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Wie geht es der Fitnessbranche seit Corona?

Von Roger Gestach

Ich habe in den vergangenen Wochen sehr viele Telefonate mit Fitnesscentern und auch der Fitness-Industrie geführt. Dabei war meine Frage stets dieselbe: «Wie hat euch die Krise tangiert?» Die Antworten die ich bekommen habe, waren äusserst unterschiedlich.

Fitness-Industrie

In und um die Fitness-Industrie zeigt sich ein durchzogenes Bild. Bei den einen ist die Erholung bis jetzt noch nicht genügend eingetroffen, die Auftragseingänge sind noch immer dürftig. Andere hingegen waren und sind sehr gut ausgelastet, zum Beispiel IT-Dienstleister und Inneneinrichter. Dies daher, weil einige Center die Zeit während des Lockdowns genutzt haben, um einige Installationen, Updates, kleine Renovationen oder Neuanschaffungen vorzuziehen. Was mich für die Fitness-Industrie zuversichtlich stimmt ist, dass auch bei Firmen, die Kurzarbeit hatten und die wenig Arbeit verrichten konnten, es mittlerweile wieder anzieht und Anfragen für neue Aufträge eingehen.

Die Ausbildungs-Institute haben die Chance genutzt und zahlreiche Online-Angebote entwickelt und ihren Präsenzunterricht in die neue Welt gebracht. So ein Wandel in Richtung Digitalisierung hätte unter normalen Umständen wesentlich länger gedauert.

Fitnesscenter

Auch bei den Fitnesscentern ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Generell kann man sagen, dass Discounter aber auch Center deren Publikum eher jünger ist und auch Center welche auf Kraftsport ausgerichtet sind, nicht so hart von der Krise getroffen wurden. In diesen Centern kommen aktuell trotz Sommer wieder Neukunden und sie machen Abschlüsse, welche teilweise ähnlich hoch wie im Vorjahr oder sogar leicht höher sind. Die Verluste während des Lockdowns können dadurch zwar nicht ganz, aber wenigstens ein wenig aufgeholt werden. Die Besucherfrequenzen in den Monaten Juni und Juli liegen hier sogar teilweise höher als im Vergleich zum Vorjahr in der gleichen Periode. Dies steht sicherlich auch im Zusammenhang, dass die Reisefreiheit nach wie vor stark eingeschränkt ist und viele im eigenen Land ihre Ferien verbringen. Nicht zu vergessen, dass einige die zweimonatige Trainings-Zwangspause kompensieren wollen.

Ganz anders sieht es bei Fitnesscentern aus, welche Richtung Gesundheit positioniert sind und deren Zielgruppen ältere Leute, Hausfrauen, Businessleute, Freizeitsportler sind. Hier werden zurzeit leider immer noch wenig Neuabschlüsse realisiert und die Zahlen befinden sich deutlich hinter denen des Vorjahres. Aber auch die bestehenden Kunden sind noch nicht vollständig zurückgekehrt. Die Besucherfrequenzen sind immer noch erst bei 60 bis 70 Prozent gegenüber Vorjahr. Leider gab es auch einige Fitnesscenter, welche die Krise nicht überstanden haben. Prominente Schliessungen in der Schweiz waren die Arena in Bern, das Nordfit in Zürich oder das Indigo in Luzern.

Online Training und Revival der Printmedien

Online Training erlebte einen regelrechten Boom! Was früher oft belächelt wurde, war während des Lockdowns die Alternative und hat sich so schnell etabliert, sodass viele Center es jetzt auch weiterhin anbieten, die einen kostenlos, andere haben sogar ein reines Online-Abo lanciert.

Was mich natürlich freut ist, dass die Printmedien dank Corona so beliebt sind, wie seit vielen Jahren nicht mehr. Zeitungen und Magazine erleben zurzeit ein richtiges Revival, was wir im Team der FITNESS TRIBUNE auch deutlich spüren.

Ländervergleich

Im Vergleich mit Deutschland und Österreich sind wohl die Schweizer bisher «am besten» durch die Krise gekommen. Einerseits konnten die Center in der Eidgenossenschaft am schnellsten wieder öffnen und anderseits ist Cash ja bekanntlich «King»! Hier hatten die Schweizer Fitnesscenter riesiges Glück, da das Jahresabo fast immer ein Jahr im Voraus bezahlt wird und im März die Kriegs-Kassen voll sind und die Center über eine gute Liquidität verfügten. Was in der Schweiz auch sehr gut funktioniert hat, war die rasche und unkomplizierte Auszahlung der Covid-Kredite. Die Unternehmungen erhielten das Geld innert wenigen Tagen und äusserst unbürokratisch. Hier hörte ich von Kollegen aus Österreich, dass, um die Staatshilfe zu erhalten, es ein langer Weg und dieser mit einem grossen Papierkrieg verbunden war.

Systemrelevant

Die Krise ist definitiv noch nicht vorbei. Kommt die zweite Welle oder kommt sie nicht? Der US-Bundesstaat Florida scheint die Relevanz der Fitnesscentren erkannt zu haben. Der Gouverneur Ron DeSantis hat unlängst bekannt gegeben, dass er keine Fitnesscenter mehr schliessen werde, denn die Menschen, die in Fitnesscenter gehen, seien «in guter Form» und besser geschützt bei einer Corona-Ansteckung. Leider sind wir noch nicht soweit wie in Florida. Fitness ist heute sicher anerkannter als noch als vor einigen Jahren, wir sind aber weit davon entfernt, systemrelevant zu sein. Die Wichtigkeit des Muskeltrainings und das Alleinstellungsmerkmal des Gerätetrainings ist noch nicht angekommen! 

Positives zum Schluss

Laut einer norwegischen Studie sind Fitnesscenter keine Corona-Infektionsherde. Lise Helsingen und ihre Mitarbeiter von der Universität Oslo konzipierten diesbezüglich eine randomisierte Studie. Im Fokus stand dabei die Übertragung des Sars-CoV-2-Virus in Fitnessstudios. Dazu hat man für ausgewählte Probanden extra eine Handvoll Studios geöffnet, die ansonsten wegen des auch in Norwegen durchgesetzten Lockdowns geschlossen waren. Insgesamt nahmen 3’754 Personen an dem Experiment teil – darunter 1’929 Frauen und 1’835 Männer, aufgeteilt in eine Versuchs- und Kontrollgruppe.

1’896 Erwachsenen aus der Versuchsgruppe wurde der Zutritt zum Training erlaubt. Voraussetzung: Das Alter der Probanden lag zwischen 18 und 64 Jahren und es duften keine Vorerkrankungen vorliegen. Des Weiteren mussten die Probanden beim Trainieren bestimmte Vorsichtsmassnahmen beachten. So galt natürlich auch in Oslo das Gebot des Social Distancing. Heisst: Die Besucher mussten einen Mindestabstand von einem Meter einhalten, bei intensiveren Übungen war der Abstand zu verdoppeln. Begrüssungen per Handschlag waren verboten. Darüber hinaus mussten die Probanden alle Geräte nach der Nutzung mit Desinfektionsmittel reinigen.

Nach der dreiwöchigen Studie waren 81,8 % der Besucher wenigstens einmal die Woche beim Training. Ein Drittel der Probanden suchte das Studio mindestens sechs Mal die Woche auf. 88,7 % Probanden der Versuchsgruppe und 71,4 % der Kontrollgruppe führten im Anschluss einen Test auf eine Sars-CoV-2-Infektion durch. Lediglich einem Teilnehmer wurde eine Infektion nachgewiesen. Dieser war zwar Teilnehmer der Versuchsgruppe, jedoch kein einziges Mal beim Training. Die Ansteckung erfolgte wohl am Arbeitsplatz.

Vielleicht wäre diese Studie auch etwas, was Sie Ihren Mitglieder kommunizieren könnten.

Die Fitnessbranche wird mittel- und langfristig zu den grossen Gewinnern der Corona-Krise zählen, da es nichts Besseres gibt, als Muskeltraining zur Stärkung unseres Immunsystems!