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Re-Branding in der Fitnessbranche: Wann ist eine Überarbeitung der Aussendarstellung sinnvoll?

In der deutschen Fitnessbranche gab es im Jahr 2019 insgesamt 4’888 Einzelbetriebe mit einer oder bis zu vier Betriebsstätten (DSSV, 2020). Somit ist die Anzahl der Einzelbetriebe sogar höher als die der Kettenbetriebe und Mikrostudios zusammen (4’781 Betriebe). Einige dieser inhabergeführten Einzelstudios sind schon mehrere Jahrzehnte auf dem Markt und konnten Ihre Position in den letzten Jahren festigen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung hat dafür gesorgt, dass diese Betriebe weiterhin wettbewerbsfähig bleiben. Doch wie sieht es mit der Aussendarstellung und dem Logo aus? Hat sich dieses in den letzten Jahren ebenfalls verändert oder hat es Bestand seit der Unternehmensgründung?

Frag immer erst: Warum

Bevor man in das Thema Re-Branding einsteigt, gilt es sich an den Titel des Buches von Simon Sinek «Frage immer erst: Warum» zu halten. Warum sollte man sich die Arbeit machen alle Printmedien, Online Angebote, Beschilderungen, Teamkleidung usw. anzupassen? Um dieser Frage etwas gezielter auf den Grund gehen zu können, sollte man sich zuerst die Definition des Begriffs Corporate Identity (CI) anschauen.

Die Corporate Identity ist als strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und aussen zu verstehen (Meffert & Burmann, 1996, S. 23 ff.; Birkigt, Stadler & Funck, 2002, S. 20 ff.)

Die CI vereint also alle Grundwerte und sollte kontinuierlich und nachvollziehbar für Mitarbeiter und Kunden sein. Sie ist der Charakter und die Identität des Unternehmens und der Grund warum sich Menschen zu einem Unternehmen hingezogen fühlen. Nicht ohne Grund tätowieren sich viele das Logo von Harley Davidson, aber nur sehr wenige das von der Telekom. Das Corporate Design ist das visuelle Erscheinungsbild des Unternehmens und nur ein Teil der Identität. Wichtig ist, dass das Aussehen zum Charakter passt, aber leider steht das Aussehen bei Unternehmen wie beim Menschen zu häufig im Fokus. Wie schafft man es also das Design an die Grundwerte und Philosophie anzupassen, sodass die Zielgruppe sich angesprochen fühlt?

Ziele und Eigenschaften eines Re-Brandings

Die Ziele und Eigenschaften eines neuen Logos und der dazugehörigen Aussendarstellung gehen Hand in Hand. Das Ziel ist es, die eigenen Unternehmenswerte so darzustellen, dass die Zielgruppe ideal angesprochen wird. In der digitalen Zeit sollte das Logo zusätzlich den Anforderungen des Internets gerecht werden. Das bedeutet zum Beispiel, dass das Logo responsive sein sollte. Im Webdesign bedeutet responsive so viel wie «reagierend». Wenn man eine Website auf dem PC gut lesen kann und diese ansprechend ist, dann sollte diese Website sich ebenfalls auf dem Tablet oder dem Smartphone gut anschauen lassen. Ebenso ist es mit dem Logo. Für das Logo ist es also förderlich, wenn es auch ohne den Slogan oder Schriftzug eine gewisse Aussagekraft mitbringt. In den Social Media Kanälen sind die Logos nicht selten sehr klein und nur in einem Ausschnitt dargestellt.

Möchte man seine Marke festigen oder neu positionieren, spielt das Corporate Design eine wichtige Rolle. Genau hier liegt eine weitere Herausforderung: Viele Betriebe sind bereits am Markt gefestigt und haben viele treue Mitglieder. Ein neues Logo muss also nicht nur einprägsam und wiedererkennbar für Interessenten sein, sondern auch für diejenigen, die das Studio schon seit Jahren kennen. Dabei sollte das Logo so einfach wie möglich und so komplex wie nötig sein. Zusätzlich sollte das Design die Mitarbeiter, Mitglieder und natürlich auch die Inhaber stolz machen. Ganz nach dem Motto: «Schaut mal her, wo ich arbeite/trainiere!».

Beispiele für Re-Brandings

Natürlich gibt es bei den internationalen Grosskonzernen und Tech-Firmen unzählige Beispiele für Re-Brandings. Vielleicht erinnert man sich noch an Zeiten wo der Apfel von Apple in Regenbogenfarben erstrahlte oder als BMW noch mit 3D-Effekten glänzte. Einzelbetriebe in der Fitnessbranche haben allerdings keine Marketingabteilungen mit Spezialisten für Corporate Design. Das Tagesgeschäft und die Weiterentwicklung der Dienstleistung stehen im Fokus und die regionale Bekanntheit ist deutlich wichtiger als internationales Ansehen. Dennoch schauen wir uns als Beispiel einen deutschen Autokonzern und seine Geschichte an.

In der Abbildung ist eine deutliche Veränderung des Logos über die Jahrzehnte zu erkennen. Vom noch politisch geprägten Logo 1937 zum Jahr 1967, als Volkswagen das erste mal Farbe bekannte. Nach ein paar sanften Farbanpassungen folgte in den 2000er Jahren die Phase der 3D-Effekte. Diese findet man in dieser Periode ebenfalls bei Firmen wie BMW oder Apple. Das aktuelle Logo von 2019 ist sehr schlicht gehalten und erinnert mit seiner etwas dünnerer Linienführung wieder an das Jahr 1967.

Natürlich gibt es auch in der Fitnessbranche Beispiele für Re-Brandings. Jeder erinnert sich an das knallige Gelb/Blau und die Banane von McFIT. Damals bekannt als «Die Fitnesshalle für alle» hat sich der Slogan zu «Einfach gut aussehen» geändert. Das mutige Rebranding von Rainer Schaller übernimmt die Farbe Gelb und verbannt das Blau. Das neue Logo erinnert dabei an den Buchstaben «M» und die Form könnte ebenfalls an das alte Logo angelehnt sein.

Mindestens ebenso mutig ist das Re-Branding von Fitness First: Von einer geschwungen Schrift in Blau hin zu einer sehr prägnanten Schrift mit rotem Logo. Es ist davon auszugehen, dass Fitness First nicht nur am Logo, sondern auch an der Positionierung gearbeitet hat und eventuell eine erweiterete Zielgruppe ansprechen möchte. Eingeprägt hat sich für viele aus der Fitnessbranche trotzdem sicherlich das alte Fitness First Logo in blau. Positiv ist, dass das prägnante «F» in rot sicherlich auch ohne den Namen einprägsam und somit responsive ist.

Fazit und Ausblick

Die Unternehmenswerte und die bereits positionierte Marke im neuen frischen Design darzustellen ist eine grosse Herausforderung. Den Wiedererkennungswert bei den loyalen Kunden zu erhalten und trotzdem eine ansprechende Darstellung für Interessenten in einer immer digitaleren Welt zu bieten, ist ebenso anspruchsvoll. Ähnlich wie in anderen Bereichen kann der Studioinhaber oder Marketingverantwortliche kein Experte für Logodesign sein. Aber er kennt die Werte, die Geschichte und den Charakter des Unternehmens. Wenn man diese Dinge an einen erfahrenen Designer vermittelt und sich für den Prozess Zeit nimmt, kann das Unternehmen im neuen Glanz erstrahlen. Ein Gefühl von Aufbruch und Veränderung kann bei Mitarbeitern und Mitgliedern einen Motivationsschub hervorrufen und so das Unternehmen für die Zukunft aufstellen. Wichtig dabei: Am Anfang schon das Ende im Sinn haben. Es sind nicht nur ein paar Flyer, Teamshirts und Teppiche, die ausgetauscht werden müssen. Ein Rundgang durch das eigene Studio gibt einem ein Gefühl dafür, dass ein Re-Branding ein Prozess ist, der Zeit benötigt.

Literaturverzeichnis

  • Birkigt, K.; Stadler, H. J.; Funck, M. M. (2002). Corporate Identity: Grundlagen, Funktionen, Fallbeispiele.
  • DSSV (2020). Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft 2020.
  • Meffert, H.; Burmann, C. (1996). Identitätsorientierte Markenführung: Grundlagen für das Management von Markenportfolios. Münster.

Tobias Thenée

Tobias Thenée hat seinen Master of Business Administration (MBA) an der DHfPG absolviert. Er ist Inhaber des Activ Centrums in Aachen und in Wegberg und befindet sich seit Juli 2020 ebenfalls in der Umsetzung eines Re-Brandings seiner beiden Studios.