Physische Touchpoints für Ernährungsangebote
Kunden können im Studio an vielen Stellen mit Berührungspunkten (Touchpoints) zur Ernährungsberatung in Kontakt kommen. Welche physischen Touchpoints zur besseren Wahrnehmung von Angeboten im Bereich der Ernährungsberatung beitragen können, stellt eine exemplarische «Customer Journey» durch eine fiktive Fitness- und Gesundheitsanlage dar.
Der Customer-Journey-Management-Ansatz betrachtet die Kundenbindung als ganzheitlichen Prozess. Er stellt dabei die Kundschaft in den Mittelpunkt allen unternehmerischen Handelns (Bruhn & Hadwich, 2012; Helmke, Uebel & Dangelmaier, 2017). Da er branchenübergreifend anwendbar ist und alle potenziellen digitalen und physischen Berührungspunkte (Touchpoints) mit den Kundinnen und Kunden abdeckt, wird er in diesem Artikel im Kontext der Ernährungsberatung beschrieben, mit Fokus auf die physischen Touchpoints im Setting Fitness- und Gesundheitsanlage.
Dargestellt wird ein typischer Studiobesuch von Kunden einer Fitness- und Gesundheitsanlage, bei dem der Fokus darauf gelegt wird, die Kundschaft an ganz unterschiedlichen Stellen mit dem Thema Ernährung in Berührung zu bringen. Dabei geht es darum, den Kunden allgemein, aber auch ganz gezielt für bestehende Dienstleistungskonzepte im Ernährungsbereich zu sensibilisieren.
Im gesamten Unternehmen befinden sich potenzielle Touch-points, die auf unterschiedlichste Weise auf das Thema gesunde Ernährung, Gewichtsreduktion, Gesundheitsförderung etc. aufmerksam machen können. Die Kundinnen und Kunden durchlaufen bei jedem Besuch der Anlage eine Art Reise, die diesem Ansatz seinen Namen verleiht (Customer Journey) (Fransewitz, Schill & Kracklauer, 2017). Nachfolgend werden Beispiele für die praktische Umsetzung physischer Touchpoints in Fitness- und Gesundheitsanlagen (Abb. 1) dargestellt.
Der Ein-/Ausgang
Nachdem das Mitglied am Eingang persönlich begrüsst wurde, trifft es auf einen präsent positionierten, grossen Wasserspender. Darauf befindet sich eine Infotabelle zur Flüssigkeitszufuhr und darüber der Spruch:
«H2O-Check! Bist du auch gut vorbereitet? Aus der Tabelle erfährst du, wie viel Flüssigkeit du je nach Belastung pro Tag benötigst! Zudem brauchst du das passende Getränk für deine persönliche Zielsetzung. Wir beraten dich gern!»
Ein weiterer Touchpoint wäre zum Beispiel ein gut platzierter, grosser Obstkorb, in dem sich mit dem Logo des Studios bedruckte Äpfel befinden und der mit dem Hinweis versehen ist: «Hast du heute schon genug Obst gegessen?» Hier kann mit einer ergänzenden Grafik Bezug auf die Bedeutung des Obst- und Gemüseverzehrs genommen und somit das Ernährungswissen der Mitglieder verbessert werden.
Die Umkleide
Mit dieser Info und der nun gefüllten Trinkflasche begibt sich das Mitglied auf den Weg zur Umkleide, wobei es an einem grossen Bild einer Ernährungspyramide vorbeikommt, unter dem der Spruch «Isst du noch oder ernährst du dich schon?» zu lesen ist. Mit diesem Gedanken läuft das Mitglied weiter und geht in die Umkleide, wo sich ein grosser Ganzkörperspiegel befindet. An diesem können Bilder mit Vorschlägen für sinnvolles Mittag-/Abendessen befestigt sein, zusätzlich kann ein Aufsteller im Fönbereich mit kleinen Ernährungspyramiden zum Mitnehmen als Touchpoint genutzt werden.
Die Trainingsfläche
Bevor das Mitglied mit seinem Training beginnt, wird von dem Trainer oder der Trainerin grundsätzlich und vorsorglich der Ernährungszustand sowie die Flüssigkeitszufuhr abgefragt. Dabei kann z. B. festgestellt werden, dass das zum Mittagessen verzehrte Fast Food die Erreichung der Trainingsziele negativ beeinflusst und das Mitglied sich dadurch nun kraft- und energielos fühlt.
Die gut ausgebildeten Trainer, die ausreichende Kompetenzen im Bereich Ernährung vorweisen, entdecken diesen potenziellen Bedarf für eine Ernährungsberatung und gehen aktiv auf das Mitglied zu. Nach einfachen Tipps, die entweder direkt oder auch noch am selben Tag umgesetzt werden können, lenkt der Trainer das Gespräch auf die Ernsthaftigkeit des Themas: Das von der Kundin oder dem Kunden geäusserte Ziel (z. B. Körperfettreduktion) kann schneller erreicht werden, wenn sich ausgiebig mit der eigenen Ernährung beschäftigt wird. Da dies auf der Trainingsfläche nicht umsetzbar ist, vereinbart der Trainer einen Ersttermin zur professionellen Ernährungsberatung. Motiviert trainiert das Mitglied weiter und freut sich auf den Gesprächstermin in zwei Tagen.
Als zusätzlicher Touchpoint im Freihantelbereich könnte ein kleiner Hinweis auf dem Spiegel stehen: «Denke an das richtige ‹Futter› für deine Muskeln». Auch im Cardiobereich am Wasserspender kann beispielsweise ein Spruch angebracht werden: «Nimm Wasser statt Schorle». An den Desinfektions-stationen wäre ein Schild mit der Aufschrift «Optimiere deine Fortschritte durch eine professionelle Ernährungsberatung» denkbar.
Die Theke
Nachdem das Mitglied das Training beendet hat, wird sich nach einem kurzen Small Talk verabschiedet. Dabei wird das Mitglied im Thekenbereich, beispielsweise durch wechselnde Aufsteller (z. B. «Welche Fette und Öle sind sinnvoll?»), mit interessanten Ernährungsthemen in Berührung gebracht. Auch hier kann ein Aufsteller mit kleinen Ernährungspyramiden zum Mitnehmen als ergänzender Touchpoint dienen.
Auch der Hinweis auf die Verwendung von Bio-Milch vom regionalen Bauern für die Eiweissshakes oder auf das Angebot von veganem Proteinpulver und Milchalternativen (z. B. Mandelmilch) kann als Touchpoint im Thekenbereich genutzt werden.
Der Wellnessbereich
Der Wellnessbereich sollte hierbei nicht vergessen werden. Dort können gesunde Getränke (z. B. besonders mineralstoffreiches Wasser, nicht natriumarm) oder kleine gesunde Snacks (z. B. Obst und Nüsse) angeboten werden. In einigen Fällen werden dadurch Fragen zum Thema Essen und Ernährung aufkommen. Das Mitglied möchte eine fachlich kompetente Antwort, weshalb es seine Vertrauensperson im Studio anspricht. Einminütige kostenfreie Kurztipps sind jedoch ohne weiterführende Beratung weder für das Studio noch für das Mitglied sinnvoll und nachhaltig. Dieses Potenzial, das durch ernährungsbezogene Fragen entsteht, muss unbedingt genutzt werden, um Ernährungsberatungen zu verkaufen.
Der Beratungsraum
Zwei Tage später kommt das Mitglied motiviert ins Studio und freut sich auf den persönlichen Termin. In diesem wird schnell klar, dass eine mehrwöchige Ernährungsberatung mit Anschlussbetreuung zur Zielerreichung sinnvoll wäre. Denn Gewichtsmanagement sollte immer aus den drei Säulen Ernährungs-, Bewegungs- sowie Verhaltenstherapie aufgebaut sein (Deutsche Adipositasgesellschaft, 2014). Der Ernährungsberater oder die Ernährungsberaterin gibt dem Mitglied also erste Tipps und ein Angebot für eine Ernährungsbetreuung an die Hand. Hierbei sollte es nie um die Frage des «Wollens» gehen («Möchten Sie vielleicht eine Ernährungsberatung buchen?»), sondern das Mitglied bekommt einen klaren «Fahrplan», mit dem es optimal versorgt ist. Nur Teile davon umzusetzen (nur Training; keine Ernährungsberatung), ist dabei keine Option, da sie allein keinen Sinn ergeben, wenn die Mitglieder ideal betreut werden sollen.
Diese ganzheitliche Vorgehensweise sollte im besten Fall bereits während des ersten Trainingstermins thematisiert worden sein.
Weitere potenzielle Touchpoints
Weitere Touchpoints können im Gesundheits- und Fitnessstudio genutzt werden, um Ernährungsberatung besser zu platzieren:
- Körperanalyse-/BIA-Waage: regelmässige Termine und Besprechung der Zielvereinbarung
- Kursraum: Trainer beenden Kursstunde mit Tipps zum Essen danach
- Aushang und Info in studioeigener App: «Tag der gesunden Ernährung» einmal pro Monat mit Kurzvorträgen und gesunden Snacks
Fazit
Wenn eine Fitness- und Gesundheitsanlage ihren Kundinnen und Kunden ein Erlebnis bietet, das mit positiven Gefühlen verknüpft wird, ist es wahrscheinlich, dass die Mitglieder langfristig bleiben, Umsatz generieren und eine starke Bindung aufbauen (Middelkamp & Rutgers, 2017). Hier können physische Touchpoints im Kontext der Ernährung zum positiven Erlebnis einer ganzheitlichen Betreuung sowie der Unterstützung bei der Erreichung der individuellen Ziele beitragen.
Auszug aus der Literaturliste
Fransewitz, M., Schill, D. & Kracklauer, A.H. (2017). Auf den Spuren des Erfolgs: Mit Hilfe der Customer Journey die Kunden vom ersten Kontaktpunkt bis zur Kundenbindung begleiten. Sales manager – Fachmagazin für marktorientierte Unternehmensführung, (2), 6–9.
Helmke, S., Uebel, M. & Dangelmaier, W. (Hrsg.). (2017). Effektives Customer Relationship Management. Instrumente – Einführungskonzepte – Organisation (6., überarbeitete Auflage). Wiesbaden: Springer Gabler.
Middelkamp, J. & Rutgers, H. (2017). Customer engagement and experience in the fitness sector. Den Bosch: Black Box Publishers.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte info@fitness-tribune.com.