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Erhält der Schweizerische Fitness- und Gesundheitscenter Verband SFGV einen neuen Namen?

An der diesjährigen Mitgliedersammlung vom 18. Mai in Bern hat Ehrenpräsident Roland Steiner seine Vorstellungen für die zukünftige Ausrichtung des Verbandes präsentiert:

Um sich noch mehr von den Kettenbetrieben und Discountern abzugrenzen, empfahl Roland Steiner seinen Mitgliedern, sich auf die Themen Gesundheit und ältere Menschen zu fokussieren und die Angebote in den Centern dementsprechend auszurichten. Er schlug weiter vor, das Wort „Fitness“ im Verbandsnamen komplett zu streichen und es mit dem Wort „Reha“ zu ersetzen. Der Verband würde also zukünftig „Schweizerischer Gesundheits- und Reha-Center Verband“ heissen. Diese Idee sorgte für grosse Diskussionen in der Branche. Roger Gestach sprach mit Roland Steiner über seine Pläne:

RG:  Lieber Roland, kaum ein anderes Wort als „Fitness“ beschreibt die Tätigkeit unserer Branche besser. Warum willst du „Fitness“ aus dem Verbandsnamen streichen?

RS: Vor ca. 13 Jahren hatte ich vorgeschlagen, den Verbandsnamen mit dem Wort Gesundheit zu ergänzen, weil unsere Dienstleistung viel mit Gesundheit zu tun hat. Die Mitgliederversammlung folgte meinem Vorschlag, sodass der Verband seit 2007 «Schweizerischer Fitness- und Gesundheitscenter Verband SFGV» heisst. Seit vielen Jahren wollen sich gemäss unserem Branchenreport 50 bis 70 Prozent der Unternehmungen mehr in Richtung gesundheitsorientiertem Bewegungsangebot positionieren. Das schlagen wir seit zehn Jahren auch so vor. Viele Dienstleistungen unseres Verbandes dienen dieser Positionierung.

Die demografische Entwicklung der Bevölkerung bietet unserer Branche eine einmalige Chance, einen neuen, grösseren Kundenkreis jener Menschen zu erschliessen, die nun das Pensionsalter erreichen. Mit einem gesundheitsorientieren Bewegungsangebot holen wir auf diese Weise viele Interessierte ab, die wissen, dass sie aktiv etwas für ihre Gesundheit tun sollten. Mit zunehmendem Alter kommen auch die einen oder anderen Beschwerden hinzu. Somit stellt sich die Frage, ob nicht auch ein Reha-Angebot einen festen Bestandteil unseres Dienstleistungsangebotes sein sollte.

Mit meinem Vorschlag wollte ich lediglich die Diskussion darüber starten, wohin wir uns bewegen sollten. Ich will nicht den Namen Fitness per se streichen. Ob Fitness inzwischen unsere Dienstleistung wirklich so gut umschreibt, möchte ich aufgrund der Entwicklung der letzten sieben Jahre doch zumindest zur Diskussion stellen.

RG:  Ein Senior und oder ein Reha-Patient, der in einem Center trainiert macht doch auch Fitnesstraining oder nicht?

RS: Sicher ist das so, die Frage ist nur, ob ein Senior oder Reha-Patient in ein Fitnesscenter à la John Reed geht und sich dort wohl fühlt. Der Name Fitness wird leider von den Medien und immer noch einem Teil der Bevölkerung damit in Verbindung gebracht. Es ist doch eine Frage der Positionierung und der Kundenansprache. Wir können nicht alle Kundengruppen über den Namen Fitness abholen. Die Entwicklung geht weiter. Stillstand ist Rückstand. Unsere Branche sollte sich mehr bewegen, bevor die anderen Player im Gesundheitswesen unseren Bereich besetzen. Es genügt nicht, über Einrichtungen und Trainingsarten Bescheid zu wissen, es braucht auch eine unternehmerische Denkweise, sich über die Zukunft der eigenen Unternehmung Gedanken zu machen. Darüber möchte ich die Diskussion anregen und die Branche auffordern, über die Zukunft nachzudenken und sich weiter zu entwickeln. Ich glaube kaum, dass wir unsere Dienstleistungen immer noch gleich anbieten sollten wie zu Beginn, also in den Jahren zwischen 1980 und 1990.

RG:  Immer noch viele Center, die im SFGV Mitglied sind, richten ihr Angebot auf die klassische Fitnesskundschaft aus. Mit einem Namenswechsel riskiert Ihr, dass diese Center sich nicht mehr mit dem SFGV identifizieren können. Wollt Ihr traditionelle Fitnesscenter zukünftig nicht mehr im Verband dabei haben?

RS: Natürlich wollen wir für alle SFGV-Mitglied da sein und ihnen eine Unterstützung anbieten. Viele unserer Dienstleistungen und Unterstützungsangeboten werden auch von den Centern benützt, die sich an die klassische Fitnesskundschaft richten. Ich habe ja auch gar nichts gegen eine solche Positionierung. Das soll der Unternehmer allein entscheiden. Dass Problem ist jedoch, dass sich viele Fitnesscenter kaum voneinander unterscheiden, weder im Angebot noch in der Ausstattung oder in den Trainingsmethoden. Für den potentiellen Kunden ist es dadurch praktisch unmöglich, seine Präferenzen zu formulieren. Viele Menschen bevorzugen eine klare Ausrichtung auf das eigene Ziel. Das fehlende Unterscheidungsmerkmal führt dann dazu, dass jedes Mal, wenn ein Kettenbetrieb sich in der Nähe eines klassischen Fitnesscenters niederlässt, das grosse Wehklagen beginnt. Das stört mich. Klar ist es dann für ein kleines Unternehmen schwierig, sich neben der grossen Konkurrenz im traditionellen Fitnessmarkt zu behaupten. Die finanziellen Ressourcen sind da schon sehr einseitig verteilt. Aus diesem Grund schlagen wir seit vielen Jahren vor, sich mehr in Richtung gesundheitsorientiertem Bewegungsangebot zu positionieren, weil hier der Markt grösser ist und somit die Chance höher, sich im Markt zu behaupten. Durch eine klare Positionierung auf ein genau definiertes Kundensegment kann man sich auch gegen grosse Ketten behaupten.

RG:  Das Wort Reha hört sich für mich nach Krankheit und Spital an. Wieso möchtest Du das Wort Reha im Verbandsnamen haben? Gebe es nicht bessere Alternativen, zum Bespiel Bewegung (Gesundheits- und Bewegungscenter Verband) oder Training (Gesundheits- und Trainingscenter Verband)?

RS: Wie schon ausgeführt, wollte ich vorerst lediglich eine Diskussion darüber auslösen, wohin wir uns entwickeln wollen. Ob wir nun den Namen ändern, ist doch noch völlig offen. Der SFGV hat solche Schritte immer mit einer breiten Vernehmlassung und Diskussion unter den Mitgliedern vorbereitet.

Natürlich tönt das Wort Reha etwas nach Spital. Auf der anderen Seite sind wir in diesem Bereich mit unseren Dienstleistungen sehr gut aufgestellt. Kaum ein anderes Unternehmen kann eine Rehabilitation so kostengünstig anbieten. Wir sollten darüber nachdenken und handeln, bevor immer mehr andere Player wie Spitäler, Reha-Kliniken und Physiotherapien in unsere Geschäftsfelder vordringen. Wir sind nun mit drei eidgenössischen Bildungsabschlüssen hervorragend aufgestellt und sollten die Chance nutzen. Für die klassische Fitnesskundschaft, die immer mehr die Trainingspläne übers Internet bezieht, benötigen wir dieses Bildungsangebot kaum. Ein wichtiger Bereich bei der Kundensuche ist deren Motivation. Die traditionellen Fitnesskunden bewegen sich gerne und haben die Bewegung «im Blut». Hingegen benötigen die Menschen, die bisher keinen Sport betrieben haben, eine andere Motivation. Hier liegt der Fokus auf der Erhaltung der Gesundheit und Muskelkraft. Hier muss die Ansprache und das Angebot auf dieses Zielpublikum abgestimmt werden. Ob und wie der Verband in Zukunft heisst, werden wir dann sehen.

RG:  Wie stehen die anderen Kollegen im Vorstand des SFGV zu einem möglichen Namenswechsel?

RS: Wir werden darüber an unserer Strategietagung im August 2019 sprechen. Immerhin haben sich etliche Teilnehmer an unserer Branchentagung vom Mai 2019 dahingehend geäussert, dass Gesundheit und Reha immer näher zusammenrücken. Viele sehen auch eine Chance für eine Neupositionierung. Ich denke, dass ich damit lediglich eine notwendige Auseinandersetzung der Branche mit dem Thema lanciert habe.

RG: Riskiert Ihr mit einem Namenswechsel nicht, dass es zukünftig einen neuen Fitnesscenter Verband geben könnte und Ihr dann Mitglieder verlieren würdet?

RS: Wie bereits ausgeführt, ist noch nichts beschlossen. Zudem bieten wir sicher weiter viele Dienstleistungen an, die für alle einen echten Mehrwert bringen. Musterverträge für Kunden, Arbeitsverträge, massiv günstigerer Tarif für die Suisa-Gebühren für die Gruppen-Fitness-Kunden, eine kostengünstige Zertifizierung für die Beiträge der Krankenkassen an die Kosten der Fitness-Abos (Fitness-Guide, Gesundheitsförderungsbeiträge), um nur einige der Dienstleistungen zu erwähnen, die auch für klassisch positionierte Fitnesscenter echte Vorteile bringen. Eher das Gegenteil wird der Fall sein, immer mehr kleinere Fitness-Unternehmungen wollen von unseren Dienstleistungen profitieren.

RG: Wie geht es nun diesbezüglich weiter? Wird an der Mitgliederversammlung 2020 über die Namensänderung abgestimmt?

RS: Die Zeit dazu wird kaum reichen. Die Strategietagung des Vorstandes des SFGV wird zeigen, was die weiteren Schritte sind. Das werden wir gerne auch wieder in der FITNESS TRIBUNE mitteilen.

RG: Die Ketten und Discounter sind in der Schweiz weiter am Wachsen. Anderseits will die Migros Ostschweiz MFIT verkaufen. Es ist gerade richtig viel Action im Markt. Wie siehst Du die aktuelle Branchenentwicklung und die damit verbunden Chancen und Risiken für die Einzelcenter?

RS: Der Kettenmarkt lebt einerseits von den Besitzern Migros und Coop, die vor allem auch im Bereich Marketing und Name einen Vorteil haben, der es für kleine Unternehmer schwierig macht, sich zu behaupten. Andererseits pumpt die Finanzbranche viel anlagesuchendes Geld in die Discounter und Kettenbetriebe. Wenn für brachliegendes Geld Negativzinsen bezahlt werden muss, ist es kostengünstiger, das Geld eben in der Fitnessbranche zwischen zu parkieren. Das kann sich ändern, wenn die Tiefzinspolitik ändert, was aber aus meiner Einschätzung in nächster Zeit allerdings kaum der Fall sein wird. Den Verkauf der MFIT der Migros Ostschweiz möchte ich nicht kommentierten, da mir die Fakten dazu fehlen. Ich kenne die Geschäftsergebnisse der MFIT-Center nicht. Zudem hilft ja das Sinnieren über die Ketten und Discounter den Kleinbetrieben nicht weiter.

Wir sollten uns vielmehr überlegen, was es für uns als Einzelunternehmer für Strategien gibt, um zu überleben. Dazu habe ich mir zusammen mit dem Präsidenten des SFGV, Claude Ammann, einige Gedanken gemacht. Wir werden dies an unserer Strategietagung im August 2019 im Vorstand besprechen. Es schwebt mir ein Zusammenschluss der gesundheitsorientierten Unternehmungen im Bereich Marketing vor. So könnten wir gemeinsam auch eine grosse Aufmerksamkeit erreichen und neue Kunden gewinnen.

RG:  Danke Roland für das Interview.

Roland Steiner, Claude Ammann, Roger Gestach

Kommentar von Roger Gestach:

Es ist grundsätzlich richtig, wenn der Verband seinen Mitgliedern empfiehlt, sich zu konzentrieren und nicht mehr alle Zielgruppen anzusprechen. Ebenfalls ist es sicher eine gute Empfehlung des SFGV, sich auf die Themen Gesundheit und Senioren zu spezialisieren. Hier besteht ein sehr grosses Potential und die inhabergeführten Center haben Vorteile gegenüber den Ketten. Doch warum braucht es einen Namenswechsel des Verbandes?

Persönlich stört mich gar nichts am Namen Fitness. Auch ein Senior, der trainiert, macht Fitness! Auch ein Reha-Training ist ein Fitnesstraining! Ich persönlich finde sogar, dass es kein besseres Wort für unsere Branche gibt als Fitness. Reha tönt für mich nach Spital und Krankheit. Wenn man schon das Wort Fitness streichen möchte, dann würde ich es allenfalls ersetzen mit Bewegung oder Training, aber nicht mit Reha.

Ich finde es aber trotzdem sehr gut, dass Roland Steiner diese Diskussion angeregt hat. Es ist richtig, dass sich auch ein Verband von Zeit zu Zeit hinterfragt. Ich gebe ihm absolut Recht, dass die Dienstleistungen unsere Branche sich zukünftig verändern müssen. Nichts ist beständiger als der Wandel! Nur: Bewährtes kann man stehen lassen und dazu gehört für mich der Name Fitness.

Wie ist Ihre Meinung? Soll der SFGV das Wort Fitness mit Reha ersetzten? Schreiben Sie mir:

info@fitnesstribune.com