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40 Jahre Branchengeschichte in den David Gyms in Zürich

«Diese Liebe für den Job, die muss man mitbringen!»

Wer an die Schweizer Fitnessbranche denkt, hat einen Namen direkt auf den Lippen: Kathi Fleig, Inhaberin der David Gym Center in Zürich, prägt seit Jahrzehnten das Bild der Branche mit einer bemerkenswerten Energie und Leidenschaft. Für uns Grund genug, sie zum 40-jährigen Bestehen der David Gym AG zum Interview zu bitten.

FITNESS TRIBUNE: Wie war das damals mit der Gründung des David Gyms und was hat es mit diesem besonderen Namen auf sich?

Kathi Fleig: Die David Gym AG wurde am 1. Oktober 1983 von Jean-Pierre Schupp, dem Gründer und ersten Herausgeber der FITNESS TRIBUNE, zusammen mit drei weiteren Geschäftspartnern gegründet. Jean-Pierre war damals Inhaber der Firma TOP-TEN, die Kampfsportartikel vertrieb und auch die Vertretung der DAVID Fitnessgeräte für die Schweiz übernommen hatte. Das David Gym war ursprünglich ein erweiterter Ausstellungsraum.

FT: Mit deiner frühen Leidenschaft für das Training gehörst du zu den Fitnesspionieren der Schweiz. Wie war damals die Fitnessszene? Was waren eure Ideen und Ziele?

KF: Ich komme ja ursprünglich aus dem Kampfsport und startete während meiner Lehrzeit mit Shotokan Karate, war dann ein Jahr in Kanada, wo ich in einer Taekwondo-Schule trainiert habe. Als ich zurück in die Schweiz kam, hatte meine alte Kampfsportschule auf Kickboxen gewechselt – damals Anfang der Achtziger hatte der Sport den Weg in die Schweiz gefunden. So lernte ich auch Jean-Pierre, damals Vizepräsident der WAKO Schweiz, kennen, als ich dort das Sekretariat übernahm. Eines Tages erzählte er mir, dass er in Zürich ein Fitness- und Kampfsportcenter eröffnen wolle und ob ich nicht Lust hätte, dort zu arbeiten. Also habe ich meine Zelte in Basel abgebrochen und bin nach Zürich gezogen. Damals war die Fitnessszene noch eher klein. In Zürich gab es Kieser Training, die John Valentine Fitness Clubs und ein paar wenige private Bodybuilding-Gyms. Mit der «Jane-Fonda-Welle» wurden auch die ersten Aerobicstudios eröffnet. In dieser Zeit betrieben hauptsächlich Menschen die Center, die selbst einen Background im Sport hatten und so quasi aus Leidenschaft ein eigenes Gym eröffnet hatten. Ziel war es schon damals, eine breitere Bevölkerungsschicht für Fitness- und Krafttraining zu begeistern, auch wenn dazumal eher der sportliche Aspekt und weniger der gesundheitliche im Vordergrund stand.

FT: Inwiefern haben sich diese Ziele und die Branche selbst in den letzten Jahrzehnten gewandelt? Siehst du eine grosse Zukunftsfähigkeit für die Branche?

KF: Ich denke, die Ziele der Branche sind noch immer dieselben: möglichst viele Menschen für ein regelmässiges Training zu begeistern. Die Zukunftsfähigkeit unserer Branche schätze ich als sehr hoch ein. Unser heutiger Lebensstil beinhaltet viel zu wenig Bewegung. Die Ernährungsgewohnheiten haben sich zum Schlechten geändert, zu viele sind übergewichtig. Die Digitalisierung nimmt weiter zu und somit «vereinsamen» die Menschen. Sie sitzen allein vor ihrem PC, es gibt bald keine Post- oder Bankschalter mehr, beim Einkaufen wird selbst gescannt, Freunde gibt es nur noch virtuell, es fehlt der persönliche Kontakt zwischen den Menschen. Im Fitnessstudio bietet sich neben dem Training, sei dies gesundheits- oder leistungsorientiert, auch die Möglichkeit für einen persönlichen Austausch unter Gleichgesinnten. Klar, kann ich mich auch im Fitnessstudio von allen distanzieren, komme mit Kopfhörern rein, trainiere mit Kopfhörern und gehe auch so wieder raus, aber der grosse Teil der Mitglieder bei uns schätzt es, noch kurz an der Theke ein paar Worte zu wechseln, sich in der Lounge mit Freunden zu treffen, vor und nach den Kursen mit den anderen Teilnehmern zu quatschen, sich nach dem Training bei einem Shake im Bistro zu unterhalten, Trainingstipps auszutauschen oder sich für das nächste Training zu verabreden. Und somit bietet unsere Branche die besten Möglichkeiten, zeit- und witterungsunabhängig, in jedem Alter, unter fachkundiger Anleitung etwas für die körperliche und mentale Gesundheit zu tun.

FT: Inwiefern hat sich damit einhergehend auch der Stellenwert der beruflichen Qualifikation entwickelt und wie förderst du deine Trainerinnen und Trainer?

KF: Anfang der Achtizgerjahre gab es in dem Sinne noch keine Ausbildung für Fitnesstrainer wie wir sie heute kennen. Meine erste Ausbildung habe ich über den Schweizerischen Bodybuilding- und Fitnessverband SBFV absolviert. Pflichtlektüre war die Sportrevue, dann die amerikanischen Magazine Muscle & Fitness und Flex, die «Bodybuilding Bibel» von Arnold Schwarzenegger etc. Damals gab es auch noch kein Internet und keine sozialen Medien. Vieles war eigene Erfahrung und Erkenntnisse aus dem eigenen Training sowie – ganz wichtig – der Austausch mit Gleichgesinnten, anderen Centerleitern, Trainern und bekannten Bodybuildern. Ich erinnere mich gut daran, wie wir fast jedes Wochenende irgendwo hinfuhren, weil da jemand ein Seminar gab und wir uns dort so weiterbildeten. Im David Gym beschäftigen wir nur Trainer mit einer anerkannten Ausbildung. Wir haben zum Beispiel auch eine SAFS-Weiterbildung-Circle-Mitgliedschaft, worüber sich unser Team weiterbilden kann, wir sind Mitglied bei GYM LOVERS, wo hauptsächlich Weiterbildungen in Richtung Verkauf angeboten werden oder wir beteiligen uns u. a. an Kursen und Seminaren.

FT: Wie schätzt du als erfahrene Studiobetreiberin, die sicherlich auch vieles einfach ausprobieren musste, das Potenzial einer unabhängigen Studie wie den «Eckdaten der Schweizer Fitnesswirtschaft» ein, um Trends oder Tendenzen in der Branche zu erkennen?

KF: Diese Studien sind ein sehr wertvolles Tool, um einen allgemeinen Überblick über die Branche zu bekommen, als Entscheidungshilfe bei neuen Trends oder auch bei Gesprächen beispielsweise mit Banken und Kreditgebern.

FT: Bodybuilding ist die Wiege des David Gyms und unserer Branche insgesamt. Inwiefern setzt ihr neben Körperkult mittlerweile auch auf Prävention und Rehabilitation?

KF: Bodybuilding ist sicherlich der Ursprung der Branche und das David Gym steht ja auch für Bodybuilding. Aber wir haben bereits 1985 angefangen, spezielle Trainingsprogramme für Senioren oder Personen mit Rückenproblemen anzubieten. Somit haben bei uns schon immer verschiedene Zielgruppen trainiert, vom Kraftsportler über den Kampfsportler oder den Fussballer, Läufer, Triathleten bis hin zum Senioren oder Menschen mit Rücken- und Gelenkproblemen oder Verletzungen. Natürlich trainieren bei uns auch Personen, die ab- oder zunehmen oder ganz einfach präventiv etwas für ihre Gesundheit tun wollen.

FT: Wie hast du mit deinen Betrieben die Ausnahmesituation «Corona-Pandemie» erlebt und konnte sich die Branche deiner Ansicht nach wieder davon erholen?

KF: Die Corona-Zeit war ein Alptraum. Wer mich kennt, kennt auch meine Meinung dazu. Dass Fitnessstudios geschlossen oder durch die verschiedenen Massnahmen extrem in ihrer Tätigkeit eingeschränkt wurden, ist für mich nach wie vor unverständlich. Klar, konnten junge, gesunde Menschen draussen trainieren, was aber war mit den vielen älteren Menschen, die auf ein gerätegestütztes Training und qualifizierte Betreuung angewiesen waren? Die haben schlussendlich wichtige Muskulatur verloren, litten unter zunehmenden Schmerzen, waren unbeweglicher und ihre Gesundheit hat extrem darunter gelitten. Auch ist es doch so, dass Menschen, die Angst vor Corona hatten, sowieso nicht mehr ins Gym gekommen sind. Den anderen hätte man den Zutritt zum Fitnesscenter weiterhin erlauben sollen, da ein regelmässiges Training das Immunsystem stärkt und somit die beste Prävention gegen eine Erkrankung ist.

Betreffend Erholung von der Corona-Krise kann ich nur für mich selbst sprechen. Ich denke aber, dass es vermutlich den inhabergeführten Fitnesscentern ohne finanzstarke Investoren im Hintergrund ähnlich geht. Erst seit Januar 2023 spüren wir im David Gym eine deutliche Besserung der Lage. Wir haben viele neue Mitglieder und auch die ehemaligen Mitglieder, die seit drei Jahren nicht mehr im Gym waren, finden wieder den Weg zurück. Von Erholung kann bei uns aber noch keine Rede sein, dafür ist das finanzielle Minus, welches durch die Corona-Massnahmen entstanden ist, viel zu hoch. Ich rechne damit, dass es sicher noch bis Ende 2024 dauern wird, bis wir wieder voll auf Kurs sind.

FT: Deine Kinderbetreuung beinhaltet auch ein Bewegungsangebot. Inwiefern ist es dir wichtig, Kindern und Jugendlichen schon früh ein gutes Verhältnis zur Bewegung zu vermitteln?

KF: Ich finde es enorm wichtig. Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang, nur wird der in unserer Zeit stark eingeschränkt. Während wir in unserer Kindheit bei jedem Wetter immer draussen gespielt haben, gibt es heute viele Kinder, die nur noch draussen sind, wenn Mama oder Papa dafür Zeit haben. Die Kinder sitzen hauptsächlich vor dem Fernseher, dem PC oder Tablet, werden zur Schule gefahren und haben viel zu wenig Bewegung. Nach den Lockdowns war es erschreckend zu sehen, dass die meisten Kinder enorm zugenommen hatten.

Viele haben heute ein sehr schlechtes Körpergefühl, sie können nicht mehr rückwärtslaufen, bewegen sich unkoordiniert oder einfache Sachen wie Purzelbaum oder Rad schlagen gehen nicht mehr. In unserem Sportangebot für Kinder können sie sich austoben, sie bekommen ein besseres Körpergefühl, bekommen mehr Selbstvertrauen und lernen auch traditionelle Werte wie Anstand, Respekt, Toleranz und Disziplin kennen. Unsere BJJ- (Anm. d. Red.: Brazilian Jiu-Jitsu) und Sport-Aerobic-Kids nehmen auch an Wettkämpfen teil, was ihnen enorm viel Spass macht und sie auch zu einem regelmässigen Training motiviert.

FT: 2013 wurde das David Gym 47 in Albisrieden wiedereröffnet, da viele Mitglieder dem Umzug 2012 nach Schlieren leider nicht folgen konnten. Das zeugt von einer besonderen Kundenbindung. Wie bauen du und dein Team eine so starke Mitgliederbindung auf? Was macht das Training bei euch so besonders?

KF: Leider mussten wir 2012 aus unserer «Heimat» Zürich-Albisrieden wegziehen, weil wir keine passenden Räumlichkeiten gefunden hatten. Das wirklich coole Fabrikgebäude am Letzigraben, wo wir 18 Jahre lang eingemietet waren, wurde abgerissen und durch eine Wohnüberbauung ersetzt. Das ehemalige David Gym am Letzigraben in Albisrieden war fast auf der ganzen Welt bekannt und ich muss ehrlicherweise sagen, so etwas wie dieses Gym wird es nie mehr geben. Da haben Profisportler neben den 80-jährigen Seniorinnen und Senioren trainiert und anschliessend im Bistro zusammen einen Kaffee getrunken. Die Atmosphäre und die gegenseitige Akzeptanz waren einfach unglaublich. Wir hatten immer viele Events, sei dies z. B. die SAFS LES MILLS Quarterlys, dann aber auch unsere legendäre Meisterparty, an der wir jeweils unsere Athleten ehrten. Wir starteten viele Jahre mit einer grossen Gruppe am Zürcher Silvesterlauf und organisierten einen anschliessenden Spaghettiplausch. Jeweils am 1. August eines Jahres haben wir ein Group-Fitness-Special mit Grillabend organisiert, dann wieder kleine Turniere im Kampfsport oder diverse Cycling-Events, darunter auch drei Mal einen 24-Stunden-Marathon. An den verschiedenen Bodybuilding-Events nahm immer eine riesen Zuschauergruppe aus dem David Gym teil. Der Zusammenhalt unter den Mitgliedern war enorm, es war eine grosse David-Gym-Familie, wo jeder herzlich willkommen war, egal wie alt, egal wie breit, egal ob Anfänger oder Profisportler, man hat sich gegenseitig unterstützt.

Warum das so war? David Gym war immer etwas Besonderes, von der ersten Stunde an. Auch im ersten ganz kleinen 400 Quadratmeter grossen David Gym in der Bachwiesenüberbauung in Albisrieden war schon dieser spezielle Vibe zu spüren. Ich denke das kommt davon, dass bei uns immer die Leidenschaft für den Sport und die Menschen im Vordergrund stehen – Love what you do. Das ist bei mir so und auch bei den Mitarbeitern.

FT: Mit dieser Wiedereröffnung des David Gym 47 hast du insgesamt drei Clubs und eine Vielzahl an Mitarbeitenden. Wie schaffst du es, dem Fachkräftemangel zu trotzen?

KF: Für mich waren in erster Linie nie die Diplome wichtig, die jemand vorzeigt, sondern wie dieser Mensch mit anderen umgeht. Es spielen auch wieder die Leidenschaft und die Freude an der Arbeit mit Menschen aller Art und das Ziel, diese Menschen zu motivieren, einen gesünderen Lebensstil zu leben, regelmässiges Training in den Alltag einzubauen und so mehr Lebensqualität zu erhalten, eine essenzielle Rolle. Oder brennt man dafür, einen Sportler zu unterstützen, sein Ziel zu erreichen. Lernen kann man alles, aber diese Liebe für den Job, die muss man mitbringen. Und dann gibt es ja in der Schweiz hervorragende Ausbildungsstätten, wo man sich das nötige Wissen aneignen kann.

FT: Du hast es bereits erwähnt, dass in deinen Gyms Einsteiger neben Fitnessfans, Profiathletinnen und -athleten sowie Bodybuildern mit zahlreichen Titeln trainieren. Wie funktioniert das gemeinsame Training von Laien und Profis? Inwiefern «beflügeln» sich die Gruppen vielleicht sogar?

KF: Das Gym am Letzigraben hat gezeigt, dass es sehr gut funktionieren kann, wenn gegenseitiger Respekt und Toleranz da sind. Wie ich vorhin schon erwähnt habe, ist ja im Prinzip jeder, der in einem Fitnesscenter trainiert, ein «Bodybuilder», einfach mit anderen Zielen. Im David Gym ZH-West trainieren sicherlich eher die sportlich ambitionierten und richtig, das motiviert auch die nicht so sportlichen Mitglieder beim Training. Wenn du ins David Gym ZH-West kommst, dann spürst du die sportliche Atmosphäre, die Motivation und das Know- how der Mitglieder und Trainer und das macht einfach Laune.

FT: Inwiefern spielen Verbände eine wichtige Rolle in der Branche z. B. hinsichtlich einer Interessenvertretung gegenüber der Politik?

KF: Die Verbände spielen eine ganz wichtige Rolle, weil sie sich für die Bedürfnisse unserer Branche auf höchster Ebene einsetzen können. Dazu haben wir als Centerbetreiber ja nicht die Möglichkeit. Wir können unsere Interessen höchstens bei den lokalen Politikern anbringen und auch das ist eher schwierig. Deshalb finde ich es wichtig, z. B. im lokalen Gewerbeverband mit dabei zu sein oder auch im Schweizerischen Fitness- und Gesundheitscenter-Verband.

FT: Deine persönlichen Leidenschaften, der Kampfsport und das Bodybuilding, finden insbesondere im David Gym ZH-West ihren Platz. Wie wichtig ist dir diese persönliche Note? Wie oft kommst du selbst noch dazu zu trainieren? Inwiefern bist du noch im Profisport aktiv?

KF: Ja es stimmt, David Gym ZH-West ist die Fortführung des Centers am Letzigraben und deshalb spürt man hier meine Leidenschaft am meisten. Ich selbst gebe noch immer regelmässig LES MILLS Kurse wie BODYPUMP, BODYCOMBAT, TONE, BODYBALANCE und SPRINT, daneben auch Freestyle Core Training. So oft es geht, trainiere ich zusätzlich im Kraftraum, wobei mein persönliches Training leider aus zeitlichen Gründen oft zu kurz kommt. Da muss ich mich auf jeden Fall wieder steigern. Im Profisport bin ich nicht mehr aktiv. Seit 2019 organisiere ich über eine Zweitfirma NPC Wettkämpfe (Anm. d. Red.: National Physique Committee) in der Schweiz und in den letzten zwei Jahren haben wir für SCOS, also Swiss Combat System, im David Gym ZH-West ein Kickboxturnier veranstaltet. Von dem her bleibe ich dem Sport mit Sicherheit erhalten und werde selbst hoffentlich bis ins hohe Alter weiterhin trainieren können.

Kathi Fleig

Seit 1983 steht die Inhaberin der David Gym Center täglich auf der Trainingsfläche. Sie hat mit viel Herzblut, Leidenschaft und Freude David Gym zu einer Institution der Schweizer Fitnessbranche aufgebaut. Sie hat den Bachelor- Studiengang Fitnessökonomie an der DHfPG in Zürich und darüber hinaus mehrere Group-Fitness- und Fitnessausbildungen an der SAFS absolviert und ist zudem auch selbst erfahrene Kampf- und Kraftsportlerin.
www.davidgym.ch

Donnerstag, 27. Juli 2023