Ninja-Sport erorbert Österreich

DREI ZWEI EINS SPRUNG!

Konzentration, Spannung, Fokus, los – der Ninja-Sport ist seit einigen Jahren auf dem Vormarsch, nicht zuletzt gepusht durch die Fernsehshow «Ninja Warrior». Das klar definierte Ziel: einen Parcours aus vielen unterschiedlichen Hindernissen so schnell wie möglich absolvieren. Spannung garantiert, auch beim Zuschauen. Pamela Forster ist selbst erfolgreiche Ninja-Athletin und engagiert sich mit der SPORTUNION Österreich für mehr Anerkennung. Eine ihrer Massnahmen für mehr Popularität ist die Zweite österreichische Ninja-Meisterschaft die vom 19. bis 20. Oktober in Wolkersdorf im Weinviertel stattfand.

FITNESS TRIBUNE: Liebe Pam, du bist in der Ninja-Community ziemlich bekannt, auch wegen deiner Teilnahme an «Ninja Warrior Germany». Wie ist es, an einer Show mitzuwirken, die so viel mediale Aufmerksamkeit und enorme Einschaltquoten hat?

Pamela Forster: Es ist extrem viel Druck, mit dem man umgehen muss, weil man nur diese eine Chance hat, den Parcours zu meistern. Aber aufgrund meiner Erfahrung als Kunstturnerin bin ich Wettkämpfe gewohnt und kann mich nur auf das Wesentliche konzentrieren und alles andere sehr gut ausblenden.

Ins Finale habe ich es leider nie geschafft, weil die Konkurrenz einfach extrem stark war. Die Frauen machen denselben Hindernisparcours wie die Männer. Wer den also schafft, ist richtig gut, es kommen wirklich nur die Besten der Besten weiter.

Oft heisst es, wer im Bouldern gut ist oder gern klettert, der ist auch im Ninja-Sport erfolgreich. Stimmt das? Und wo liegen die essenziellen Unterschiede zum Kunstturnen?

In den ersten Shows waren die Hindernisse noch sehr statisch. Da konnte man klar sehen, dass die Kletterer und Boulderer mit ihrer Griffkraft einige Vorteile hatten. Heute ist das nicht mehr so, weil die Hindernisse deutlich «aktiver» geworden sind.

Der grosse Unterschied zwischen Kunstturnen und Parcours liegt einfach darin, dass man sich individuell an neue Situationen anpassen muss: Beim Kunstturnen hast du deine vier Geräte, die stehen immer genau gleich. Daran ändert sich nichts. Beim ParKour und Freerunning musst du dich immer an die Umgebung mit unterschiedlichen Höhen, Weiten, Materialien anpassen. Ähnlich ist das beim Ninja Parcours, da hast du auch Hindernisse, die du vorher noch nie gesehen, geschweige denn ausprobiert hast. Du musst also die Kenntnisse, die du gesammelt hast, gut einsetzen und abschätzen können, wie du die Situation am besten löst.

Fotos: Markus Frühmann

Woher kommt «Ninja Warrior» ursprünglich und wo geht die Entwicklung hin?

Seinen Ursprung hat «Ninja Warrior» in einer japanischen Show, in der Leute einen Hindernisparcours bewältigen mussten. Dieses Format wurde von einer amerikanischen Produktionsfirma übernommen und «Ninja Warrior America» getauft. Sehr schnell wurde die Show durch die immensen Preisgelder und zahlreichen Teilnehmenden aus den unterschiedlichsten Bereichen extrem populär – die Zuschauenden fanden sozusagen immer einen Kandidaten oder eine Kandidatin, mit dem oder der sie sich identifizieren und mitfiebern konnten. Vor fast zehn Jahren kam das Format dann nach Europa, genauer gesagt nach Deutschland. Das Besondere: Es wird in einem Vorab-Casting gefiltert, sodass es nur die Besten in die im TV übertragene Show schaffen.

Damit sie sich besser vorbereiten und es das nächste Mal in die Show schaffen oder noch weiter kommen, haben sich viele Ninja-Sportbegeisterte in den letzten Jahren Parcours in ihre Garagen, Zimmer oder Gärten gebaut. Schliesslich konnten die Leute am Anfang nirgends trainieren, weil es diese Hindernisse einzig in der Show gab. Dieses fehlende Angebot an Trainingsmöglichkeiten hat letztlich aber auch dazu geführt, dass sich die Sportlerinnen und Sportler miteinander vernetzt haben. Daraus ist mittlerweile u. a. die First Ninja League entstanden. So können wir genauso wie in anderen etablierten Sportarten Wettkämpfe ausserhalb des Fernsehformats bestreiten und gegeneinander antreten.

Ist der Ninja-Sport also mittlerweile von einem Fernsehshowformat zu einer richtigen Sportart geworden?

Diese Frage kann ich klar mit Ja beantworten. Früher kam man aus irgendeiner anderen Sportart und hat bei «Ninja Warrior» mitgemacht. Heute gibt es tatsächlich Ninja-Sportlerinnen und -Sportler – diese Entwicklung ist grossartig. Das zeigt, Ninja ist kein Trendsport mehr. Bei den Olympischen Spielen 2028 wird sogar ein Hindernisparcours im «Ninja Warrior»-Stil das Springreiten im modernen Fünfkampf ersetzen.

Warum ist dieser Sport so auf dem Vormarsch?

Ich glaube, dass diese Gleichbehandlung von Frauen, Kindern und Männern schon vieles damit zu tun hat – man macht einfach zusammen Sport und wird nicht auf irgendetwas reduziert. Natürlich kam dem Ganzen auch zugute, dass der Sport direkt von den Medien gepusht und im TV ausgestrahlt wurde. Dadurch erreichte er eine Vielzahl an Menschen, was sonst vielleicht Jahrzehnte gedauert hätte.

Ausserdem ist das Regelwerk recht simpel: Wenn ich ein Hindernis nicht schaffe, scheide ich aus. Das macht den Sport auch für Laien direkt super spannend zum Zuschauen. Es birgt auch eine absolute Unvorhersehbarkeit, selbst der Topfavorit kann durch eine kleine Unachtsamkeit abrutschen und scheidet dadurch vielleicht schon ganz zu Beginn aus.

Fotos: Markus Frühmann

Und was fasziniert dich persönlich an der Sportart?

Man muss sich einfach auf jedes Hindernis spezifisch konzentrieren und darf nicht schon an das nächste denken. Dadurch kann auch ein Newcomer ohne Erfahrung den Parcours schaffen, weil er die Nerven behält, sich konzentriert und im gleichen Moment scheitert der Favorit an genau dieser Einstellung. Kurz gesagt, steht und fällt vieles mit der mentalen Stärke.

Das Zweite, was mich extrem fasziniert, ist die Community: Obwohl die Athletinnen und Athleten eigentlich im Wettbewerb stehen, sehen sie den Parcours als ihren Gegner an, nicht die anderen Teilnehmenden. Man feuert sich gegenseitig an, motiviert und unterstützt – dieses Gemeinschaftsgefühl leben 90 Prozent der Athletinnen und Athleten tatsächlich aus.

Worüber ich aber jedes Mal aufs Neue erstaunt bin, ist die Leistung der Kinder. Wenn man sie so viel klettern, schwingen und hüpfen lässt, wie sie wollen, dann erreichen Kinder unglaubliche Leistungen. Wenn man sie einfach mal machen lässt, ohne sie durch ein «Pass auf!» zu hemmen – aber immer mit entsprechender Absicherung – ist es überwältigend, welche Hindernisse sie überwinden können. Deswegen kann ich sagen, dass ein zwölfjähriges, Ninja-affines Kind sicher bei dem ein oder anderen Hindernis besser abschneidet als ich.

Viele Kinder sind wirklich begeistert von diesem Sport und ein Grund dafür ist sicherlich auch die Community und die Struktur: Es ist zwar ein Wettkampf, aber es stehen Gemeinschaft und Zusammenhalt an erster Stelle, nicht der kompetitive Gedanke. Die Kids stehen heutzutage so sehr unter Druck, dann soll ihr Sport ihnen Entspannung und Freude bringen und nicht zusätzlichen Zwang darstellen.

Wie trainiert denn ein Ninja-Sportler oder eine Ninja-Sportlerin?

Die Topleute in diesem Sport haben einen sehr strengen Trainingsplan, in dem genau steht, wann Kraft, wann Kondition und wann Sprungkraft trainiert werden. Sie kennen ihre Schwächen und Stärken und passen ihren Plan genau darauf an.

Dann gibt es die Leute, die einfach in eine Ninja-Halle gehen und Parcours hinter Parcours absolvieren. Wenn sie merken, es wird zu einfach, variieren sie mit den Hindernissen oder mit der Art, wie sie das Hindernis überwinden.

Ninja-Athletinnen und -Athleten lieben die Abwechslung und die Möglichkeiten, die ein Parcours bietet – es macht einfach Spass, sich selbst zu challengen. Das Motivierende ist, dass man einfache Hindernisse meist schnell schafft und dann nach und nach den Schwierigkeitsgrad erhöhen kann. Dadurch hat man schnelle Erfolgserlebnisse und bleibt mit Freude bei der Sache und es kann einfach jeder und jede.
Letztlich ist das Training von Person zu Person sehr unterschiedlich und schlecht zu verallgemeinern, aber bei den meisten steht einfach die Freude an der Bewegung und an der Herausforderung im Vordergrund.

Fotos: Markus Frühmann

Bietet dieser Sport auch Potenziale für Fitnesscenter, sei es in der Etablierung von eigenen Parcours oder der Ansprache von Ninja-Athletinnen und -Athleten?

Sofern der Platz da ist, können Studios prinzipiell mit ganz einfachen Handgriffen schon erste leichte Hindernisse einführen und diese u. a. auch dafür nutzen, um das Balance- oder Sprungkrafttraining in den Vordergrund zu stellen. Da es super leicht zum Ausprobieren ist und der Sport das Spielerische mit dem Training vereint, wird dieser «Mini-Ninja-Parcours» auch sicherlich auf Interesse stossen. Wer wirklich Ninja-Athletinnen und -Athleten ansprechen möchte, der braucht aber vor allem Platz und Abwechslung. Haben die «Ninjas» nämlich erst einmal den Dreh bei einem Hindernis raus, langweilt sie ein Parcours recht schnell. Wer das aber beherzigt, kann diese auch als Zielgruppe sehr leicht in sein Center locken, denn aktuell gibt es noch sehr wenige Möglichkeiten, um mit guten Hindernisparcours zu arbeiten.

Aber eines sei gesagt: Wer Ninja-Sportler in sein Studio bringt, der hat eine sehr loyale Zielgruppe gewonnen, die auch immer wieder gern kommt, Neues ausprobiert und eine richtige Community mitbringt – das kann sich auch sehr gut auf die Studioatmosphäre im Gesamten auswirken.

Kommen wir zur Zweiten österreichischen Ninja-Meisterschaft: Was erwartet uns und wirst du selbst auch teilnehmen?

Die Zuschauenden dürfen sich auf die Besten der Besten freuen, weil es erstmalig eine Qualifikation gegeben hat. Beim letzten Mal durfte noch jeder an der Meisterschaft teilnehmen und sich ausprobieren – das haben wir nun geändert, damit es für die Zuschauenden spannender wird. Selbst wenn man noch nichts mit dieser Sportart zu tun hatte, ist es das Event definitiv wert, vorbeizukommen. Es gibt immer gute Stimmung, faire Sportlerinnen und Sportler und absolute Höchstleistungen an den Hindernissen. Ich selbst bin nicht als Athletin, sondern als Organisatorin vor Ort. Mit meinem Engagement möchte ich erreichen, dass dieser Sport in Österreich eine grössere Plattform bekommt und viele Vereine und vielleicht sogar Fitnesscenter das Potenzial dieser neuen Sportart erkennen.

Der Ninja-Sport bietet für so viele Zielgruppen unzählige Möglichkeiten und gerade Kinder können damit auch langfristig zum Sport und zu Bewegung animiert werden. Die Zweite österreichische Meisterschaft ist eine wunderbare Gelegenheit, um sich inspirieren und motivieren zu lassen.

Über die Interviewpartnerin

Pamela Forster begann schon früh mit Kunstturnen im Turnverein. Allerdings gehörte sie sportbedingt bereits mit 18 Jahren zur Seniorenklasse und hatte somit wenige weitere Perspektiven. Durch ihr Sportstudium kam die heute 38-Jährige dann zum ParKour und Freerunning, zu diesem Zeitpunkt eine absolute Trendsportart. Auf die Show «Ninja Warrior Germany», damals die erste Show dieser Art im deutschsprachigen Raum, wurde sie erst einige Jahre später aufmerksam. Sie schaffte es in die Show und konnte sich auch dort behaupten. Heute ist die Österreicherin Vorstandsmitglied beim Sportdachverband SPORTUNION und organisiert gemeinsam mit ihrem Team die Österreichischen Ninja-Meisterschaften.

www.sportunion.at

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