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Private Venture Capital als Finanzierungsalternative: Worauf es beim Investor Pitching ankommt

Jeden Monat wollen tausende Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz in die Selbstständigkeit starten. Manche folgen der Familientradition und sollen den elterlichen Betrieb übernehmen, andere werden als Ausweg aus der Arbeitslosigkeit zu Franchisenehmern und versuchen fremde Konzepte zu expandieren und ein grosser Teil möchte aus einer eigenen Vorstellung heraus ein Business entwickeln. So unterschiedlich die Motivationen und Konzepte auch sind, nahezu allen Gründern ist jedoch gemein, dass sie am Anfang nicht ohne fremde Hilfe auskommen. Beratung für Existenzgründer gibt es mittlerweile an jeder Ecke und diese nicht selten sogar unentgeltlich. Was es dagegen für die meisten Entrepreneurs nicht frei Haus gibt, ist das Geld welches für den Auf-, Umbau oder Erhalt einer unternehmerischen Selbstständigkeit benötigt wird. Bei den klassischen Banken bzw. Finanz-instituten bekommen jedoch insbesondere KMU aus der Sport-, Fitness- und Gesundheitsbranche oft kaum die notwendigen Kredite. Aus diesem Grund beginnt der Schritt in die Selbständigkeit zumeist mit der Suche nach alternativen Geldquellen. Von Crowdfunding über spezialisierte Seed- oder Venture-Capital Gesellschaften bis zu privaten Investoren stehen viele Möglichkeiten offen, doch auch hier gibt es für alle Gründer wieder eine Gemeinsamkeit, sie müssen die potenziellen Geldgeber zuerst überzeugen. Doch bei der Frage wovon und wie sie zu überzeugen sind, da scheiden sich die Geister, was sich an der Vielzahl unterschiedlichster Ratgeber erkennen lässt, die über eine Internetsuche zum perfekten Investoren Pitch angezeigt werden. Während etwa in der Deutschen TV-Show «Die Höhle der Löwen» meiner Meinung nach, durch den Bild- und Tonschnitt der Produktionsfirma, die Zuschauer das Bauchgefühl der Investoren als eine dominante Rolle in der Entscheidungsfindung wahrnehmen können, geht es im amerikanischen Äquivalent der Show, schon dem Namen «Shark Tank» nach, viel härter und deutlicher zur Sache, z. B. bei den Fragen und Bewertungen von Kevin O’Leary (alias Mr. Wonderful). Dies ist auch wichtig, denn ein verklärter – mit einer kleinen Idee zum Millionär – Traum sollt so früh wie möglich durch die Realität der finanzmathematischen Business Correctness ersetzt werden. Schliesslich sind es am Ende keine guten Feen, mal abgesehen von den vielen netten Omis die leider zu leichtsinnig ihr mühsam erspartes Geld in ihre Enkelkinder investieren, sondern es sind andere Menschen die ihr Geld geben, damit sie am Ende einen Gewinn erzielen. Es muss daher jedem Entrepreneur zuallererst klar sein, dass investieren das Gegenteil von spenden oder verschenken ist und ein Wirtschaftsunternehmen ohne Ertrag ein garantiertes Pleiteunternehmen sein wird. Wer dieses sogenannte unternehmerische Denken nicht mitbringt, der sollte am besten die Finger von einer Selbstständigkeit lassen und Arbeitnehmer bleiben, wobei jedoch auch viele Firmen heute von den Mitarbeitern zumindest ein Grundverständnis für ein wirtschaftliches Handeln erwarten, d. h. u. a. mit den gegeben Ressourcen oder Budgets sorgsam umzugehen, was wiederum eine Form des unternehmerischen Denkens erfordert.

Wer selbst und ständig Entrepreneur sein möchte, der muss möglichst wie ein Finanzinvestor denken und sein Bauchgefühl feuern (vgl. Herz & Tuma, 2019). Was im Umkehrschluss jedoch nicht bedeutet, dass einzig allein nackte Zahlen oder gar Computer über Investments z. B. in Startups entscheiden sollen, denn «auch Investitionsentscheidungen, die scheinbar so stark von mathematischen Überlegungen geleitet sind, entpuppen sich also bei näherem Hinsehen in der Praxis als eine Mischung von genauer Berechnung mit Hilfe professioneller Instrumente einerseits und Intuition, „Bauchgefühl“ und Erfahrung andererseits.» (Paul, 2015, S. 428-429)

Für diejenigen in denen ein Unternehmerherz schlägt und die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen wollen, folgen nun die aus meiner persönlichen Sicht wichtigsten fünf Aspekte des wovon und wie sie einen Fitness-investor überzeugen können, damit dieser es in Erwägung zieht sein privates Geld in Sie zu investieren.

1. USP

Die Eröffnungsfrage ist bereits die erste Killerfrage. Schaffen Sie es nicht in einem sehr basalen Statement, d.h. möglichst in einem kurzen Hauptsatz bzw. einer maximal 30 Sekunden langen Aussage, die Unique Selling Proposition Ihrer Unternehmung, d. h. Ihr Alleinstellungsmerkmal welches Menschen dazu bewegen soll zu Ihren Kunden zu werden, zu verdeutlichen, dann ist der Pitch bereits am Ende noch bevor er richtig begonnen hat. Der USP soll zudem herausstellen, wie Sie erstens entweder ein weit verbreitetes Problem (besser) lösen, zweitens einen bisher unerfüllten Wunsch einer möglichst enormen Kundengruppe bedienen oder drittens einen notwendigen Bedarf in einem noch unterversorgten Markt effizienter und nachhaltiger decken können. Darüber hinaus ist das Optimum erreicht, wenn der USP auf Ihrem geistigen Eigentum beruht.

2. Warum Entrepreneur

Auf die Frage nach dem Grund weshalb Sie Unternehmer sind bzw. werden wollen, sollten Sie vor allem ehrlich, authentisch und kongruent antworten können. Allgemeine Phrasen oder leere Worthülsen führen bei dieser Frage garantiert nicht nur zu einem schlechten Bauchgefühl sondern mit Sicherheit zum Nein aus Herzens- und Verstandessicht. Einige Investoren wollen hier neben der Motivation vor allem das Herzblut, die Opfer- bzw. den Willen zur Leidensbereitschaft und das Durchsetzungsvermögen bzw. den Kampfgeist erkunden. Mein Augenmerk liegt jedoch auf der intrinsischen Motivation, der (Wieder-)Standhaftigkeit und besonders auf der Ehrbarkeit.

3. Plan C

Wenn Sie in einen Pitch vor Investoren gehen, setzt jeder voraus, dass Sie absolut vorbereitet sind, wozu selbstverständlich die lückenlose Kenntnis Ihres Businessplans, u. a. inklusive Markt-, Standortanalyse, Investitionsplan und Finanzanalyse für die nächsten 3–5 Jahre, sowie der Vertriebs- und Marketingplanung und sämtliche weitere betriebswirtschaftlichen Key Performance Indicators (KPI) gehören. Dies ist Ihr Plan A, d. h. so sieht Ihre hoffentlich realistische Planung aus. Die meisten Gründer, insbesondere die, welche von Unternehmensberatern betreut wurden, haben dann zusätzlich einen alternativen Plan B vorbereitet, der oft auf nicht ganz realistischen und hypothetischen Marktereignissen beruht die als Herausforderungen selbstverständlich gemeistert werden könnten. Mit der Frage nach einem Plan C soll geprüft werden, ob der Gründer wirklich nicht nur seinen Markt, seine Kunden, Vertriebswege, Mitbewerber usw. bis ins kleinste Detail kennt, sondern sich ebenso intensiv in einer Risikoanalyse mit den potenziellen und im allgemeinen häufig auftretenden Unternehmenskrisen beschäftigt und eine Notfallplan vorbereitet hat.

4. Personal & Partner

Der nachhaltige wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens basiert im Wesentlichen auf die Unterstützung seiner Mitarbeiter und Partner. Eine sehr detaillierte Antwort auf die Frage nach der Rekrutierung von Fachkräften und einem Personalentwicklungsplan ist daher ebenfalls eine essenzielle Killerfrage. Es nützt nichts das genialste Produkt zu haben, wenn es keine Fachkräfte gibt, die dieses produzieren und vertreiben können. Bei der Frage nach Partnern möchte ein Investor zudem erkennen können, dass es ein möglichst solides Backup durch strategische und operative Partner oder im besten Fall Support durch ein ganzes Netzwerk gibt.

5. Worst Breakdown Scenario

Diese Frage ist meist sehr unangenehm, doch gilt es hierauf eine den Investor beruhigende Antwort geben zu können. Sie sollten also darauf vorbereit sein, dem Investor glaubhaft machen zu können, wie Sie ihm sein Geld selbst im schlimmsten möglichen Fall zurückzahlen werden. Hier geht es neben der blossen Frage um eine Kreditsicherheit vor allem um die Ehrbarkeit des Gründers, d h. fühlt er sich selbst und einzig verantwortlich das der Investor sein Geld nicht verlieren wird.

Langer Weg zum Geld

Natürlich gibt es im Rahmen einer Due-Diligence-Prüfung (DD) (vgl. Michels, 2007, S. 25) eine ganze Reihe von weiteren sehr intensiven Prüf-ungen. Dabei geht es nicht nur um die Analyse bzw. der Überprüfung im Rahmen des betriebswirtschaftlichen Accountings, sondern es gibt auch eine Prüfung der rechtliche Aspekte als sogenannte Legal Due Diligence (vgl. Ahrnes, 2016, S. 277)

Doch die obigen fünf Stufen sind notwendige Hürden, die erst einmal überwunden werden müssen. Dabei ist der erste Punkt USP die grösste Herausforderung. Alle weiteren Punkte könnten bei sehr grossem Interesse eines Investors kompensiert werden. Zu den Punkten zwei bis vier könnte der Investor die Idee oder die Unternehmung z. B. komplett durch eigenes Führungspersonal und sein Netzwerk entwickeln lassen. Und sollte der USP so durchschlagend sein und einen enormen ROI (Return on Investment) erwarten lassen, kann dies das Risiko rechtfertigen einen Totalverlust der Investition in Kauf zu nehmen und damit Punkt 5 kompensieren.

Fazit

Eine fantastische Idee oder ein grossartiges Produkt bilden zwar den Kern einer Existenzgründung, doch ohne klaren USP sind selbst diese aus wirtschaftlicher Sicht nur für ein privates Hobby und nicht für eine Selbstständigkeit geeignet. Wenn Sie jedoch einen USP haben, der selbst Ihren schärfsten Kritiker zum Kunden machen würde, dann stehe die Chancen gut, dass Sie einen Investor finden, der Ihnen eine Chance geben könnte. Doch Sie sollten dabei unbedingt beachten, dass das wertvollste Asset eines Investors nicht sein Geld oder sein Netzwerk ist, sondern es ist seine persönliche Zeit, sein Wissen und seine Erfahrung. Daher sollten Sie die Chance eines Pitch nicht dadurch verderben, dass Sie nicht ausreichend vorbereitet sind oder nur an Ihre Interessen statt an die des Investors denken. Selbst wenn Sie, Ihre Partner, Berater, Familie, Freunde oder Testkunden noch so überzeugt sind, nur wenn sie der kritischen Prüfung eines erfahrenen Investors standhalten, können Sie wirklich mit grosser Wahrscheinlichkeit in einer erfolgreichen Selbstständigkeit durchstarten.

Quellen:

  • Ahrens S. (2016) Arbeitnehmer und Geistiges Eigentum. In: Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht. FOM-Edition (FOM Hochschule für Oekonomie & Management). Springer Gabler, Wiesbaden. DOI 10.1007/978-3-658-14313-8
  • Herz C. & Tuma T. (2019) Marcel Maschmeyer im Interview „Das Bauchgefühl haben wir gefeuert“. In: Handelblatt. https://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/fonds-etf/marcel-maschmeyer-im-interview-das-bauchgefuehl-haben-wir-gefeuert/24336124.html?ticket=ST-49377904-aTNeSGhP9WULWGXYijKG-ap4 (abgerufen am 5.1.2019).
  • Michels S. (2007) Sanierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren. In: Arlinghaus O. (eds) Praxishandbuch Turnaround Management. Gabler. DOI 10.1007/978-3-8349-9122-5_1
  • Paul J. (2015) Unternehmenspraxis. In: Praxisorientierte Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Springer Gabler, Wiesbaden. DOI 10.1007/978-3-658-07106-6_3

Dr. Kai Pauling 

ist Dozent und unabhängiger Experte für Sport Management und Business Administration, insbesondere Fitness-/Gesundheitsmanagement, Change-/Turnaroundmanagement und Unternehmensführung/Personalentwicklung. Als privater Fitnessinvestor und persönlicher Business Angel unterstützt er Entrepreneurs bei der Realisierung ihrer Geschäftsidee. Gründer*innen im Personal Training, eSports und eFitness, mit Mikrostudio/Boutique-Konzepten, beim Franchiseaufbau sowie aus allen anderen Bereichen des Sport-, Fitness- und Gesundheitsmarktes können ihn gerne persönlich kontaktieren: kai.pauling@sporting-expert.com