Editorial Fitness Tribune – 171
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13. Dezember 2017

Scheitern am eigenen Qualitätsanspruch

Eine erbrachte Leistung, die nicht entsprechend kommuniziert wird, ist ebenso wertlos, wie eine nicht erbrachte Leistung! Zu diesem Satz wird gern genickt, oft jedoch ohne sich über die existenziellen Konsequenzen, die dieser Satz für die Praxis haben kann, auch wirklich im Klaren zu sein. Spielen wir deshalb einmal an einem Beispiel durch, welche praktischen Konsequenzen sich aus diesem Satz ergeben: 

Nehmen wir an, Sie haben ein Top-Res-taurant. Aus diesem Grund kaufen Sie für Ihre Kunden nur erstklassige Produkte ein. In dieser Woche hat Sie der Steinbutt überzeugt und Sie haben nicht geknausert. Ihre Kunden werden begeistert sein! Der Abend kommt und Sie stehen erwartungsvoll in Ihrer Küche. Von dort aus hören Sie, wie Ihre Kollegen vom Service Ihren Kunden die allseits bekannte Frage stellen: „Was darf ich Ihnen bringen?“ Natürlich wird alles bestellt, nur Ihr Fisch nicht. Den können Sie abends in die Tonne treten.

Was für eine Verschwendung! Sie hat der Fisch viel Geld gekostet, und Ihre Kunden kommen nicht in den Genuss Ihrer Delikatesse. Aber nicht nur das: Die hervorragende Qualität Ihrer Speisen kann sich so auch nicht herumsprechen. Unter diesen Umständen hätten Sie den teuren Fisch besser gar nicht erst gekauft.

Erbrachte Leistungen nicht zu kommunizieren gehört zu den Fehlern, die wir machen; die Discounter machen diesen Fehler nicht. Denn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es sicher klüger, nicht kommunizierte Leistungen auch erst gar nicht zu erbringen. Sie kosten viel Geld, das sie nicht wieder erwirtschaften. Auf unser Restaurantbeispiel bezogen heisst das:

Wer seinen Kunden das Beste bieten möchte, es aber nur mangelhaft kommuniziert, der muss sich vorsehen, nicht am eigenen Qualitätsanspruch zu scheitern.

Nun zum Vergleich eine hervorragend kommunizierte Leistung: Ihr Kollege im Service sagt: „Neben der Karte habe ich heute Abend für Fischliebhaber eine besondere Empfehlung. Der Küchenchef hat einen hervorragenden Steinbutt eingekauft. Wenn Fisch also für Sie in Betracht kommt, dann empfehle ich Ihnen heute Abend den Steinbutt. Sollten Sie meiner Empfehlung folgen und sich für den Steinbutt entscheiden, würde ich mich über eine Rückmeldung freuen, ob der Fisch eine gute Empfehlung war.“

Die Wahrscheinlich ist hoch, dass mit dieser Empfehlung der Fisch nicht in der Tonne, sondern im Magen Ihrer Kunden landen wird. Begeistert werden Ihre Kunden aber nicht nur wegen des besonderen kulinarischen Genusses sein, sondern in gleicher Weise auch vom Service. Sie werden über ihr kulinarisches Erlebnis reden, Freunde zu Ihnen einladen, Sie als Geheimtipp feiern, und sie werden beim nächsten Mal die Karte gleich beiseiteschieben und fragen: „Was empfehlen Sie mir denn heute?“

Fazit: Der Erfolg des Restaurants hängt in gleicher Weise von den kulinarischen Künsten des Kochs wie vom geschulten sprachlichen Ausdruck der Kollegen im Service ab. Zwischen Koch und Service gibt es jedoch einen Unterschied mit Folgen: Der Koch arbeitet ständig an der Verbesserung seiner kulinarischen Künste, während der Mitarbeiter im Service oft glaubt, sein sprachlicher Ausdruck sei Teil seiner Persönlichkeit.

Viele Menschen sind mit ihrem sprachlichen Ausdruck identifiziert. Er dient ihnen in der Abgrenzung zu anderen Menschen. Gewohnte Formulierungen aufzugeben bedeutet für sie, sich aufzugeben. Und weil sie ihren sprachlichen Ausdruck auch gleich als Ausdruck ihrer Persönlichkeit sehen, fassen Sie Kritik an ihrem Ausdruck oft auch auf als Kritik an ihrer Person. Das ist schade, denn mit dem Wissen, das der Trainer im Kopf hat, ist es wie mit dem Fisch, der nicht auf den Teller kommt: Für den Kunden erbringt es keinen Nutzen!

Jeder Trainer sollte sich im Klaren darüber sein, dass er kein Therapeut ist und es handelt sich bei der Trainertätigkeit auch um keinen Pflegeberuf. Der Trainer ist in seiner Funktion Lehrer und die Leistung des Lehrers ist die Kommunikation. Das heisst: Ein Lehrer wird nicht gemessen an seinem Wissen, sondern nur an dem, was er von seinem Wissen zu vermitteln in der Lage ist. Dementsprechend sollte der Trainer nicht allein an seinem Fachwissen arbeiten, sondern vor allem an seinem sprachlichen Ausdruck.

Andreas Bredenkamp

Jahrgang 1959

Studierte Germanistik und Sport, Autor des Buches „Erfolgreich trainieren“ und des „Fitnessführerscheins“