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Warum wir nicht systemrelevant waren… und was wir ändern müssten, um es zu werden

«Für die sind wir immer noch Bauch, Beine, Po», äusserte sich ein Studiobetreiber aus NRW. Er war enttäuscht darüber, dass Fitnessclubs in der Corona-Krise als nicht systemrelevant eingestuft worden waren. Ein Kollege aus Bayern meinte resigniert, es sei bezeichnend, dass die Fitnessclubs «mit den Bordellen als erste schliessen und mit ihnen als letzte wieder öffnen werden». Für beide – wie für viele andere Studiobetreiber auch – hatte es den Anschein, als würden die Fitnessclubs ihr «Muckibuden-Image» nicht los. Aber unabhängig von der Frage, ob der Shutdown sinnvoll war oder nicht, bin ich mir sicher: Mit dem Image der Fitnessbranche hatte das nichts zu tun.

Das Image der Fitnessbranche ist heute wahrscheinlich besser als sie selbst bereit ist zu glauben. Allerdings hat sie für ihr positives Image mit ihrer Identität bezahlt. Fitnessclubs sind heute keine Muckibuden mehr, sondern werden als «Gesundheitsanbieter für Bewegung und Ernährung» wahrgenommen. So konnten sie zwar ihr Image verbessern, aber das Image starker Muskeln ist nach wie vor schlecht. Selbst für die Kunden in Fitnessclubs ist stark zu werden und bis ins hohe Alter stark zu bleiben, noch immer nicht erstrebenswert. Damit opferte die Branche in ihrem Bestreben, Kundenwünsche zu erfüllen, ihr Alleinstellungsmerkmal. Denn für «mehr Bewegung und eine ausgewogene Ernährung» gibt es reichlich Alternativen. Und in Zeiten der Pandemie ist Bewegung an der frischen Luft körperlichen Anstrengungen in geschlossenen Räumen sogar vorzuziehen. Wenn also die Fitnessclubs nicht als systemrelevant eingestuft waren, ist das weniger Zeichen eines Imageproblems als vielmehr eines Identitätsverlusts. Die Gesellschaft sieht die Fitnessbranche positiv, hat aber einen «systemrelevanten Nutzen» im Aufbau starker Muskeln immer noch nicht erkannt.

Laut der Immunologin, Professor Dr. med. Marion Schneider «altert das Immunsystem synchronisiert mit dem biologischen Alter der Muskeln». Das heisst, dass die Leistungsfähigkeit unseres Immunsystems in direkter Abhängigkeit steht zur Kraft unserer Muskulatur. Für ein starkes Immunsystem müssen die Menschen also nicht nur mit dem Ziel trainieren, dem altersbedingten Muskelverlust entgegenzuwirken, sondern sie müssen alles geben, um den Muskelverlust in einen Wachstumsprozess umzukehren. Und dafür reicht «Bewegung» lange nicht aus. Für Muskelwachstum bedarf es eines Wachstumsreizes und den erzielt man nicht mit «viel Bewegung an der frischen Luft», sondern den kann man nirgendwo dosierter und gezielter setzen als an den speziell dafür entwickelten Trainingsgeräten im Fitness-club.

Wenn die Menschen wüssten, wie stark ihre Muskeln sein müssen für ein leistungsfähiges Immunsystem, dann wären Fitnessclubs systemrelevant gewesen. Warum vermittelt man den Menschen diese wichtigen Erkenntnisse also nicht? Warum erfahren sie davon noch nicht einmal in ihrem Fitnessclub?

Bereits 1988 schrieb Dr. Irwin Rosenberg: «Kein Niedergang ist im Alter dramatischer und funktionell bedeutsamer als der Rückgang der Muskelmasse. Warum haben wir darauf nicht schon früher mehr Aufmerksamkeit gelegt?» Wer sollte sich diese Frage mehr stellen als die Fitnessclubs? Sie würden als Spezialisten für starke Muskeln heute dringend gebraucht. Und das wissen die Experten schon seit den 80er-Jahren! Dr. Rosenberg war Universitätsprofessor für Medizin und Ernährung. Speziell forschte er über die Ernährung im Hinblick auf das Altern. Der Stern zitierte Dr. Rosenberg erst kürzlich in seinem Artikel «Fitness in Corona-Zeiten». Darin wird den Joggern empfohlen, ihre Vorstellungen zum Fitnesstraining zu überdenken. Es habe sich herausgestellt, dass das Ausdauertraining nie der «heilige Gral» für «Fitness und Gesundheit» gewesen sei. Starke Muskeln seien wichtiger. Und da fragt man sich: Warum müssen die Menschen davon aus der Zeitung erfahren?

Noch in meinem letzten Artikel vor der Corona-Krise stellte ich die Frage: «Wie will die Branche weiterwachsen, wenn sie insgeheim selbst glaubt, alles andere sei bedeutsamer als der Aufbau starker Muskeln?» Die Branche selbst muss zuerst einmal überzeugt davon sein, dass es für die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen kein dringlicheres Ziel gibt, als den Aufbau starker Muskeln. Darin liegt ihr Alleinstellungsmerkmal. Und damit auch die Öffentlichkeit davon erfährt, muss sie diese wichtigen Erkenntnisse an ihre Kunden weitergeben. Das sind die zwei wichtigsten Voraussetzungen, wenn die Branche systemrelevant werden will.

In meinem letzten Beitrag «Wann Erfolg sich herumspricht – und wann nicht», habe ich beschrieben, wie sich Erkenntnisse maximal schnell und möglichst weit verbreiten. Ich habe gezeigt, wie aus Fitnessclubs «Hot-spots» oder auch «Superspreader» für Erkenntnisse werden. In diesem Beitrag geht es mir nicht mehr darum, mit welcher Geschwindigkeit sich Erkenntnisse verbreiten lassen, sondern welche Erkenntnisse das sind, die verbreitet werden sollten. Denn alle Erkenntnisse, die die Trainer vermitteln, sollten zum einen den Kunden nutzen und zum anderen sollten sie dem Alleinstellungsmerkmal des Fitnessclubs dienen. Dazu ein Beispiel:

Die Gesundheit betreffend ist der grösste Wettbewerber der Fitnessclubs nicht etwa der Discounter, sondern die «gesunde Ernährung». Die Menschen leben in dem Irrglauben, sie blieben gesund, nur weil sie sich gesund ernähren. Was macht es da für einen Sinn, wenn ihre Trainer sie in diesem Irrglauben noch bestärken? Nicht nur, indem sie selbst oft behaupten, 80 Prozent des Trainingserfolges sei die Ernährung und indem sie gegen «Winke-Ärmchen» basische Ernährung empfehlen, sondern allein schon durch die Tatsache, dass neun von zehn Vorträgen im Fitnessclub Vorträge über Ernährungsthemen sind. Was haben die Fitnessclubs, die ein Vermögen in ihre Geräteausstattung investieren, davon, wenn ihre Trainer ihren Kunden erzählen, 80 Prozent des Trainingserfolges sei die Ernährung? Dann müssen sie sich auch nicht wundern, wenn ihre Kunden auf den anstrengenden Rest von 20 Prozent dankend verzichten. Und es kann dann auch nicht verwundern, wenn die Politiker im Aufbau starker Muskeln keinen «systemrelevanten Nutzen» sehen.

Selbst in der Literatur empfehlen Experten gegen den altersbedingten Muskelverlust «eine vitamin-D-reiche Ernährung, unterstützt durch Bewegung». Das klingt gut, ist aber Unsinn, denn den Verlust von Muskelmasse halte ich weder durch Ernährungstipps noch durch mehr Bewegung auf. Und schon gar nicht werde ich allein durch ernährungstechnische Massnahmen den altersbedingten Muskelverlust in einen Wachstumsprozess umkehren. Das klappt nur durch gezielte und richtig dosierte Wachstumsreize und die setze ich nirgendwo risikoloser und besser als im Fitnessclub an den speziell dafür entwickelten Geräten. Das ist die Erkenntnis, die die Kunden mit nach Hause nehmen und an ihre Freunde und Bekannte weitervermitteln sollten. Denn nur so kommuniziert die Branche neben den wirklich relevanten Themen auch ihr Alleinstellungsmerkmal. Deshalb ist es gut, wenn Trainer Vorträge halten – und es dürfen darunter auch Vorträge über Ernährung sein –, aber alles, was die Trainer ihren Mitgliedern an Erkenntnissen vermitteln, muss innerhalb eines didaktischen Konzepts fest verankert sein.

Didaktik bezeichnet die Lehre vom Lehren und Lernen. Für den Fitnes-s—club ist dabei vor allem das «didaktische Dreieck» interessant, das sich bildet aus den Trainern als Lehrende, den Kunden als Lernende und den innerhalb des didaktischen Konzepts verankerten Lerninhalten. Denn nicht immer kommt das an, was die Kunden verstanden haben sollten, damit nicht nur die Kunden einen Nutzen haben, sondern damit auch der Fitnessclub sein Alleinstellungsmerkmal kommuniziert. Dazu ein Beispiel aus persönlicher Erfahrung:

Ende der 80er-Jahre arbeitete ich als Fitnesstrainer. Als sich seinerzeit die ersten «normalen Menschen» in unseren Fitnessclub trauten, lautete deren erster Drei-Wort-Satz: «Bloss keine Muskeln!» Wahrscheinlich kennen Sie das.

«Um Gotteswillen», habe ich dann schnell abgewinkt: «Schauen Sie sich hier um! Sehen all die Geräte aus, als hätten die was mit Muskeln zu tun?»

Kurz huschte dann ein verunsicherter Ausdruck über ihr Gesicht, bevor sie erkannten, dass ich sie offenbar nur auf den Arm nehmen wollte. Heute sind die Fitnessclubs auf solche Ängste und Vorbehalte ihrer Kundschaft natürlich besser eingestellt. Da hängen über den Geräten gleich die entsprechenden Schilder, auf denen allein durch Weglassen des «Muskeltrainings» auch unausgesprochen eben diese Botschaft steht:

«Diese Geräte haben mit Muskeln nichts zu tun!»

Stattdessen gibt es Bereiche für das

«Herz-Kreislauftraining» – «Stoffwechseltraining» – «Faszientraining»…

Alle Achtung! Das nenne ich mal «professionell verarscht»! Da wäre ich damals gar nicht drauf gekommen. Aber wenn ich so drüber nachdenke, fiele mir dazu auch noch ein eigener Bereich für das «Knochentraining» ein. Zugegeben: «Knochentraining»? Das hört sich vielleicht etwas martialisch an. Aber «Knochendichte-Training» klingt doch schön. Weiss ja keiner, dass es das – genaugenommen – alles nicht gibt. Weder kann man seine «Knochen» trainieren, noch seinen «Stoffwechsel», noch seine «Faszien» und – mit der Einschränkung, dass auch das Herz ein Muskel ist – auch nicht sein Herz-Kreislaufsystem. «Vielmehr stehen alle Organe unseres Organismus in direkter Abhängigkeit zur Kraft unserer Muskulatur. Indem wir also unsere Muskeln trainieren, können wir durch die Art des Muskeltrainings gezielt immer auch die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit ausgewählter Organe unseres Organismus verbessern» (Prof. Dr. med. Elke Zimmermann).

Wenn Professor Marion Schneider also feststellt, dass «das Immunsystem synchronisiert altert mit dem biologischen Alter der Muskulatur», dann weitet Professor Zimmermann das in ihrem Statement sogar noch auf «alle Organe unseres Organismus» aus. «Alle Organe unseres Organismus stehen in direkter Abhängigkeit zur Kraft unserer Muskulatur». Deshalb reicht es nicht, dem altersbedingten Muskelverlust entgegenzuwirken, sondern wir müssen ihn umkehren in einen Wachstumsprozess. Das ist die Erkenntnis! Und nur so dürfen die Trainer es kommunizieren und so sollten es die Kunden verstehen, damit nicht nur der Kunde einen Nutzen hat, sondern der Fitnessclub auch sein Alleinstellungsmerkmal kommuniziert.

Die Sportwissenschaft kennt Begriffe wie «Herz-Kreislauftraining», «Stoffwechseltraining» oder «Faszientraining» nicht. Der Sport unterscheidet die motorischen Grundeigenschaften des Menschen und zwar in die Bereiche Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination. Dabei ist allerdings Jedermann bewusst, dass es sich in allen Fällen, auch im Ausdauertraining, um ein «Muskeltraining» handelt. Trainiert wird immer der Muskel, und es ist im Sinne des Fitnessclubs, wenn die Kunden das auch so verstehen.

Wohlgemerkt: Es ist nicht die Organisation der Trainingsbereiche, die ich kritisiere. Wenn ich selbst einen Fitnessclub hätte, wären die Geräte ebenfalls nach Mario Görlachs HIBB-Konzept organisiert. Hinter diesem Konzept steht das 3-Phasen-Modell aus der Rehabilitation, und das finde ich gut. Meine Kritik richtet sich nicht gegen die Aufstellung der Geräte, sondern gegen die Assoziationen, die es beim Kunden erweckt, wenn neben dem «Stoffwechseltraining», dem «Faszientraining» und dem «Herz-Kreislauftraining» der Bereich für das «Muskeltraining» fehlt. Die Kunden sollten auf keinen Fall mit dem Gefühl nach Hause gehen, in ihrem Fitnessclub habe das Training mit «Muskeln» nichts zu tun, sondern sie sollten die Erkenntnis an ihre Freunde und Bekannten vermitteln, dass das «Muskeltraining» im Fitnessclub keinen eigenen Bereich hat, weil es über allen Bereichen steht.

Begriffe wie «Herz-Kreislauftraining», «Faszientraining» oder «Stoffwechseltraining» kommen nicht aus dem Sport, sondern sind Wortschöpfungen des Marketings. Das «Marketing» soll den Kunden jedoch nicht anbieten, was die sich wünschen, sondern den Kunden das Angebot des Fitnessclubs «als etwas Wünschenswertes darstellen» (aus: Wikipedia). Deshalb ist es gut, wenn die Kunden mit der Vorstellung, etwas für ihren «Stoffwechsel» zu tun, den Weg in den Fitnessclub finden, aber sie sollten ihn als «informierte» Kunden wieder verlassen, die wissen, dass das Erfolgsorgan innerhalb des Organismus der «Muskel» ist. Jeder einzelne Bereich innerhalb des HIBB-Konzeptes weist lediglich einen Schwerpunkt aus, auf den hin man seine Muskeln trainieren kann. Und ein sinnvolles Muskeltraining lässt dabei keinen Schwerpunkt aus.

Innerhalb des didaktischen Konzeptes jedes Fitnessclubs muss als zentrale Erkenntnis in den Lerninhalten festgeschrieben sein, dass jede Entscheidung, die die Kunden im Sinne ihrer Vitalität und Gesundheit treffen, eine Entscheidung für ihre Muskeln ist. Denn je stärker und leistungsfähiger unsere Muskeln sind, umso leistungsfähiger und belastbarer ist der gesamte Organismus. Das gilt nicht nur für die Belastbarkeit unserer Knochen, Sehnen, Bänder und Gelenke, sondern in gleicher Weise für die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit unseres Herz-Kreislaufsystems, für die Entspannungsfähigkeit unseres Nervensystems, für eine hohe Gehirnleistungsfähigkeit und – wie wir durch Professor Marion Schneider erfahren haben – auch für eine effiziente Immunantwort unseres Immunsystems. Und nirgendwo lassen sich dosierte und gezielte Wachstumsreize besser setzen als an den Trainingsgeräten, die dafür exklusiv in den Fitnessclubs stehen. Was spräche also dagegen, sich innerhalb seines didaktischen Konzeptes (siehe Abbildung) darauf zu fokussieren, den Menschen zu erklären, wie wichtig es für sie ist, an diesen Geräten ganz gezielt ihre Muskeln zu trainieren?

Wenn Sie gern mehr über professionelle Kommunikation erfahren wollen, wenn Sie vielleicht auch gern lernen wollen, wie man selbst professionelle Vorträge im Fitnessclub hält, dann besuchen Sie mich doch auf der nächsten «EGYM-Masterausbildung». Nach der dreitägigen Ausbildung und einer individuell unterschiedlichen Zeit des Übens von zwei bis vier Wochen, werden Sie in der Lage sein, für Ihre Kunden einen professionellen und vor allem spannenden Vortrag zu halten. Ich freue mich darauf, Sie auf der nächsten Veranstaltung persönlich zu begrüssen.

Während der Corona-Krise habe ich ausserdem die Zeit genutzt, mein Buch «Erfolgreich trainieren …» umzuschreiben. Es ist nun nicht länger ein zweckdienliches «Handbuch» für die, die ihre Muskeln trainieren wollen, sondern es ist ein spannendes «Drehbuch» geworden, das auch die Freunde und Bekannten Ihrer Kunden nicht mehr aus der Hand legen werden, selbst wenn sie sich für das Muskeltraining noch überhaupt nicht interessieren. Vielleicht kann es Ihnen dienen, Ihre Inhalte und Ihr Alleinstellungsmerkmal noch effizienter an ihre Kunden und ihre Freunde und Bekannte zu kommunizieren. Dafür ist es jedenfalls gedacht.

Andreas Bredenkamp

Jahrgang 1959

Studierte Germanistik und Sport, Autor des Buches „Erfolgreich trainieren“ und des „Fitnessführerscheins“