Eine Politikerin mit Herz für Fitness

Vom Kursraum in den Plenarsaal

Inge Lichtsteiner-Achermann ist seit 15 Jahren Kantonsrätin im Kanton Luzern. Zuvor war sie von 1984 bis 2008 selbstständige Unternehmerin in der Fitnessbranche. Wenig verwunderlich also, dass zu ihren Kernthemen und politischen Anliegen unter anderem auch „Gesundheit & Sport“ gehört. Die Redaktion der FITNESS TRIBUNE traf Frau Lichtsteiner-Achermann zum exklusiven Interview.

FITNESS TRIBUNE: Frau Lichtsteiner-Achermann, eines Ihrer Kernthemen ist „Sportförderung für alle, damit Gesellschaftskrankheiten durch Prävention reduziert werden können“. Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Fitness- und Gesundheitsanlagen in der Schweiz in diesem Zusammenhang?

Inge Lichtsteiner-Achermann: In der Schweiz ist die Eigenverantwortung, die die Gesundheitsvorsorge betrifft, zum Glück schon weit fortgeschritten. Neben gesundheitlichen Präventionskampagnen des Bundes und der Kantone spielen auch Vereine und andere Organisationen eine wichtige Rolle. Die Fitness- und Gesundheitsanlagen haben einen sehr grossen Anteil an dieser Entwicklung. Sie waren die Pioniere von möglichst breiter Abstützung der körperlichen Fitness und Gesundheit. Vor allem die Zusammenarbeit mit den Krankenversicherern und deren Qualitätsüberprüfung der Fitnesscenter brachte den Anlagen eine noch grössere Bedeutung und breitere Anerkennung in diesem Zusammenhang.

Auch die Versicherer vertreten damals wie heute den Standpunkt, dass durch Prävention Gesundheits- oder besser ausgedrückt Krankheitskosten gespart werden können. Jedoch ist für die Prävention nicht nur die körperliche Fitness allein von Bedeutung, es spielen weitere Faktoren wie Ernährung, Stressbewältigung und vieles mehr eine wichtige Rolle. Durch das mittlerweile sehr breite Angebot der verschiedenen Fitnesscenter bietet die Branche vielfältige Lösungsansätze und leistet so einen wichtigen Beitrag für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung.

Hat sich die Branche diesbezüglich in den letzten Jahren professionalisiert und weiterentwickelt?

Ich bin zwar schon einige Zeit nicht mehr selbstständig in der Branche tätig. Ich verfolge aber noch immer die Entwicklungen im Fitnessbereich. Das Personal wird sehr gut ausgebildet und ich erinnere mich gern daran zurück, dass die SAFS damals massgeblichen Einfluss darauf hatte, dass der Beruf des Fitnesstrainers bzw. der Fitnesstrainerin eidgenössisch anerkannt wurde. Umso mehr freut es mich, dass mit der SAFS Hochschule für Bewegungs- und Gesundheitsmanagement hier nun der nächste Schritt gegangen wurde.

Welchen Stellenwert räumen Sie der beruflichen und auch akademischen Bildung in der Branche ein?

Das ist ein sehr wichtiges Thema. Die Perspektive von jungen und auch älteren Berufsleuten muss unbedingt gefördert werden. Mit der Anerkennung der eidgenössischen Berufsbildung wurde damals der erste „Meilenstein“ dazugelegt. Heute können Personen in der Fitnessbranche ebenso wie in anderen Berufen auch eine akademische Laufbahn einschlagen. Das ist eine tolle Entwicklung und vor dem Hintergrund des heutigen Mangels an Fachkräften essenziell. Die Menschen brauchen in ihren Berufsfeldern Perspektiven, ganz gleich, was sie machen.

Wo kann die Politik konkret ansetzen, um Menschen zu mehr Bewegung zu motivieren?

Die Politik kann sehr viel machen, aber auch die Gesellschaft selbst. Es braucht Kampagnen, die den Leuten, die sich nicht gern bewegen, Freude daran vermitteln, damit sie aktiv werden und schliesslich dranbleiben. Im Kanton Luzern wurde eine Kampagne mit dem Fokus Tanzen umgesetzt. Sicher haben auch andere Kantone ähnliche Projekte realisiert. Weiter finde ich es extrem wichtig, dass Bewegung ein Schulfach bleibt und nicht aus Zeit- oder Spargründen gekürzt wird. Gleiches gilt im Bereich Jugend auch für Sportlager und Sportförde-rung, die die Politik unbedingt weiter unterstützen muss, damit sich Familien diese noch leisten können.

Sehen Sie Möglichkeiten, wie die Politik die Fitness- und Gesundheitsbranche insbesondere im Hinblick auf die Steigerung von Akzeptanz und Anerkennung unterstützen kann?

Für mich persönlich ist es wichtig, dass, wie vorerwähnt, die Qualifikation die Grundlage für das Vertrauen der Kundschaft in die Beratung und Betreuung legt. Dort kann die Politik unterstützen und die Ausbildungsmöglichkeiten zusammen mit den Berufsverbänden weiterentwickeln. Finanzielle Anreize müssen weiterhin über die Versicherer laufen, da diese auch die Möglichkeiten der Qualitätskontrolle haben.

Mit den Eckdaten der Schweizer Fitnesswirtschaft von swiss active werden strukturiert repräsentative Daten für die Branche erhoben. Wie schätzen Sie die Bedeutung solcher Studien als essenzielle „Datenrepräsentanten“ für die Branche ein?

Die strukturierte Erhebung von Branchendaten liefert aus verschiedenen Gründen einen Mehrwert für die gesamte Branche. Sie bietet zum einen den Branchenteilnehmenden die Möglichkeit, im Sinne eines Benchmarkings die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und so den eigenen kontinuierlichen Verbesserungsprozess gezielt zu gestalten. Zum anderen fördert sie auch die Wahrnehmung und die Akzeptanz der Branche beispielsweise bei politischen Entscheidungsträgern.

Wie wollen Sie gezielt Sportangebote fördern und welche Rolle können dabei Schweizer Fitnesscenter übernehmen?

Viele Schulen haben Platzprobleme in den Sportanlagen. Vielleicht gäbe es eine Möglichkeit, hier die Fitnessanlagen für Schulen zu öffnen und entsprechende Angebote zu schaffen. Sportlager oder auch Leistungssportevents bieten Möglichkeiten für Beratungen und Engagements der Fitnessbranche. Möglichkeiten sehe ich hier durchaus. Wir müssen nur gemeinsam den Mut und den Willen haben, zusammen neue Wege zu gehen.

Sie waren selbst viele Jahre als Fitnessinstruktorin und Unternehmerin in der Fitnessbranche aktiv. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Es war eine wirklich tolle Zeit, auf die ich sehr gern zurück-blicke. Als Pionierin in einem neuen Berufsumfeld konnte ich die Weiterentwicklung der Branche sehr gut beobachten und verfolgen. Mit ganz viel Herzblut habe ich damals zusammen mit einem grossartigen Team unsere Kundschaft betreut und „bewegt“. Ich glaube, sagen zu dürfen, ich habe Fitness gelebt und geliebt. Es hat sich seit dieser Zeit nun sehr viel entwickelt und vor allem auch verbessert, sei es im Bereich der Ausbildung, aber auch im Bereich der Professionalisierung sowie der Akzeptanz der Fitnessbranche. Das Ziel war damals, die Prozentzahl der trainierenden Personen in der Schweiz zu erhöhen. Das wurde geschafft, aber leider durch die Pandemie zunächst wieder etwas zurückgeworfen. Dass heute sogar mehr Menschen in Fitnesscentern trainieren als vor der Corona-Zeit, zeigt den hohen Stellenwert, den sich die Branche mittlerweile erarbeitet hat.

Inwiefern hat diese Zeit in der Branche Ihre Sicht auf Fitness und Gesundheit geprägt?

Ich war in meiner Jugend gemäss meinen Möglichkeiten im Vereinssport tätig. Die Möglichkeit, Sport im Fitnesscenter zu fördern, fand ich damals sehr innovativ. Ich habe erkannt, dass vermehrt die richtige, kontrollierte und kontinuierliche Art und Weise des Trainings sehr viele Menschen besser trainieren lässt. Und damit verbesserte sich unvermeidlich der Gesundheits- und Fitnesszustand der Trainierenden. Das fand und finde ich total spannend und zielführend.

Warum haben Sie die Branche verlassen und vermissen Sie die Arbeit im Fitnessbereich?

Gestartet habe ich mit einem reinen Gruppenfitnessstudio, das sich später an ein grösseres Fitnesscenter angeschlossen hat. Dieses wiederum haben wir zu einer kleineren regionalen Fitnesskette weiterentwickelt und später veräussert. Ich vermisse die Arbeit nicht, da ich täglich trainiere und eigentlich nie „stillstehe“. Ich bin aber überzeugt, dass mich die Tätigkeit als Fitnessfachfrau sehr geprägt hat. Ich durfte mein grosses Hobby als Beruf ausüben, dafür bin ich sehr dankbar.

Wie sieht Ihr sportlicher Alltag heute aus?

Wenn ich mich einmal pro Tag sportlich bewegen kann, geht es mir gut. Dies ist zeitweise im Fitnesscenter oder auch mal draussen auf dem Bike, beim Wandern oder im Winter beim Langlauf und Skifahren. Die Grundlage, dass ich heute noch so viel machen kann, habe ich zweifellos mit dem Training im Fitnesscenter gelegt. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich fühle mich immer noch sehr fit und liebe sportliche Tätigkeiten nach wie vor, auch wenn ich nicht mehr alles im gleichen Tempo wie mit zwanzig machen kann.

Inge Lichtsteiner-Achermann

Inge Lichtsteiner-Achermann stammt aus Egolzwil im Kanton Luzern. Neben ihrer langjährigen Tätigkeit als Unternehmerin war sie auch als Dozentin im Bereich Gruppenfitness bei der SAFS aktiv. Heute setzt sich die ehemalige Fitnessunternehmerin als Kantonsrätin für eine starke Region ein. Die Themen „Sport & Gesundheit“ liegen ihr dabei besonders am Herzen.

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