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Alternative Steuerung des Ausdauertrainings

Trainingssteuerung über den Kohlenhydratverbrauch

Die Berücksichtigung des Kohlenhydratverbrauchs stellt eine sinnvolle Herangehensweise zur Steuerung des Ausdauertrainings dar. Da die Verfügbarkeit von Kohlenhydraten die Ausdauerleistung beeinflussen kann, sollte diesem Ansatz insbesondere im leistungsorientierten Training Beachtung geschenkt werden.

Kohlenhydrate spielen eine entscheidende Rolle im Sport und sind eine wichtige Energiequelle für den Körper. Sie stellen Glykogen bereit, das in den Muskeln und in der Leber gespeichert und während des Trainings oder Wettkampfs als Treibstoff verwendet wird. Insbesondere im zyklischen Ausdauersport ab einer Belastungsdauer von 90 Minuten kann es sinnvoll sein, das Training basierend auf dem Kohlenhydratverbrauch zu steuern.

Schnelle Energiebereitstellung durch Kohlenhydrate

Kohlenhydrate sind die bevorzugte Energiequelle für den Körper, insbesondere während intensiver körperlicher Aktivität. Durch den Abbau von Kohlenhydraten werden Glukosemoleküle freigesetzt, die dann in den Muskeln verbrannt werden, um Energie zu liefern.

Insbesondere bei länger anhaltenden Belastungen spielt die Kohlenhydratzufuhr eine entscheidende Rolle, um die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit zu gewährleisten (Jeukendrup, 2004). Wenn die Glykogenspeicher in den Muskeln erschöpft sind und der Blutzuckerspiegel abfällt, führt dies zu Müdigkeit, Erschöpfung und einem Leistungsabfall, auch bekannt als Hungerast. Eine ausreichende Zufuhr von Kohlenhydraten kann den Blutzuckerspiegel stabilisieren und die Ausdauerleistungsfähigkeit erhöhen (Burke, Hawley, Wong & Jeukendrup, 2011). Im Vergleich zu Fetten und Proteinen können Kohlenhydrate schneller vom Körper abgebaut werden, um Energie bereitzustellen. Dies ist besonders wichtig bei intensiven Bewegungsformen, die mit einem relativ hohen Energiebedarf über einen kurzen Zeitraum einhergehen. Allerdings trägt Glukose auch bei länger anhaltenden Belastungen – wie Dauerläufen oder Rad- fahren – entscheidend zur Energiebereitstellung bei.

Messung des Kohlenhydratverbrauchs

Generell hängt die Menge an verbrauchten Kohlenhydraten vor allem von der Belastungsintensität ab. Der individuelle Kohlenhydratverbrauch jedes Athleten und jeder Athletin ist jedoch abhängig von verschiedenen weiteren Faktoren, wie Körperzusammensetzung, Trainingszustand, Ernährungsgewohnheiten, Stoffwechselrate, Alter und Geschlecht. Daher erfordert die Trainingssteuerung eine individualisierte Herangehensweise.

Es gibt verschiedene Methoden, um den Kohlenhydratverbrauch zu messen. Eine gängige Methode ist die Bestimmung des Respiratorischen Quotienten (RQ), der das Verhältnis von ausgeatmeter Kohlendioxidmenge zu aufgenommener Sauerstoffmenge angibt. Ein höherer RQ-Wert deutet auf einen höheren Kohlenhydratverbrauch hin (Friedmann-Bette, 2011). Durch eine entsprechende Atemgasanalyse kann ein metabolisches Profil erstellt werden, das den Kohlenhydratverbrauch des Athleten oder der Athletin bei verschiedenen Belastungsintensitäten aufzeigt.

Bei der Trainingssteuerung ist es zudem wichtig, die Sportart zu berücksichtigen. Auch die Diagnostik sollte sportartspezifisch durchgeführt werden, da die Anforderungen an den Kohlenhydratverbrauch je nach Sportart unterschiedlich sind. Es ist wenig sinnvoll, den Kohlenhydratverbrauch beim Radfahren zu messen und daraus den Verbrauch beim Laufen abzuleiten, da Laufen und Radfahren unterschiedliche biomechanische Voraussetzungen haben.

Ein Beispiel: Die Diagnostik eines Ironman-Athleten ergab einen Kohlenhydratverbrauch von 295 g/h bei einer Leistung von 318 Watt auf dem Fahrrad. Abhängig von der Fähigkeit des Athleten, Glykogen in Muskeln und Leber zu speichern, könnte er etwa 65 bis 90 Minuten bei dieser konstanten Leistung von 318 Watt fahren, bevor seine Glykogenspeicher erschöpft wären und es zu einem Leistungseinbruch käme. Die Grafik (vgl. Abb. 1) zeigt die Fettverbrennung (grüne Kurve) in Kilokalorien pro Stunde auf der linken y-Achse. Die rote Kurve zeigt die Kohlenhydratverbrennung in Kilokalorien pro Stunde (linke y-Achse) sowie in Gramm pro Stunde (rechte y-Achse). Die grüne Fläche markiert den Intensitätsbereich der maximalen Fettverbrennung (FatMax) ± 5 Prozent. Der orangefarbene Bereich kennzeichnet die maximale Aufnahme von Kohlenhydraten durch Nahrung von 60 bis 90 g/h.

Bedeutung für die Ausdauerleistung

Der Kohlenhydratverbrauch spielt eine wichtige Rolle bei der Leistungsfähigkeit und Ausdauer eines Athleten. Je intensiver die Belastung, desto mehr Kohlenhydrate werden vom Körper als Energiequelle benötigt. Bei Belastungen über dem Laktat-Steady-State erhöht sich die anaerobe Energiebereitstellung, was bedeutet, dass der Körper vermehrt auf Kohlenhydrate angewiesen ist, um ATP zu produzieren. Der aerobe Stoffwechsel kann das produzierte Laktat nicht schnell genug abbauen, wodurch der Körper verstärkt auf die anaerobe Glykolyse zur Energiegewinnung zurückgreift. Dies führt zu einem erhöhten Bedarf an Kohlenhydraten, um die erforderliche Energie für eine höhere Leistung bereitzustellen.

Insbesondere bei mehrstündigen Belastungen (wie z. B. einem Ironman) stellt der individuelle Kohlenhydratverbrauch einen entscheidenden Faktor dar. Übersteigt die Intensität über einen längeren Zeitraum eine bestimmte Wattzahl, kann es zu einer frühzeitigen Kohlenhydratverarmung (Hypoglykämie) kommen, die zu einem Leistungseinbruch führt. Während der Belastung können zwar auch Kohlenhydrate konsumiert werden, allerdings liegt die maximale Kohlenhydrataufnahme während einer Belastung bei ca. 90 g/h. Daher ist es ratsam, für den Wettkampf eine Belastungsintensität zu wählen, die einen Kohlenhydratverbrauch von 90 g/h nicht überschreitet. (Pfeiffer, Stellingwerff, Zaltas, Hodgson & Jeukendrup, 2011). In der modernen Trainingssteuerung werden die Grundlagenintensitäten (GA1 und GA2) oft basierend auf dem Kohlenhydratverbrauch berechnet und festgelegt.

Leistungssteuerung anhand des Kohlenhydratverbrauchs

Ein metabolisches Profil ermöglicht auch die Berechnung des Kohlenhydratverbrauchs während bestimmter erbrachter Leistungen (Colombani & Ballmer, 2009). Anhand dieser Informationen kann der Athlet seine Energiezufuhr planen, um sicherzustellen, dass er während des Trainings und Wettkampfs ausreichend mit Kohlenhydraten versorgt ist. Dies ist besonders wichtig, wenn die Energiezufuhr begrenzt ist und der Athlet bereits einen erheblichen Energieverbrauch aufweist. Durch eine effektive Steuerung des Trainingsprozesses über den Kohlenhydratverbrauch kann die Leistungsfähigkeit optimiert und ein Leistungseinbruch vermieden werden. Es ist zu beachten, dass die genauen Werte für den Kohlenhydratverbrauch und die individuellen Bedürfnisse von Athlet zu Athlet variieren können. Eine individuelle Diagnostik und Beratung durch Expertinnen und Experten ist daher ratsam, um die Trainingssteuerung auf den einzelnen Athleten anzupassen und die optimale Leistungsfähigkeit zu erreichen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kohlenhydrate eine entscheidende Rolle im Sport spielen und eine wichtige Energiequelle für den Körper darstellen. In Form von Glukose stellen sie den Treibstoff der Muskulatur während Training und Wettkampf dar. Es ergibt Sinn, auch einem Breitensportler, der im Fitnesscenter trainiert, die Wichtigkeit und die Möglichkeiten einer Trainingssteuerung basierend auf dem Kohlenhydratverbrauch aufzuzeigen. So kann er besser verstehen, wie sein Körper funktioniert und somit mehr aus seinen Trainings herausholen. Die Messung des Kohlenhydratverbrauchs ist individuell variabel und erfordert eine sportartspezifische Herangehensweise. Eine Diagnostik kann den Kohlenhydratverbrauch eines Athleten bzw. einer Athletin aufzeigen und helfen, die Trainingssteuerung entsprechend anzupassen. Dies ermöglicht auch eine individualisierte Trainingsplanung mit dem Ziel einer Optimierung des Fettstoffwechsels und einer entsprechend niedrigeren Abhängigkeit von Kohlenhydraten als primäre Energiequelle. Bei langen Ausdauerbelastungen ist es wichtig, den Kohlenhydratverbrauch zu optimieren, um eine schnelle Erschöpfung der Glykogenspeicher zu vermeiden. Die individuelle Berücksichtigung des Kohlenhydratverbrauchs und eine entsprechende Planung der Energiezufuhr können dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit zu optimieren und einen Leistungseinbruch zu verhindern

Dan Aeschlimann

Dan Aeschlimann ist Gründer der Azum system AG, einem Unternehmen für Sportcoachingsoftware, und der MY sport GmbH, die Coaching für Ausdauersportler anbietet. Vor seiner Zeit als Coach und Unternehmer war Dan Aeschlimann professioneller Strassenradfahrer.

www.safs.com

Literaturliste

Burke, L. M., Hawley, J. A., Wong, S. H. S. & Jeukendrup, A. E. (2011). Carbohydrates for training and competition. Journal of sports sciences, 29 (1), 17–27. https://doi.org/10. 1080/02640414.2011.585473

Colombani, P. & Ballmer, P. (2009). Die Bedeutung der Kohlenhydrate im Sport. Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin (3), 39–42.

Friedmann-Bette, B. (2011). Die Spiroergometrie in der sportmedizinischen Leistungsdiagnostik. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 62 (1), 10–15.

Jeukendrup, A. E. (2004). Carbohydrate intake during exercise and performance. Nutrition, 20 (7–8), 669–677. https://doi.org/10.1016/j.nut.2004.04.017

Pfeiffer, B., Stellingwerff, T., Zaltas, E., Hodgson, A. B. & Jeukendrup, A. E. (2011). Car- bohydrate oxidation from a drink during running compared with cycling exercise. Med Sci Sports Exerc, 43 (2), 327–334. https://doi.org/10.1249/MSS.0b013e3181ebc488

Donnerstag, 5. September 2023