Kieser heute: CEO Michael Antonopoulos im Interview

«Es geht darum, die Probleme unserer Kunden zu lösen»

Bereits seit mehr als 55 Jahren gibt es das Kieser-Konzept – gesundheitsorientiertes Krafttraining mit minimalem Zeitaufwand und maximalen Effekten, das auch heute noch in den Kieser-Studios weltweit umgesetzt wird. Hat sich bei Kieser also seit 1967 nichts verändert? Die FITNESS TRIBUNE hat mit dem Kieser-CEO Michael Antonopoulos über Werner Kieser, die Marke Kieser und die aktuelle Entwicklung des Unternehmens gesprochen.

FITNESS TRIBUNE: Du kommst aus der Finanz- und Beratungsbranche. Wie bist du erstmals mit Kieser Training in Kontakt gekommen? Wie und auch wann war denn dein erstes Training nach dem Kieser-Konzept?

Michael Antonopoulos: Ich kannte Kieser schon bevor ich 2004 im Unternehmen angefangen habe. Einige meiner damaligen Kollegen und Kolleginnen haben zu der Zeit bei Kieser trainiert und so bin ich auch das erste Mal mit Kieser in Kontakt gekommen. Der Name war mir also schon weit vor meiner Zeit im Unternehmen ein Begriff. Mein erstes Training als Teil des Unternehmens ist mir in bester Erinnerung. Da ich jahrelang nur in klassischen Fitnessstudios trainierte habe, war die Atmosphäre bei Kieser zunächst eine Umstellung. Ich habe jedoch schnell gemerkt, wie durchdacht das Konzept und die zugrunde liegende Philosophie ist.

FT: Wann hast du Werner Kieser das erste Mal getroffen? Was ist dir von dieser Begegnung noch in Erinnerung?

MA: Das war noch vor meinem ersten Arbeitstag im Rahmen eines unternehmensinternen Workshops. Ich kann mich noch gut erinnern, wie er zusammen mit seinem Rottweiler auf mich zukam. Viel von dem, was ich im Vorfeld über seine Ausstrahlung gehört habe, hat sich bei unserer ersten Begegnung bestätigt. Schon beim ersten Treffen ist er mir als charismatische Persönlichkeit aufgefallen.

FT: Was hat dich persönlich wie geschäftlich an Kieser Training fasziniert, sodass du in das Unternehmen eingestiegen bist?

MA: Das lag sehr stark am Unternehmensgründer Werner Kieser. Seine Leistung, ein Unternehmen wie Kieser aufzubauen, hat mich sehr fasziniert. Darüber hinaus natürlich auch das Produkt bzw. die Marke Kieser, die er geschaffen und die mir sehr zugesagt hat.

FT: Kieser Training wurde bereits 1967 gegründet. Was war der Kern des Unternehmens? Welche grundlegenden Punkte gelten heute noch?

MA: Der Kern liegt nach wie vor im Aufbau und Erhalt der Muskulatur durch Krafttraining. Mit unserem Konzept waren wir vor über 50 Jahren schon unserer Zeit voraus und es ist auch heute noch aktuell. Daher werden wir davon auch nicht abweichen. Allerdings verändern wir unsere Dienstleistung auch und überdenken sie. Dabei gilt jedoch der Grundsatz, dies nur zu tun, wenn die Verbindung zu unserem Markenkern nach wie vor bestehen bleibt.

FT: Wie gelingt es euch, der Kieser-Lehre treu zu bleiben und dennoch stets neueste Entwicklungen und Erkenntnisse zu berücksichtigen?

MA: Wir ergänzen natürlich unser Angebot auch um weitere Aspekte. Ich verstehe, dass von aussen betrachtet z. T. der Eindruck entsteht, wir würden von unserem bewährten Konzept abweichen. Allerdings sehen wir das überhaupt nicht so. Nehmen wir z. B. unser neues Angebot der Nährstoffberatung. Hier sagen viele, dass wir jetzt auch auf den Zug der Ernährungsberatung aufspringen. Allerdings bereiten wir das Thema auf unsere ganz eigene Art auf. Das heisst, wir fragen uns, welchen Stellenwert hat Ernährung für die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit unserer Mitglieder in Kombination mit dem Krafttraining. Da wir immer von unserem Kern – dem Krafttraining – ausgehen, sehen wir das auch nicht als eine Verbreiterung, sondern vielmehr als eine Vertiefung unseres Angebots.

FT: Wie erlebst du die Marke Kieser heute, auch aus der Perspektive eurer Kunden? Wofür steht Kieser heute?

MA: Kieser ist ein Unternehmen, das seit Jahrzehnten erfolgreich auf dem Fitness- und Gesundheitsmarkt besteht. Zudem zeichnet uns die Kompetenz unserer Mitarbeiter und die hohe Qualität der Dienstleistung aus. In Zeiten, in denen manche auf Fitnessstudios ohne Trainer setzen, steht für uns die intensive Betreuung durch kompetente Mitarbeiter ganz klar im Fokus. Als Marke konnten wir uns dadurch eine starke Glaubwürdigkeit aufbauen und geniessen ein sehr hohes Mass an Vertrauen durch unsere Kunden.

FT: Von aussen betrachtet, wird die Marke Kieser immer noch sehr stark mit der Person Werner Kieser assoziiert. Wie sieht es innerhalb des Unternehmens aus? Wie viel Werner Kieser ist im Unternehmen noch spürbar?

MA: Werner Kieser ist nach wie vor präsent. So stammen z. B. viele unserer Ausbildungsmaterialen und Bücher von ihm. Uns liegt auch viel daran, die Lehren von Werner Kieser zu bewahren. Die Tatsache, dass wir so viele Dokumente von unserem Gründer haben, ist etwas, was uns aus meiner Sicht auszeichnet. Dennoch dreht sich auch für uns die Welt weiter und verändert sich und so passen auch wir gewisse Dinge mit der Zeit an.

FT: Welche Bedeutung hatte der Mensch Werner Kieser für dich persönlich? Wie prägt er dein unternehmerisches Handeln heute?

MA: Für mich war er ein grosser Mentor. Ich gehöre zu den Glücklichen, die viel Zeit mit ihm verbringen durften. Wir haben auch viele intensive Gespräche geführt, wo wir übrigens auch nicht immer einer Meinung waren. Werner Kieser war jedoch ein anderer Typ als ich. Daher war mir auch klar, dass ich ihn nicht imitieren kann oder seine Lücke füllen werde.

Man muss sich auch vor Augen führen, dass er in der Unternehmensgeschichte viele Höhen und Tiefen erlebt hat. Die Art und Weise, wie er damit umgegangen ist, sein Führungsstil und die Fähigkeit, Menschen mitzunehmen, sind für mich nach wie vor beeindruckend. Durch die vielen Erfahrungen, die er über die Jahrzehnte gemacht hat, konnte ihn auch so schnell nichts aus der Ruhe bringen. So hat er mir z. B. mal erzählt, dass externe Berater für ihn nicht infrage kommen. Eine interessante Anekdote ist in dem Zusammenhang, dass ich Werner Kieser, als ich die Unternehmensführung übernommen habe, einen Beratervertrag gegeben habe. Und das obwohl er mir immer geraten hat, den Beratern zwar zuzuhören, aber dann genau das Gegenteil zu machen.

FT: Eben hast du erwähnt, dass ihr eine Nährstoffberatung in euer Konzept aufnehmt. Zudem «experimentiert» ihr aktuell mit der Integration von Cardiogeräten. Welche Zielsetzung verfolgt ihr mit diesem Angebot? Plant ihr das Herz-Kreislauf-Training flächendeckend in euren Studios einzuführen?

MA: Grundsätzlich verfolgen wir nicht das Ziel, unser Angebot zu erweitern, sondern es zu vertiefen. So geht es uns z. B. bei der Nährstoffberatung darum, sicherzustellen, dass die Muskulatur optimal versorgt wird.

Mit der Einführung von Herz-Kreislauf-Training möchten wir den einen Muskel trainieren, den wir bisher noch nicht abgedeckt haben. Nämlich den Herzmuskel. Dabei möchten wir ein Herz-Kreislauf-Training anbieten, dessen Philosophie der unseres Krafttrainings entspricht. Also ein hoher kardiovaskulärer Trainingseffekt in kurzer Zeit. Bei der Trainingsmethode haben wir uns daher auch für High-Intensity Interval Training entschieden. Zwar können wir Herz-Kreislauf-Training nicht in allen Studios einführen, da wir zum Teil schlichtweg nicht genügend Platz für die entsprechenden Geräte haben, wir sind allerdings auch bereit, gewisse Dienstleistungen modular anzubieten. Letztlich geht es uns immer darum, von unserem Markenkern ausgehend die Probleme unserer Kunden zu lösen.

FT: Kieser-Center arbeiten ausschliesslich mit eigens konstruierten Kraftgeräten. Gibt es auf dem Weltmarkt keine vergleichbar guten Trainingsgeräte oder warum leistet sich Kieser diesen Luxus?

MA: Die Entscheidung, unsere eigenen Geräte zu konstruieren, geht in Teilen auf unsere langjährige Unternehmensgeschichte zurück. Für uns steht der Trainingsnutzen im Vordergrund; wir arbeiten immer an einer Problemlösung für unsere Kunden. So haben wir z. B. Trainingsgeräte entwickelt, die es auf dem Gerätemarkt in der Form nicht gibt, weil das Interesse dafür auch zu gering ist. Neben unseren Maschinen speziell für den Rücken haben wir beispielsweise in Kooperation mit einer Universität auch eine Maschine für die Sprunggelenke entwickelt, um die Supination und Pronation zu trainieren. Obwohl für so ein Gerät auf dem Markt kein breites Interesse besteht, sehen wir, dass wir damit die Probleme unserer Zielgruppe lösen können, z. B. hinsichtlich Sturzgefahr bei älteren Personen.

FT: Im Moment teilt sich der Markt in immer mehr Segmente und fast alle Center werben mit dem Angebot eines gesunden und funktionellen Trainings. Hat dies Auswirkungen auf die Marktposition von Kieser Training? Und wie stehst du dazu, dass immer mehr Center auf «diesen Zug» mitaufspringen?

MA: Natürlich gibt es mittlerweile viele Mitbewerber, die auch eine Form von Krafttraining anbieten, sich jetzt dem Thema Gesundheit annehmen und versuchen, sich dementsprechend zu vermarkten. Das blenden wir natürlich nicht aus. Wir widmen uns aber schon seit Jahren dem Thema Gesundheit. Und in vielen Bereichen, wo jetzt andere auch Fuss fassen möchten, sind wir schon lange präsent.

Ausserdem haben wir eine spezifische Zielgruppe, nämlich diejenigen, die eine geringere Affinität zum Training haben, aber aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation gezwungen sind, aktiv zu werden. Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel gehe ich davon aus, dass unsere Zielgruppe noch weiter wachsen wird. Natürlich ist das aber kein Selbstläufer: In der breiten Bevölkerung gibt es zwar ein Verständnis für die Bedeutung regelmässiger Bewegung, aber dennoch kostet körperliche Aktivität immer noch Überwindung. Aus meiner Sicht ist die grösste Konkurrenz übrigens die Pharmaindustrie. Bei gesundheitlichen Problemen wird heute sehr schnell auf Medikamente zurückgegriffen, um die Schmerzen zu lindern, ohne jedoch das eigentliche Problem in den Griff zu bekommen.

FT: Die engmaschige Betreuung der Trainierenden ist ein wesentlicher Teil des Kieser-Konzepts. Wie gelingt es euch, in Zeiten von Fachkräftemangel und «War for Talents» qualifizierte Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten?

MA: Diese branchenübergreifende Entwicklung spüren wir natürlich auch. Der Job bei Kieser ist anspruchsvoll: Die Instruktoren sind viele Stunden auf der Trainingsfläche und für die enge Arbeit mit den Kunden muss man ein hohes Mass an Motivation und Freude mitbringen. Allerdings sehe ich auch, dass unsere Mitarbeiter dieser Aufgabe mit einer hohen Begeisterung nachgehen. Wir haben auch viele, die z. T. schon seit 30 Jahren bei uns arbeiten und uns die Treue halten. Diese Mitarbeiterloyalität zeichnet Kieser auch aus und ist keine Selbstverständlichkeit. Dennoch versuchen wir, die Arbeitgeberattraktivität weiter zu erhöhen, denn es wird in Zukunft sicher ein noch stärkeres Ringen um gute Mitarbeiter geben.

FT: Ihr habt Franchises in fünf Ländern; das sind fünf verschiedene Gesundheits- und Fitnessmärkte. Sind die Franchisestudios von Kieser auf die einzelnen Märkte zugeschnitten? Und wie schätzt du die Wachstumspotenziale in den unterschiedlichen Märkten ein?

MA: Ich denke, dass die Gegebenheiten auf den deutschsprachigen Märkten vergleichbar sind. Unsere Studios in Australien spielen in dem Zusammenhang sicherlich eine Sonderrolle. Auch die Australier haben Probleme am Bewegungsapparat, allerdings müssen hier soziokulturelle Gegebenheiten schon berücksichtigt werden und diese ggf. auch zu Anpassungen an unserem Konzept führen. Hier waren wir vielleicht in der Vergangenheit zu strikt. Aus diesem Fehler haben wir aber gelernt und gucken heute genauer, wo die jeweilige Marktsituation Anpassungen erfordert. Die Kieser-Methode mit dem Training an unseren Geräten ist allerdings überall gleich, denn sie funktioniert auch überall gleich gut. Die Erfahrungen, die wir in Australien machen, nutzen wir auch für unsere Arbeit hier: Die Kollegen in Australien haben z. B. sehr erfolgreich Physiotherapie in ihr Angebot integriert. Das testen wir aktuell in der Schweiz und verfolgen das Ziel, die Physiotherapie auch bei uns zu etablieren. Den Bedarf für solch ein Angebot sehen wir ganz klar. Man muss allerdings berücksichtigen, dass sich die Voraussetzungen in diesem Bereich zwischen Australien und dem deutschsprachigen Markt klar unterscheiden. Daher brauchen solche Entwicklungen auch ihre Zeit.

FT: Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus? Welche Märkte sollen noch erschlossen werden?

MA: Die Überlegungen, andere Märkte zu erschliessen, gibt es bei uns immer, allerdings liegt unser Fokus klar auf der weiteren Expansion im deutschsprachigen Raum. Auch Australien ist ein Markt, auf dem wir uns sehr gut entwickeln und wo wir eine Verdopplung innerhalb der nächsten fünf Jahren erwarten. Obwohl wir auch auf anderen Märkten Potenzial sehen, konzentrieren wir uns gerade nach der Pandemie vor allem auf die bestehenden Märkte.­­­­

Wie das Schweizer Unternehmen nach Australien gekommen ist, wie das Kieser Training bei den Einheimischen ankommt und wie sich das Konzept von dem hiesigen unterscheidet, erfahren Sie im Interview mit CEO Brett Long und COO Todd Scarce ab Seite 22.

Über den Interviewpartner

Michael Antonopoulos (52) ist seit 2009 CEO und seit 2017 Miteigentümer der Kieser Training AG. Seinen Einstieg bei Kieser hatte der Familienvater, der ursprünglich aus der Finanz- und Beratungsbranche kommt, bereits 2004 als CFO.

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