Fokus Omega-3

Essenzielle Fettsäuren: Wirkung, Vorkommen, Bedarf

Die Notwendigkeit der Integration von Omega-3-Fettsäuren in den Ernährungsalltag rückt weiter ins Bewusstsein vieler Menschen. Doch wofür braucht der Körper Omega-3-Fettsäuren und in welchen Lebensmitteln sind sie enthalten? Wie können vegan lebende Menschen Omega-3 zuführen?

Innerhalb der Gruppe der Nahrungsfette gibt es bestimmte Fettsäuren (Bestandteile von Fetten), die für den mensch-lichen Körper essenziell sind. Es handelt sich hierbei um Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, die beide den mehrfach ungesättigten Fettsäuren zugeordnet werden. Zu den Omega- 3-Fettsäuren zählen u. a. Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Zu den Omega-6-Fettsäuren zählen unter anderem Linolsäure (LA) und Arachidonsäure (ARA) (Machner, 2023, S. 81).

Physiologische Wirkung

Aus den essenziellen Fettsäuren werden im Körper unter anderem hormonähnlich wirkende Substanzen, sogenannte Eicosanoide, gebildet. Sie sind an einer Vielzahl zellulärer regulatorischer Prozesse beteiligt (Haller, Rimbach & Grune, 2013, S. 263). Welche Eicosanoide, z. B. Serie 2 und 4 oder Serie 3 und 5, gebildet werden, hängt dabei von der Ernährung ab, welche essenziellen Fettsäuren mehr zur Verfügung stehen (Rimbach, Nagursky & Erbersdobler, 2015, S. 117). Dabei weisen die Eicosanoide aus der Omega-6- und der Omega-3-Reihe antagonistische, also gegensätzliche, Wirkprofile auf. Wäh-rend die Eicosanoide aus der Omega-6-Reihe (Serie 2 und 4) gefässverengend, gerinnungsfördernd und entzündungsfördernd wirken, ist die Wirkung aus der Omega-3-Reihe (Serie 3 und 5) gefässerweiternd, gerinnungshemmend und entzündungshemmend (Rimbach et al., 2015, S. 118). Eine niedrige Zufuhr und ein niedriger Blutspiegel von Omega-3-Fettsäuren sind mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, entzündungsassoziierten Erkrankungen sowie neurologischen Störungen wie Alzheimer assoziiert (Leitzmann & Keller, 2020, S. 334).

Verhältnis Omgea-6-Fettsäuren zu Omega-3-Fettsäuren

Ein wichtiger Faktor, den es bei den essenziellen Fettsäuren zu beachten gilt, ist deren mengenmässiges Verhältnis zueinander. Lange Zeit in der Menschheitsgeschichte war das Verhältnis ausgeglichen, also bei etwa eins zu eins, was als optimal gilt (Machner, 2023, S. 82). Mit der beginnenden Industrialisierung der Lebensmittel veränderte sich das Verhältnis graduell. In den westlichen Industrieländern liegt das Verhältnis in der Durchschnittkost bei 15 zu eins Omega-6-Fettsäuren zu Omega-3-Fettsäuren (Wirsamm J. & Leitzmann, 2022, S. 219). Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt ein maximales Verhältnis von fünf zu eins (Schweizerische Gesellschaft für Ernährung [SGE], 2024). Unabhängig von der Ernährungsform wird dieses Verhältnis oftmals nicht erreicht, wobei die vegane Ernährung oft am schlechtesten abschneidet (Machner, 2023, S. 82). Um das angestrebte Verhältnis zu erreichen, ist es sinnvoll, das Augenmerk bewusst auf den Verzehr von Omega-3-Fettsäuren zu legen, weswegen im Folgenden diese auch fokussiert werden.

Umwandlung

Oftmals gilt nur ALA als essenzielle Omega-3-Fettsäure, da der Körper diese enzymatisch in die anderen benötigten, langkettigen Omega-3-Fettsäuren umwandeln kann (Leitzmann & Keller, 2020, S. 330). Wie effizient dieser Umwandlungsprozess ablaufen kann, ist jedoch sehr variabel. Abhängig von den jeweiligen Bedingungen, wie z. B. der Verfügbarkeit oder dem Verhältnis der jeweiligen Fettsäuren, wird bei gesunden Erwachsenen von einer Umwandlungsrate von einem bis zehn Prozent von ALA zu EPA ausgegangen und einer Umwandlungsrate von ALA zu DHA von 0,5 bis zwei Prozent (Wirsamm J. & Leitzmann, 2022, S. 219). Aufgrund dieser geringen und variablen Umwandlungsrate ist auf eine ausreichend hohe direkte Zufuhr von EPA und DHA zu achten (Haller et al., 2013, S. 260).

Vorkommen

Omega-3-Fettsäuren kommen in vielen Lebensmitteln vor, jedoch primär in relativ geringen Mengen. Alpha-Linolensäure kommt in Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft vor (z. B. Leinöl, Chiaöl, Walnussöl, Rapsöl), während zu den natürlichen Quellen für EPA und DHA besonders marine Organismen zählen. Dazu gehören sowohl die fetten Meeresfische als auch Meeresalgen und Phytoplankton (Rimbach et al., 2015, S. 119). Doch wieso ist das so? Die Lebensumstände von Lebewesen definieren die Zusammensetzung ihres Fettes. Fische leben mitunter in sehr kalten Temperaturen und teilweise unter hohem Druck in tiefen Zonen der Meere. Entsprechend brauchen sie für das Aufrechterhalten der Lebensfunktionen sehr dünnflüssige Öle, die selbst bei Minusgraden noch flüssig sind. Die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren, die die Fische primär über Mikroalgen und Phytoplankton aufnehmen, tragen dazu bei (Vilgis, 2020, S. 9). Vor allem Kaltwasserfische wie Hering, Makrele, Lachs und Thunfisch weisen hohe Gehalte an Omega-3-Fettsäuren auf. Der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren im Fisch korreliert dabei mit dem Gesamtfettgehalt der Fische (Haller et al., 2013, S. 258–259). Magerfische sind keine adäquate Versorgungsquelle für diese Fettsäuren. Mikroalgen wachsen in tiefen, kalten Gewässern unter hohem Druck und müssen entsprechend, um die Zellfunktion und Membranflexibilität zu gewährleisten, EPA und DHA synthetisieren (Vilgis, 2020, S. 371). Bestimmte maritime Mikroalgen werden mittlerweile explizit für die menschliche Ernährung gezüchtet. Die daraus gewonnenen Omega-3-Fettsäuren werden als Nahrungsergänzungsmittel entweder in Form von Algenöl in einer Flasche oder in Kapselform angeboten (Leitzmann & Keller, 2020, S. 333). Dies hat aus ökologischer Perspektive einige Vorteile, da viele Regionen und Fischarten schon deutlich überfischt sind (Hilborn et al., 2020).

Bedarfsempfehlungen

Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) empfiehlt 0,5 Prozent der Tagesenergiezufuhr über ALA aufzunehmen (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, 2022c). Das entspricht in etwa einem Gramm für Nichtsportler (Elmadfa & Leitzmann, 2023, S. 186). Für die langkettigen Omega-3-Fettsäuren, sprich EPA und DHA, gibt die SGE generell eine kombinierte Zufuhrempfehlung von 250 mg (EPA + DHA) am Tag an (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, 2022c). Leistungsorientierte Sportler können sich an einer kombinierten Zufuhr von ein bis drei Gramm EPA und DHA orientieren (Lewis, Daniels, Calder, Castell & Pedlar, 2020). Für die Omega-6-Fettsäure Linolsäure werden vier Prozent der Tagesenergiezufuhr empfohlen. Tabelle 1 zeigt hierzu eine Übersicht für Männer und Frauen zwischen 18 und 65 Jahren und mögliche Nahrungsquellen.

Für Schwangere und Stillende werden nochmals zusätzlich zu den in der Tabelle genannten Werten 100 bis 200 mg DHA pro Tag empfohlen (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, 2022a, 2022b).

Überdosierung und aktuelle Forschung

Eine überhöhte Zufuhr von langkettigen Omega-3-Fettsäuren, insbesondere über Supplemente, sollte vermieden werden, da dadurch die Neigung zu Blutungen erhöht und die Funktion des Immunsystems nachteilig beeinflusst wird. Eine Gesamtzufuhr von EPA und DHA in Höhe von drei Gramm pro Tag gilt als unbedenklich (Leitzmann & Keller, 2020, S. 337). Es gilt, zu beachten, dass mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren) durch ihren molekularen Aufbau instabiler und reaktionsfreudiger sind als die einfach ungesättigten und gesättigten Fettsäuren. Sie können somit leicht oxidieren und oxidativen Stress im Körper auslösen (Vilgis, 2020, S. 10).

Weiterhin wird derzeit untersucht, ob der Verzehr von Fisch, Fischölkapseln oder pflanzlichen Alternativen die gleichen Effekte im menschlichen Körper haben. Auch der Einsatz von Omega-3-Fettsäuren im Sport ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, wobei inkonsistente Ergebnisse auftreten. Eine Unterversorgung sollte vermieden werden, aber eine zusätzliche Supplementation führt oftmals nicht zu einer Leistungsverbesserung (Machner, 2023, S. 92). In Spiel- und Kampfsportarten sollte sogar die summative Zufuhr von EPA und DHA nicht mehr als ein Gramm pro Tag betragen, da sonst das Blutungsrisiko durch einen Kopfball oder Tritte und Schläge gegen den Kopf erhöht sein kann.

Fazit

Besonders den beiden langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) kommt eine wichtige Bedeutung zu, da sie ernährungsphysiologisch positive Wirkungen haben. Neben der adäquaten Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren ist auf ein gutes Verhältnis von Omega-3-Fettsäuren zu Omega-6-Fettsäuren zu achten.

Auszug aus der Literaturliste

Elmadfa, I. & Leitzmann, C. (2023). Ernährung des Menschen (7. Auflage). Stuttgart: Eugen Ulmer.

Machner, D. (2023). Pflanzenbasierte Ernährung im Sport. Mischkost – Vegetarisch – Vegan. Stuttgart: Eugen Ulmer.

Wirsamm J. & Leitzmann, C. (2022). Die Vermessung der Ernährung. Stuttgart: Eugen Ulmer

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte info@fitness-tribune.com.

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Theres Mosimann

Über den Autor
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Theres Mosimann

Die Sportlehrerin hat einen Bachelor in Ernährung und ist Fachberaterin für Darmgesundheit. Sie ist lang-jährige Dozentin bei der SAFS im Bereich Ernährung, Ausdauer und Reha. Als Personal Trainerin betreut sie Kunden und Athleten in Gesund-heit, Ernährung, Training und Leis-tungsdiagnostik.
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