Kolumne von Eric-Pi Zürcher: Warum Neugier der Schlüssel zu Wachstum ist

Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Tage als Trainer im Fitnesscenter? Als alles spannend war, Sie jeden Tag Neues entdeckten? Wie ist es heute? Hat die Routine die Neugier „verscheucht“ – oder bleiben Sie gierig nach Neuem (also neugierig)?

Alle Menschen haben eines gemeinsam: Sie sind unterschiedlich. Das betrifft auch das Wissen und Können. Und so befindet sich jeder Mensch auf einer individuellen Reise. Das trifft auch im Fitnessberuf zu. Alle Trainerinnen und Trainer befinden sich auf ihrer Fitnesslaufbahn an einem unterschiedlichen „Ort“. Fitness beinhaltet so viele verschiedene Themen, die immens gross sind. Kein Mensch kann da bei jedem Thema den völligen Durchblick haben. Folgender Satz mag für manche Ohren äusserst unsympathisch klingen: Unser Fach-Unwissen ist viel grösser als unser Fachwissen. Und diese Diskrepanz wächst ständig, denn das Wissen bei Fitnessthemen nimmt stets schneller zu als wir lernen können. 

Trotz Erfahrung – „Anfängergeist“ behalten

Beachten Sie bitte die Skizze A. Der kleine Punkt symbolisiert Ihr Wissen und der (zu klein dargestellte) Kreis das gesamte Fitnessfachwissen, das in diversen Themen aufgeteilt ist.

Auch wer bereits lange in der Fitnessbranche tätig ist, wird niemals das gesamte Fitnesswissen in seiner Fülle verstehen können. Das ist gut so, denn so kann auch ein langjähriger Fitnessexperte ein Leben lang lernen und den „Anfängergeist“ behalten. 

Ist das nicht schön? Ich finde ja! Lebenslanges Lernen ist eben nicht nur eine Floskel. 

Doch wer allerdings glaubt, alles zu wissen, der kann nicht mehr dazulernen. Der Glaube, man habe in der Welt der Fitness ausgelernt, ist bestenfalls dumm. Schauen Sie sich bitte nochmals die beiliegende Skizze A an, um die Relationen zu sehen.

Oft weiss man nicht, dass man nicht weiss. Noch vor einigen Jahren kannte kaum eine Trainerin oder Trainer Faszientraining oder Myokine. Sich fürs ganze Leben als Schülerin oder Schüler zu sehen, ist ein erquickendes Lebenselixier, das einen frischen Blick auf das Leben ermöglicht. Wir sollten nicht so leben, als sei der heutige Tag der letzte, wir sollten ihn so leben, als sei er der erste. 

TEACH ME, CHALLENGE ME, TEACH YOU

Die Gattung Homo sapiens hat eine wunderbare Eigenschaft. Unsere Spezies kann sehr gut voneinander lernen. Und dank der Technologie können uns auch andere Menschen etwas beibringen, die wir meist nie kennenlernen werden, weil sie oft weit weg leben (z. B. auf anderen Kontinenten) oder seit vielen (Tausenden) Jahren tot sind. Diesen üppigen Wissensschatz sollten wir punktuell heben. Dazu kann auch die Methode „Plus, Gleich und Minus“ beitragen. Im Folgenden stelle ich Ihnen die drei genannten Bereiche gern vor (siehe hierzu auch Skizze B):

Plus-Bereich: TEACH ME
Hier sind wir die Schüler und lernen von jemandem, der die entsprechende Materie viel tiefer versteht. Die Differenz zwischen uns und der Lehrkraft ist gross. Die Quelle des Wissens kann ein Mentor, ein Professor, ein Buch, ein Kurs oder eine Dokumentation sein. Sich mit Wissen „betanken“, das neue Blickwinkel öffnet, Denkhorizonte weitet, Differenzierungen ermöglicht, ist als gedankliches Krafttraining hochkarätig. Es macht das Leben facettenreicher und mit dem gewonnen Wissen können wir auch Topjobs „anlächeln“. 

Gleich-Bereich: CHALLENGE ME
Hier konkurrieren wir, weil alle Teilnehmer ein ähnliches Level aufweisen. Die Wirtschaft und vor allem der Sport lebt von diesem Bereich. Auch hier können wir von anderen profitieren, denn die Konkurrenten (ob im Sport oder im Beruf)stellen uns vor Herausforderungen, die unsere anatomischen und gedanklichen Muskeln fordern und somit anschwellen lassen. 

Minus-Bereich: TEACH YOU
Je mehr wir wissen (oder je älter wir werden), desto mehr geht es darum, dass wir Wissen und Können an andere weitergeben. Das können Kunden, Kinder und andere Mitmenschen sein. Und jeder aufrichtige Lehrer oder Trainer weiss, dass er von seinen Schülern oder Kunden immer auch lernen kann. Wir Menschen beeinflussen uns gegenseitig. 

Ein spannendes und gelingendes Leben wechselt ständig zwischen den drei Bereichen ab. Es ist genauso wie im Training –
Vielfalt schlägt Einfalt. Nochmal, weil es so wichtig ist: Wir können nicht alles wissen, was wir nicht wissen. Es ist deshalb smart, wenn wir jeden Morgen gleich die „Entdeckerbrille“ aufsetzen.  

Tipp: In „tückischen Gewässern segeln“

Einspruch! Von manchen Firmen oder Chefs kann man ja gar nichts lernen! Abgelehnt. Ich habe branchenübergreifend einige Chefs erlebt, von denen ich vor allem eines lernte: Wie man es NICHT machen sollte. Ist das nicht schon sehr viel? Ich behaupte: Ja, das ist es. 

Bei einem meiner Chefs ging ich am letzten Arbeitstag in sein Büro, sagte ihm: „Vielen Dank für deine Inkompetenz in so vielen Dingen. Es hat mich viel gelehrt.“ Ich sagte es ihm freundlich, ohne Groll. Ein Credo von mir: Kein noch so unsympathischer oder inkompetenter Mensch ist mir so wichtig, dass ich deswegen „Kampfhormone“ produzieren muss. Glauben Sie mir: Seither ist mein Leben viel angenehmer geworden. 

Fazit

Bleiben Sie neugierig. Seien Sie gierig nach Neuem. Es gibt so viel Wissen, das es in der (Fitness-)Welt zu entdecken gibt. Ist das nicht eine wunderbare Welt?

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Eric-Pi Zürcher

Über den Autor
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Eric-Pi Zürcher

Der eidg. diplomierte Fitness-Instruktor und Swiss-Olympic-Konditionstrainer hat bereits als Trainer, Cheftrainer und Centerleiter in diversen Betrieben rund um Bern gearbeitet. Auch als Personal Trainer war er jahrelang selbstständig. Seit über 12 Jahren ist er hauptamtlich als Fitnesstrainer für den FC Thun tätig. pierzuercher@gmail.com
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