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Wie sieht unsere Zukunft aus?

Wie sieht unsere Gesellschaft in der Welt von morgen aus und wie verändert sich der Mensch? Diesen spannenden Fragen widmet sich Georges T. Roos. Der Zukunftsforscher wirft einen objektiven Blick auf die Megatrends der Zukunft und zeigt, welche Auswirkungen diese auf die Unternehmenswelt von morgen haben.

Unsere Gesellschaft wird älter und wir verlassen uns immer mehr auf künstliche Intelligenz und moderne medizinische Implantate. Seit fast 20 Jahren beschäftigt sich der Zukunftsforscher Georges T. Roos mit den Chancen und Herausforderungen der Zukunft. Er leitet sein eigenes Forschungsinstitut und ist Gründer des “European Futurists Club Lucerne” und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Vereinigung für Zukunftsforschung “swissfuture“.

Roger Gestach sprach mit Georges T. Roos über unsere Zukunft:

RG: Herr Roos, wie wird man Zukunftsforscher?

GR: Ich habe Pädagogik, Publizistik und Psychologie studiert und arbeitete als Journalist und Redaktionsleiter sowie Mitglied der Geschäftsleitung am Gottlieb Duttweiler Institut. Seit 2000, also beinahe seit 20 Jahren, analysiere ich die treibenden Kräfte des gesellschaftlichen Wandels in meinem privat finanzierten Zukunftsinstitut in Luzern. Heute kann man Zukunftsforschung studieren, zwar nicht in der Schweiz, damals aber gab es einen solches Studium noch nicht.

RG: Wie wird die Zukunft? Ist die Welt schlechter als früher?

GR: Alles ist in Bewegung. Die Welt wird nie nur schlechter, aber auch nie nur besser. Grundsätzlich geht es uns aber in vielen Aspekten besser als früheren Generationen. Vor 60 Jahren lag die globale Lebenserwartung bei 47 Jahren, heute bei über 70. Vor 40 Jahren lebte ein Drittel der Weltbevölkerung in extremer Armut, heute sind es weniger als zehn Prozent, obwohl die Bevölkerung gleichzeitig enorm gewachsen ist. Das Risiko an einem Gewaltverbrechen, im Krieg oder bei einer Naturkatastrophe zu sterben, war noch nie so klein wie heute. Wir leben länger, haben eine bessere medizinische Versorgung und es gab noch nie so wenig Verkehrstote wie heute.

RG: Dann ist also alles gut in unserer Welt?

GR: Selbstverständlich nicht. Auch wir stehen vor grossen Herausforderungen wie zum Beispiel dem Klimawandel. Der ökologische Fussabdruck der westlichen Welt ist viel zu gross und der Klimawandel wird uns vor sehr grosse Herausforderungen stellen.

RG: Ist die Zukunft veränderbar oder passiert sie einfach?

GR: Wir können die Zukunft mitgestalten. Die Megatrends kommen zwar zwangsläufig, aber wir können Leitplanken setzten, damit sie sich eher positiv auswirken.

RG: Wie sieht es mit unserer Lebens-erwartung aus?

GR: Bis ins Jahr 2040 steigt die Lebenserwartung in der Schweiz um fünf Jahre. Von den Kindern die heute geboren werden, wird ein Fünftel über 100 Jahre alt. Es wird normal sein, dass man Urgrosseltern wird. Durchschnittlich sind die Lebenserwartungen weltweit am Steigen. Es gibt Ausnahmen, beispielsweise sinkt die Lebenserwartung von Männern in Russland. Man geht davon aus, dass dies ihrem ungesunden Lebensstil zu verdanken ist.

RG: Man hört aber doch immer wieder, dass wir die erste Generation sein werden, in der es öfters vorkommen wird, dass die Kinder vor den Eltern sterben. Dies unter anderem auch wegen ungesundem Lebensstil unserer Kinder, z. B. zu wenig Bewegung und zu viel am Telefon. Stimmen solche Behauptungen nicht?

GR: Diese stimmen tatsächlich nicht. Es gibt absolut keine Indikatoren dafür, dass unsere Kinder vor uns sterben. Es gibt also keinen Rückgang der Lebenserwartung, im Gegenteil. Klar gibt es viel mehr Krebs als früher, dies aber in erster Linie deshalb, weil wir so alt werden. 

RG: Werden die Bevölkerungszahlen im deutschsprachigen Raum weiter wachsen?

GR: Die Schweiz wird in den nächsten 20 Jahren über 10 Millionen Einwohner haben. Auch Österreich wird weiter wachsen. In Deutschland hingegen gehen wir eher von sinkenden Bevölkerungszahlen aus.

RG: Die Gesundheitskosten werden jedes Jahr teurer. Der Private muss jedes Jahr mehr Krankenkassenprämie bezahlen, geht dies auf zukünftig so weiter?

GR: Es ist leider davon auszugehen, dass dies auch weiterhin so sein wird. Dies hat mehrere Gründe: Wir werden immer älter, der Anteil älterer Leute steigt. Der medizinische Fortschritt geht aber auch immer weiter, damit steigen die Ansprüche. Zudem hat der Mensch heute viel weniger Leidensbereitschaft. Wenn wir krank sind, wollen wir eine schnellstmögliche Heilung. Wir wollen möglichst schnell wieder leistungsfähig sein. Alter, Leistungsfähigkeit und der medizinische Fortschritt sind die grossen Kostentreiber im Gesundheitswesen.

RG: Unser Gesundheitswesen wird sich verändern. Womit ist zu rechnen?

GR: Einerseits kommt eine technologische Autonomisierung. Dank künstlicher Intelligenz werden immer mehr Roboter Aufgabe im Gesundheitsbereich übernehmen. Anderseits sind wir gerade daran, mit der Biotransformation ein Upgrade für den Menschen zu schaffen und werden so aktiv in die Evolution eingreifen. Die neuen Möglichkeiten, etwa des genetischen Editierens wirft viele ethische Fragen auf. Aus meiner Sicht sollten wir das Gute dieser neuen Möglichkeiten ausschöpfen, um schlimme Krankheiten zu verhindern, aber es darf nicht sein, dass wir zukünftig „Super-Menschen“ züchten.

RG: Wird es also dank diesen neuen medizinischen Errungenschaften irgendwann keine Krankheiten mehr geben?

GR: Ich bin überzeugt, dass wir für viele Krankheiten, für welches es heute noch keine Therapie gibt, zukünftig medizinische Lösungen anbieten können. An die Unsterblichkeit glaube ich aber nicht. Die Natur wird immer einen Weg finden, dass unser Leben irgendwann zu Ende geht.

RG: Welche Rolle spielt die Prävention zukünftig?

GR: Die Prävention wird zukünftig einen viel wichtigeren Stellenwert als heute einnehmen. Im Moment geben wir nur einen Bruchteil der Gesundheitskosten für Prävention aus. Wir sind medizinisch gesehen immer noch im Zeitalter der „Reparatur-Medizin“ und wir werden zukünftig ist Zeitalter der „Gesundheitserhaltung“ übergehen.

RG: Wie wird die Digitalisierung das Gesundheitswesen beeinflussen?

GR: Dies wird einen grossen Einfluss haben. Die Daten über unsere Gesundheit werden zunehmen. Unsere Forschung ist angewiesen auf diese Daten. Produkte wie z. B. die Apple Watch werden immer besser und Self-Tracking ist ein Thema. Ich stelle mir vor, dass wir schon in wenigen Jahren dank künstlicher Intelligenz einen Smart Doktor auf unserem Handy haben. Dieses Tool kombiniert Beschwerden mit Vitaldaten und kann mir dann auf Basis dieser Daten relativ zuverlässig sagen, ob ich zum Arzt muss oder nicht. Es stellt sich hier die Frage: Wo sind meine Daten? Firmen, welche über grosse Datenmengen verfügen, wie Apple, Google oder Facebook, werden zukünftig noch viel mächtiger sein, als sie heute schon sind.

RG: Welche Zukunft sagen Sie der Fitnessbranche voraus?

GR: Es gibt heute keine Indikatoren, dass der Trend Fitness zurückgehen wird. Im Gegenteil: Fitness ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt. Vor allem bei den „jungen“ Senioren sehe ich das grösste Potential für die Branche.

RG: Was müsste passieren, damit die Nachfrage für Fitness sinkt?

GR: Wenn der Mittelstand einen Wohlstandsverlust hätte, würde dies natürlich auch Auswirkungen auf die Fitnessbranche haben. Dazu sehe ich aber im Moment keine Tendenzen.

RG: Zurzeit herrscht in der Fitnessbranche ein erbitterter Konkurrenzkampf. Gemäss Ihren Prognosen wächst die Fitnessbranche weiterhin, die Leute werden älter und wir haben auch ein Bevölkerungswachstum. Das würde ja bedeuten, dass wieder goldene Zeiten auf die Fitnessbranche zu kommen werden?

GR: Grundsätzlich ja, man muss aber Folgendes berücksichtigen: Eine positive Vorhersage einer Branche bedeutet nicht gleichzeitig, dass alle Anbieter dieser Branche profitieren werden. Oder anders ausgedrückt: Fitness boomt weiter, aber welches Geschäftsmodell der Gewinner der Zukunft ist, bleibt offen. Man muss sich deshalb als Betreiber einer Firma permanent hinterfragen, ob das aktuelle Geschäftsmodell auch zukunftstauglich ist.

RG: Viele der neuen Fitnesscenter, die in den letzten Jahren entstanden sind, sind Discounter. Wird der Discount weiter wachsen?

GR: Was ich sicher sagen kann, ist, dass es keine Indikatoren gibt, dass der Discount zurückgehen wird. Es hat in der Gesellschaft ein Wertewandel stattgefunden. Selbst der Millionär kauft heute beim Discounter ein. Es hat absolut nichts Anrüchiges mehr, bei einem Discounter einzukaufen. Von daher ist auch in der Fitnessbranche nicht davon auszugehen, dass Discount verschwinden wird.

RG: Können Sie unseren Fitnessbetreibern zum Schluss noch ein Tipp für die Zukunft geben?

GR: Die Digitalisierung wird auch die Fitnessbranche erfassen und verändern. Die Rolle des klassischen Fitness-trainers wird sich dadurch ebenfalls verändern und die Rolle des Menschen wird eine andere werden. Ich denke der Fitnesstrainer wird deshalb zukünftig mehr der Motivator und persönliche Gesprächspartner der Kunden sein, als der Geräteeinweiser.

RG: Herr Roos, ganz herzlichen Dank für diesen Ausblick in die Zukunft.