches gilt für den Zusammenhang von Jobalternativen und Fluktuation. Diverse Motivationstheorien wurden entwickelt, die das Verhalten der Mitarbeitenden im Zusammenhang mit ihrer Motivation untersuchten. Die bis heute bekanntesten sind die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg und die Anreiz-Beitrags-Theorie von Simon und March.

Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg

In seiner Arbeit: «The Motivation to Work» aus dem Jahr 1964 analysiert Herzberg Anreize, die auf die Motivation der Mitarbeitenden einwirken können und zu Fluktuation führen können.

Er unterscheidet nicht nur zwischen unterschiedlichen Motivklassen, sondern versucht diese auch zu strukturieren und ihre Wirkungen empirisch zu belegen, wobei er zwischen Faktoren, die Zufriedenheit bewirken (den Motivatoren) und Faktoren, die hingegen Unzufriedenheit erzeugen (den Hygienefaktoren) unterscheidet.

Die Motivatoren (z. B. Anerkennung, Erfolg, Leistung, Arbeitsinhalte, Verantwortung oder Wachstum) befriedigen individuelle Bedürfnisse der Mitarbeitenden und führen somit zu mehr Zufriedenheit. Die Hygienefaktoren (unzureichendes Salär oder schlechte Arbeitsbedingungen) können Unzufriedenheit auslösen, da sie nicht zu einer positiven Arbeitszufriedenheit beitragen und sich negativ auf die Motivation der Mitarbeitenden auswirken. Fehlen somit die Motivatoren und fehlt insbesondere die Möglichkeit nach Wachstum, wird die Entfaltung der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz verhindert.

Aufgrund der Zwei-Faktoren-Theo-rie aktivieren die Motivatoren auch die Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung und helfen den Mitarbeitenden bei ihrer Entfaltung. Hygienefaktoren und Motivatoren stehen im Zusammenhang mit der Arbeitszufriedenheit. Die Arbeitszufriedenheit ist wiederum mit dem Bedürfnis des Menschen nach Selbstverwirklichung verbunden.

Grundsätzlich ergeben sich aus der Kombination von Motivatoren und Hygienefaktoren, dem Zusammenhang von Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit und Personalfluktuation sowie den konkreten Gegebenheiten vier mögliche Situationen:

  • Eine hohe Hygiene und hohe Motivation stellen die Idealsituation dar, da dabei die Mitarbeitenden hoch motiviert sind und optimale Arbeitsbedingungen haben.
  • Bei hoher Hygiene und geringer Motivation haben die Mitarbeitenden zwar gute Arbeitsbedingungen und weisen kaum Unzufriedenheit auf, sie sind aber gleichzeitig wenig motiviert.
  • In einer umgekehrten Situation sind die Mitarbeitenden zwar hoch motiviert, sind aber unzufrieden, da ein zu geringes Salär zu existenziellen Sorgen und sogar zu psychosomatischen Krankheiten führen kann.
  • Die schlechteste Situation stellt die Kombination aus geringer Hygiene und geringer Motivation dar. In diesem Fall haben wir es mit unmotivierten und unzufriedenen Mitarbeitende zu tun. Sie arbeiten ohne Anerkennung und ohne Möglichkeiten sich zu verwirklichen unter schlechten Arbeitsbedingungen.

Die Anreiz-Beitrags-Theorie der Arbeitsmotivation

Eine weitere Theorie zur Arbeitsmotivation stellt die Anreiz-Beitrags-Theorie dar. Diese von March und Simon entwickelte Theorie besagt, dass Mitarbeitende für sich die Anreize, welche ihnen die Unternehmung bietet, mit ihrem persönlichen Beitrag, den sie im Unternehmen leisten, vergleichen. Anreize können sowohl monetäre, wie das Gehalt oder eine Erfolgsbeteiligung, aber auch nichtmonetäre Belohnungen in Form von Aufstiegsmöglichkeiten, die Auswahl an Ausbildungsmöglichkeiten, ein angenehmes Betriebsklima und Anerkennung sein. Je höher die Anreize monetärer sowie nichtmonetärer Natur sind, umso mehr Arbeitsleistung als Beitrag sind die Mitarbeitenden bereit aufzubringen. Die Mitarbeitenden wägen dabei den Nutzen der Anreize mit ihren Beiträgen ab. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass aufgrund dieser Theorie die Mitarbeitenden nur Beiträge leisten, wenn Beiträge und Anreize im Gleichgewicht stehen oder die Anreize grösser sind als ihre Beiträge. Weiter zu berücksichtigen ist, dass sich die Bedürfnisse der Mitarbeitenden im Laufe der Zeit ändern und sie nicht mehr gleich stark auf dieselben Anreize reagieren. Ein Betrieb muss also in der Lage sein, das Anreizsystem den Bedürfnissen seiner Mitarbeitenden anzupassen, will er nach wie vor mit der gleichen Beitragsleistung rechnen und damit seine Ziele erreichen.

Aus der Anreiz-Beitrags-Theorie lässt sich ableiten, dass die Produktivität eines Unternehmens wesentlich davon abhängt, ob das Unternehmen für seine Mitarbeitenden individuelle Anreize schaffen kann, welche hoch bewertet werden und zu einem entsprechenden Beitrag in Form von Arbeitsleistung und Produktivität führen. Wie bereits erwähnt sind die nichtmonetären Anreize, wie zum Beispiel die Ausbildungsmöglichkeiten oder Personalentwicklungsmassnahmen von grosser Bedeutung, Personalentwicklung kann die Fluktuation reduzieren, weil die Anreize der Unternehmung in Form von Personalentwicklungsmassnahmen höher als die Beiträge sind. Somit unterstützt diese Theorie diesen Zusammenhang.

Beide Theorien bauen auf der Motivation der Arbeitnehmenden auf, sei es über Anerkennung, das Anbieten von Entwicklungsmöglichkeiten oder indem konkret auf die Bedürfnisse eingegangen wird. Die Unternehmensführung kann die Motivation durch Schaffung einer angenehmen Arbeitsumgebung (Betriebsklima), eines Angebotes von Karrierechancen oder durch ein attraktives Weiterbildungsangebot massgeblich positiv beeinflussen und die Mitarbeitenden langfristig an das Unternehmen binden. Durch Personalentwicklung als Massnahme kann also die Fluktuation reduziert werden.

Fazit

Abschliessend lässt sich feststellen, dass die Personalentwicklung auch als eine wirksame Massnahme zur Verminderung von künftigen Kosten betrachtet werden kann. So können die Kosten der Beschaffung neuer Mitarbeitenden durch die Reduktion der Fluktuation deutlich gesenkt werden. Je komplexer und anspruchsvoller die Aufgabe ist, desto höher werden die Kosten sein, eine Stelle neu zu besetzen. Kosten die dadurch entstehen, dass mit dem Mitarbeitenden auch die Kunden abwandern, sind ebenfalls zu berücksichtigen, aber nur schwer zu erfassen. Aus diesem Grund sollte jedes Unternehmen ein Personalentwicklungskonzept entwickeln, um ihre qualifizierten Mitarbeitenden langfristig zu binden.

Wie gezeigt wurde, können Hygienefaktoren wie das Gehalt und gute Arbeitsbedingungen oder Motivatoren wie Lob und Anerkennung sowie geeignete Personalentwicklungsmassnahmen zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit führen und massgeblich zur Senkung der Personalfluktuation beitragen. Nur zufriedene und motivierte Mitarbeitende bleiben langfristig in der Unternehmung und erbringen gute Leistungen. Arbeitszufriedenheit kann schwinden, wenn Eintönigkeit, Langeweile oder fehlende Identifikation mit dem Unternehmen eintritt. Wichtig ist frühzeitig zu erkennen, ob sie innerlich gekündigt haben, nur Dienst nach Vorschrift machen oder bald das Unternehmen verlassen wollen. Die Mitarbeitenden beginnen sich dann von der Arbeit zu entfremden. Sie erkennen den Sinn ihrer Arbeit nicht mehr und es kommt vermehrt zu Fehlzeiten im Betrieb. Werden diese Anzeichen und die Fähigkeiten dieser Mitarbeitenden vom Unternehmen frühzeitig erkannt, kann einerseits ihr Leistungspotential optimal genutzt und anderseits einer möglichen Personalfluktuation entgegengewirkt werden. In diesem Sinne sind Führungskräfte gefragt, welche die Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeitenden fühlen und das Gespräch bei nachlassender Arbeitsleistung suchen.

Literaturliste

  • Berthel, J. & Becker, G. (2013). Personal – Management. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.
  • Büttner, R. (2010). Zu den Einflussfaktoren der Arbeitsmotivation und – Zufriedenheit. München: McGraw-Hill Verlag.
  • Herzberg, F. (2003). Was Mitarbeiter in Schwung bringt, Harvard Business Manager, Heft April 2003, S.50-62.
  • Kirchler, E. (2008). Arbeits- und Organisationspsychologie (2.Aufl.). Stuttgart: UTB Verlag.
  • March, J. & Simon, H. (1958). Organizations. New York, Oxford. Wiley Verlag.
  • Otte, S. (2012). Arbeitszufriedenheit. Saarbrücken: AV Akademikerverlag.
  • Personal Online (2020) Ursachen der Fluktuation. Zugriff am 21.06.2020.Verfügbar unter http://www.personaler-online.de/typo3/nc/personalthemen/suche-in-artikeln/detailansicht/artikel/fluktuation.html
  • Thommen, J. (2000). Lexikon der Betriebswirtschaft (2.Aufl.). Zürich: Versus Verlag
  • Rosenstiel, L. & Nerdinger, F. (2011). Grundlagen der Organisationspsychologie (7.Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag
  • Scholz, C. (2000). Personalmanagement. München: Vahlen Verlag
  • Witt-Bartsch A. & Becker T. (2013) Coaching im Unternehmen. München: Haufe-Lexwarew Verlag.

Marcel Scheucher

Der Unternehmer Marcel Scheucher ist auch als Dozent an der Swiss Prävensana Akademie tätig und Autor des Fachbuchs mit dem Titel «Erfolgreich durch strategische Positionierung», eine praktische Anleitung am Beispiel der Fitnesscenter.

Das Fachbuch wird im Herbst 2020 im Handel erhältlich sein und richtet sich an Unternehmer und Führungskräfte der Fitnessbranche sowie branchenübergreifend an alle Serviceanbieter.

www.swisspraevensana.ch