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Konzept zur Trainingsprogrammgestaltung

Kernkompetenz: Trainingsprogramme erstellen

Ein wesentlicher Beitrag für die wahrgenommene Servicequalität in den Fitnesscentern wird durch die Trainerqualität geleistet (Herrán & Villavicencio, 2023). Diese Qualität zeigt sich insbesondere durch die Fähigkeit des Trainerpersonals, für Mitglieder adressatengerechte Trainingsprogramme zu erstellen. Wie kann ein Grundkonzept zur Erstellung von Trainingsprogrammen diese Kernkompetenz unterstützen?

Ein Blick auf die breite Kompetenzpalette des Berufsbildes «Fitnesstrainer» zeigt die Erstellung von adressatengerechten Trainingsprogrammen als eine der wesentlichen Kernkompetenzen (OdA, 2011). Nur selten findet sich dagegen sowohl in der gängigen Fachliteratur als auch in den Fitnesscentern eine erkennbare Grundstruktur bei der Zusammenstellung von Trainingsübungen.

Dies liegt mitunter darin begründet, dass bei der Auswahl von Trainingsübungen eine Orientierung an den individuellen Ausgangsvoraussetzungen des Mitgliedes im Zentrum steht. Zu diesen Ausgangsvoraussetzungen zählen Kriterien wie das Trainingsziel des Mitgliedes, dessen Erfahrungsstufe, der Leistungs- und Gesundheitslevel, das Zeitbudget des Mitgliedes und einige mehr (Stemper & Grubendorfer, 2011). Neben diesen kundenspezifischen Ausgangsvoraussetzungen sind weitere Kriterien wie die Trainingsphilosophie der einzelnen Fitnesscenter und die Auswahl der damit zur Verfügung stehenden Trainingsmittel zu beachten.

Ein Grundkonzept mit Anlehnung an die Trainingsphilosophie eines Fitnesscenters bringt dem Trainerpersonal sowohl mehr Sicherheit als auch eine höhere zeitliche Effizienz bei der Erstellung von individuellen und variablen Trainingsprogrammen. Mit der Idee «Grundkonzept für eine Übungsauswahl» im Rahmen einer Erstellung von Trainingsprogrammen ist keineswegs eine vereinheitlichte Übungsauswahl nach dem Motto «Für alle das Gleiche» gemeint, sondern dieses Grundkonzept ist als eine für das Trainerpersonal und auch für das Mitglied wiedererkennbare Grundidee mit individueller Ausprägung zu verstehen.

Fehlt eine Trainingsphilosophie oder eine Grundkonzeption, orientiert sich das Fitnesspersonal an den eigenen Vorlieben, eigenen Erfahrungen oder dem in Ausbildungen Erlernten. Je nach Ausbildungshintergrund führt dies in der Regel zu einer geringeren Transparenz für das Mitglied. Um dem Bewusstsein für eine hohe Qualität und Verantwortung gerecht zu werden, besteht die Notwendigkeit nach einem einheitlichen Vorgehen bei der Auswahl der Trainingsübungen.

Die Erarbeitung eines Konzeptes für eine unternehmensspezifische Trainingsphilosophie bezüglich Übungsauswahl beim Krafttraining benötigt eine Grundidee. Die Grundidee für ein adressatengerechtes Trainingsprogramm sollte den Anspruch erfüllen, dass die Zusammenstellung der Übungen den ganzen Körper beansprucht. Ob dies wie beim Organisationssystem Ganzkörpertraining (vgl. Abb. 1) in einer Trainingseinheit oder wie beim Splittraining in mehreren Trainingseinheiten erfolgt, hängt von verschiedenen Kriterien ab und kann schon ein Teil der Trainingsphilosophie des Fitnesscenters sein.

Grundidee auf Basis der Funktionskreise (FK) nach Knebel, Herbeck und Groos (1985)

Bei diesem Konzept werden bei der Auswahl der Trainingsübungen die jeweiligen Hauptbewegungen in den Funktionskreisen II, III und IV als Basisübungen gewählt:

  • Funktionskreis II (Rumpf): Beugung und Streckung der Wirbelsäule
  • Funktionskreis III (untere Extremitäten): Beugung und Streckung des Kniegelenks
  • Funktionskreis IV (obere Extremitäten): Stoss- und Zugbewegung

Mit diesen Übungen der Basisbewegungen wäre ein Ganzkörpertraining erstellt. Trotz dieser Begrenzung auf die Hauptbewegungen der Funktionskreise bietet die grosse Auswahl der dafür einsetzbaren Übungen (vgl. Tab. 1) die Möglichkeit, ein individuelles und adressatengerechtes Trainingsprogramm zu erstellen.

Die Übungen für die Basisbewegungen können zusätzlich mit zwei bis sechs Trainingsübungen individuell erweitert werden. Diese zwei bis sechs Übungen werden bei Mitgliedern ohne Einschränkungen aus deren Wunschbereich, z. B. «Welche Körperpartie ist dir besonders wichtig?», ergänzt.

Besteht ein Grundkonzept, kann schnell und einfach bei gleichbleibendem Trainingsziel des Mitgliedes durch Austausch bis zur Hälfte der bisherigen Übungen ein neues Trainingsprogramm erstellt werden. Bei der Neugestaltung des Trainingsprogrammes werden Trainingsübungen ausgetauscht und die Basisbewegungen in den Gelenken der Funktionskreise II bis IV beibehalten. Zusätzliche Variation bringt der Einsatz von verschiedenen Übungs- wie auch Widerstandsarten (Abb. 1).

Ein einfaches Beispiel für eine fitnessorientierte Kundin ohne Einschränkungen auf Erfahrungsstufe «Orientierung» und «Einsteigerin» soll dies verdeutlichen (vgl. Tab. 2).

Bei Mitgliedern mit einer Einschränkung wird mit der Auswahl der ergänzenden Trainingsübungen positiver Einfluss auf das Beschwerdebild genommen, z. B. bei Rückenbeschwerden zusätzliche Trainingsübungen für den Rumpf.

Zur Verdeutlichung soll auch hier ein einfaches Beispiel für einen gesundheitsorientierten Kunden mit Einschränkungen im Bereich Rücken/Wirbelsäule auf Erfahrungsstufe «Orientierung » und «Einsteiger» dienen. Dieses wird in Tabelle 3 abgebildet.

Werden die jeweils ausgewählten Trainingsübungen mit der passenden Trainingsmethode (Abb. 1) kombiniert, steht einer individuellen, adressatengerechten und zielgerichteten Gestaltung des Trainingsprogramms nichts im Wege.

Das Mitglied erkennt jederzeit eine auf sich ausgerichtete Struktur. Es versteht das eigene Tun und ist motiviert, dies umzusetzen.

Fazit

Ein Grundkonzept in der Trainingsphilosophie eines Fitnesscenters liefert nicht nur für das Fitnesscenter (z. B. als Qualitätsmerkmal) und das Fitnesspersonal (z. B. Optimierung der Kernkompetenz) Vorteile, sondern auch für die Mitglieder (z. B. Zielerreichung und Motivation). Es stellt somit eine Win-win-win-Situation dar.

Karsten Hübner
Karsten Hübner, Diplom-Sportlehrer, ist seit 1997 Dozent, Autor und Entwickler bei der SAFS. Zudem ist er Fitness Instruktor mit eidg. Fachausweis, SFV Fussball-, Futsal- und Athletiktrainer sowie Erwachsenenbildner mit eidg. Fachausweis. Er ist seit über 35 Jahren in der Fitnessbranche tätig.
www.safs.com

Literaturliste

Herrán, J. M. R. & Villavicencio, V. A. O. (2023). Quality of service in gyms – fitness centers: literature review. The Intercontinental Journal of Sport Management (Revista Intercontinental de Gestão Desportiva – RIGD), 13 (3), e110.

OdA Bewegung und Gesundheit – Bildungsplan Berufslehre Fachfrau/Fachmann Bewegungs-und Gesundheitsförderung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (2011); Zugriff am 04.01.2024. Verfügbar unter https://www.bewegung-und-gesundheit.ch

Knebel, K.-P., Herbeck, B. & Groos, E. (1985). Funktionsgymnastik Dehnen, Kräftigen, Entspannen. Reinbek: Rowohlt.

Stemper, T., & Grubendorfer, T. (2011). Trainingsplangestaltung im Fitnessstudio. Ausgewählte Managementprobleme in Fitnessstudios, 51–65.

Dienstag, 12. März 2024