Auch Geschäftsführer leben nur einmal!

Dass wir mehrere Leben führen dürfen, könnte man zumindest bei vielen Führungskräften manchmal annehmen. Leben diese doch ihr Leben hauptsächlich in ihrem Job aus. Die wenigsten würden sich trauen, daran etwas zu ändern. «Karrieren werden nach 17 Uhr entschieden» oder «Führungspositionen sind nicht teilbar» sind nur zwei Sprüche, die man immer wieder hört. Ist es also überhaupt möglich, als Führungskraft verkürzt zu arbeiten oder vielleicht mit mehreren Personen eine Führungsposition zu teilen?

Wenn ich bei meiner Coaching- und Beratungstätigkeit die Frage nach der Möglichkeit von Führungskräften in Teilzeit oder dem sogenannten Jobsharing ins Spiel bringe, sind die Reaktionen bestenfalls Verwunderung, viel häufiger aber Skepsis und Ablehnung.

Das Bild der Teilzeitarbeit passt nicht zu den Vorstellungen über Führungskräfte. Im Gegenteil, wer an Führungskräfte denkt, dem fallen eher überdurchschnittlich lange Arbeitszeiten ein. Untersuchungen bestätigen, dass Führungskräfte im Schnitt 50 bis 60 oder mehr Stunden pro Woche arbeiten. Wenn in der Vergangenheit also Teilzeitstellen angeboten wurden, war dies fast ausschliesslich für untere und mittlere Hierarchieebenen. Das waren Positionen, die vergleichsweise wenig Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung boten, schlechter bezahlt wurden und ein geringeres Ansehen genossen.

Auch bei Führungskräften sind zwei Formen der Teilzeitarbeit zu unterscheiden: die einseitige Arbeitszeitverkürzung und das Jobsharing. Im ersten Fall verringert eine Führungskraft ihre Arbeitszeit. Es entstehen in der Regel Stellen mit 60 bis 80 Prozent der Vollzeit. Die dadurch eingesparten Personalkosten können z. B. in andere Beschäftigungsverhältnisse oder in eine zugekaufte Beratung investiert werden. Dagegen reduzieren beim Jobsharing zwei Führungskräfte ihre Arbeitszeit und teilen sich eine volle Stelle. Der Arbeitsplatz bleibt auf diese Weise ganztags besetzt. Genaue Koordination, also wer wofür zuständig ist, ist in diesem Fall jedoch sehr wichtig.

Der Wunsch nach verkürzter Arbeitszeit ist da

Wenn ich Führungskräfte nach ihrer Arbeitszeit frage, so antworten viele, dass sie gern weniger arbeiten würden. Auf der anderen Seite setzen sie diesen Wunsch häufig nicht in die Tat um. Warum? Die Vorteile verkürzter Arbeitszeiten sind doch offensichtlich! Der zeitliche Spielraum für die Betreuung von Kindern, für Weiterbildung, Nebentätigkeiten oder einfach zur freien Einteilung und Erholung vergrössert sich. Das häufig starre Zeitkorsett wird gelockert. Führungskräfte in Teilzeitmodellen, die in Untersuchungen dazu befragt wurden, bestätigen diese Pluspunkte.

Sie sehen auch die Vorzüge, die sich im Arbeitsbereich selbst ergeben: Sie fühlen sich leistungsfähiger und engagierter und sind mit mehr Freude und Konzentration bei der Sache. Das hat auch Vorteile für die Betriebe: Arbeitnehmer mit reduzierter Arbeitszeit sind meistens leistungsfähiger, seltener krank und häufig flexibler einsetzbar.

Teilzeitarbeit in Führungspositionen bleibt Ausnahme

Trotzdem ist Teilzeitarbeit in der Führungsebene selten. Die Umsetzung scheitert im Einzelfall an vielen Punkten: an persönlichen Folgen, am Widerstand des Umfelds und an gesellschaftlich geprägten Denkmustern. Auf der persönlichen Ebene sind es finanzielle Einbussen, geringere Aufstiegschancen und Befürchtungen schrumpfender Verantwortung und fehlender Informationen, die für viele dagegensprechen.

Gleichzeitig ist auch klar: Wer die Arbeitszeit reduziert, der reduziert meistens die Aufgaben nicht in gleichem Umfang. Die Intensivierung der beruflichen Tätigkeit ist eher die Regel als die Ausnahme. Die stärksten Hindernisse bei der Umsetzung sind jedoch die «Fesseln im Denken». Die Vorstellung, dass lange Arbeitszeiten ein Zeugnis für Leistungsbereitschaft und Loyalität sind, ist immer noch sehr verbreitet. Dieses Denkmuster unterscheidet nicht zwischen der blossen Anwesenheit und der Qualität sowie Intensität dieser Präsenz und gibt dem neuen Zeitmodell damit keine Chance. Auch Forschungsergebnisse, die das genaue Gegenteil des aktuell herrschenden Denkmusters belegen, kommen gegen dieses Vorurteil nicht an.

Auch dass Führungskräfte den ganzen Tag für ihre Mitarbeitenden ansprechbar sein müssen oder dass die letzte Entscheidungsmacht immer in einer einzigen Hand liegen muss, ist dem Teilzeitmodell nicht förderlich. Diese Vorstellungen markieren ein traditionelles Verständnis von Führungstätigkeit, bei dem Führungskräfte vor allem Anweisungen geben und kontrollieren. Dagegen steht das heutige Führungsverständnis, in dessen Mittelpunkt Kommunikation, Koordination und Förderung der Beschäftigten stehen. Deshalb liegt die zentrale Herausforderung heute darin, die traditionellen Denkmuster zu hinterfragen, sie in der Umsetzung zu prüfen und die Handlungsspielräume dadurch zu erweitern.

Wann wird Teilzeitarbeit von Führungskräften zum Erfolg?

Sind Führungspositionen überhaupt teilbar? Die Forschung sagt Ja – aber nur unter bestimmten Bedingungen und bei gutem Zusammenspiel aller Beteiligten. Neue Arbeitszeitmodelle fordern alle Beteiligten zum Umdenken auf und machen Veränderungen der Unternehmens- und Führungskultur erforderlich.

Die Arbeitsorganisation muss neu geklärt werden und Wege für einen reibungslosen Informationsfluss müssen geschaffen werden. Dafür sind Veränderungsschritte und Absprachen nötig. Die Zuteilung der von der Führungsposition abgegebenen Aufgaben muss festgelegt werden. Dies kann sowohl intern (an Stellvertretende) wie auch extern (z. B. an eine Unternehmensberatung) erfolgen, wobei Letzteres gleichzeitig noch den Vorteil hat, dass die Aufgabe durch absolute Fachleute gelöst wird, die sicher nicht betriebsblind sind und zudem betriebsfremdes Know-how einbringen.

An dieser Stelle fällt mir die Geschichte eines Kunden ein, der mir anlässlich eines unserer Meetings anvertraute, dass er gern für ein Jahr die Traumstrassen der Welt bereisen wollte. Ich war natürlich gern bereit, ihn dabei zu unterstützen. Wir organisierten seinen Betrieb so, dass ich mit etwas stärkerem Engagement meinerseits in dieser Zeit zusammen mit seinen Leuten den Betrieb führen konnte. Als mein Kunde wieder zurückkam, lief der Club noch besser als vorher.

Es gibt jedoch auch viele andere Aufgaben, wie z. B. ein Qualitymanagement, die Mitarbeiterschulungen, das Controlling oder das Coaching der Führungs- und Bereichsleiter, die eine Unternehmensberatung übernehmen kann.

Wie viele Clubmanager habe ich doch in meiner Beratungstätigkeit schon erlebt, die zehn oder mehr Jahre im Club 150 Prozent Einsatz gebracht haben, weil sie alles selbst machen wollten, und dann von einem Moment auf den anderen «völlig ausgebrannt» ihren Club verkauft haben. Es ist auf jeden Fall für jede einzelne Führungskraft sehr wichtig, sich rechtzeitig darüber Gedanken zu machen, damit es gar nicht erst so weit kommt.

In diesem Sinne ermuntere ich Sie und wünsche Ihnen eine erfolgreiche Zukunft.

Mit freundlichen Grüssen

Ihr Edy Paul

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Edy Paul

Über den Autor
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Edy Paul

Edy Paul coacht und berät Einzelpersonen und Firmen mit eCoaching oder persönlich vor Ort (Strategie, Management, Neugründungen, Analysen, Schulungen, Konzeptentwicklungen, Raumplanung). Fitness- und Clubanalysen sowie Verkauf und Nachfolgeregelungen gehören ebenfalls zu seinen Leistungen. www.edypaul.ch
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