„Die Community macht dich einzigartig“

Gemeinschaft mit Gruppenfitness stärken

Der Aufbau einer starken Community kann ein wesentlicher Schlüsselfaktor für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg darstellen. FITNESS TRIBUNE sprach mit der Gruppenfitness-Instruktorin Maddalena Boccella über das Community-Building im Fitnesscenter als strategische Aufgabe und was andere Bereiche in dieser Hinsicht von der Gruppenfitness lernen können.

FITNESS TRIBUNE: Maddalena, du bist Gruppenfitness-Instruktorin und auch Dozentin in diesem Bereich. Wie lange machst du das schon?

Maddalena Boccella: Oh, schon recht lange. Kursleiterin und Instruktorin bin ich seit 2011, also mittlerweile bereits seit 14 Jahren. 2015 bin ich in das Schweizer Les Mills Nationalteam aufgenommen worden und im darauffolgenden Jahr habe ich bei der SAFS als Dozentin angefangen.

Machst du das hauptberuflich?

Nein, das ist mehr mein Hobby, für das ich glücklicherweise zusätzlich zum Spass auch noch bezahlt werde. Hauptberuflich bin ich ausgebildete Primar- und Sekundarlehrerin.

Wie bist du zu diesem „Hobby“ gekommen?

Als Kind habe ich Geräteturnen gemacht und habe Fussball gespielt. In meiner Jugend wollte ich etwas anderes für mich finden. Meine Mutter hat mich überredet, mal mit ihr ins „Turnen“ bei der Klubschule Migros zu gehen und am Ende war dieses „Turnen“ eine Bodytoning-Lektion mit Aerobic-Elementen und Kraftübungen, angeleitet durch eine Gruppenfitness-Instruktorin. Ich fand das mega cool. Mit 18 hatte ich dann mein erstes Abo in einem Fitnesscenter abgeschlossen und jedes Mal, wenn ich ins Gym kam, habe ich aus einem Raum Musik gehört und das hat mich neugierig gemacht – es war deren Gruppenfitnessbereich. Die Kursleiterin hat mich dann später an die ETH Zürich eingeladen, an der man in einer grossen Halle all die verschiedenen Programme kennenlernen und ausprobieren durfte. Die motivierende Musik, die passenden Choreografien dazu, die Energie der Instruktoren und die Gemeinschaft in der Gruppe – das war alles genau mein Ding. Ich habe mich direkt nach diesem Event für Instruktor-Ausbildungen angemeldet und diese absolviert. 2015 wurde dann ein sogenanntes Bootcamp angeboten, weil Nachwuchs für das Nationalteam gesucht wurde. Dort bin ich dann als Presenterin ausgewählt worden. Der nächste Schritt folgte dann als Dozentin und Ausbilderin.

Wie viele Lektionen pro Woche unterrichtest du und welche Lektionen gibst du?

Das variiert. Aktuell habe ich vier feste Lektionen pro Woche. Hin und wieder kommt dann noch die eine oder andere Vertretungsstunde hinzu.

Was ist für dich das Besondere an Gruppenfitness?

Definitiv die Gemeinschaft, das „Socializing“. Es ist die Energie, die man sich gegenseitig gibt. Man kennt die anderen Teilnehmer und freut sich darauf, sich in der nächsten Lektion wiederzusehen und gemeinsam Spass zu haben, ohne dass man sich speziell dafür verabreden muss. Hinzu kommen die Musik und der Instruktor, der dich motiviert und anleitet. Die Power, die das alles zusammen entwickelt, macht das Training eben nicht nur zu einem Training, sondern zu einem Erlebnis.

Während der Corona-Massnahmen gab es viele Online-Angebote, entweder on demand oder auch live. Trotz dieser Alternativen, die es ja nach wie vor gibt, trainieren laut der Eckdaten der Schweizer Fitnesswirtschaft von swiss active heute mehr Menschen in Schweizer Fitnesscentern als vor der Corona-Zeit. Woran liegt das aus deiner Sicht?

Ich denke, während der Corona-Massnahmen ist vielen Leuten überhaupt erst bewusst geworden, dass sie nicht nur wegen des Trainings und der Geräte ins Fitnesscenter gehen, sondern auch wegen der Menschen. Es gibt dir einfach mehr, wenn du etwas gemeinsam mit anderen machst. Dabei spielt es keine Rolle, ob du zu einem Gruppenfitnessangebot gehst, mit einem Partner zusammen trainierst oder einfach nur vor oder nach dem Training an der Theke ein kurzes „Schwätzchen“ mit anderen hast. Hinzu kommt, dass während der Corona-Zeit ja auch viele andere Freizeitaktivitäten eingeschränkt waren und vielleicht manche mit dem Training zu Hause angefangen haben, die vorher noch gar nicht in einem Gym angemeldet waren und so überhaupt erst diese Art von Sport für sich entdeckt und den Weg ins Fitnesscenter gefunden haben.

Wie wichtig ist Community-Building deiner Meinung nach aus Sicht der Unternehmen – beispielsweise im Hinblick auf Fluktuationsrate und Umsatz?

In meinen Augen ist das Community-Building ein elementarer Baustein für den Erfolg. Sonst könnte so gut wie jeder sein Training auch zu Hause oder sonst irgendwo machen. Dafür braucht es nicht zwingend ein Fitnesscenter, auch wenn das vor dem Hintergrund der Trainingsplanung und -betreuung in jedem Fall sinnvoll ist. Aber je stärker die Community ist, desto stärker ist auch die Bindung an das Studio. Räumlichkeiten und Geräte sind austauschbar, aber die Community ist spezifisch. Die kann ich nicht mit zu einem Wettbewerber nehmen.

Gibt es womöglich gewisse Voraussetzungen, die ein Club erfüllen muss, um eine Community zu entwickeln – z. B. ein spezifisches Angebot oder auch eine gezielte räumliche Gestaltung?

Das Angebot von Gruppenfitness hilft natürlich dabei. Gleichzeitig reicht es auch nicht einfach aus, Gruppenfitness anzubieten und davon auszugehen, dass dann automatisch eine Community entsteht. Es geht darum, die Möglichkeit für gemeinsame Erlebnisse zu schaffen und dem Community- Building einen Raum zu geben. Rein baulich gesehen könnte das ein Loungebereich oder so sein. Aber man muss auch Mitarbeitenden sowie Mitgliedern die Zeit dafür geben – beispielsweise, indem man zwischen den verschiedenen Lektionen eine Pause einplant, sodass die Leute noch ein wenig vor bzw. nach den Lektionen ins Gespräch kommen können. Eine weitere Möglichkeit ist, in mehr oder weniger regelmässigen Abständen besondere Trainingsevents anzubieten und anschliessend noch einen kleinen Apéro zu veranstalten, wo die Leute zusammenkommen und sich austauschen können.

Was können Betreiber tun, um das Community-Building gezielt zu fördern?

Meiner Meinung nach muss das Community-Building bereits auf der Leitungsebene thematisiert werden. Der Gemeinschaftsgedanke muss im Fokus sein und das gesamte Fitnesscenter muss dahinterstehen. Dabei geht es auch da- rum, dass die Trainer auf der Fläche das Gruppenfitnessangebot kennen oder sogar selbst besuchen und umgekehrt. Nur so kannst du die verschiedenen Angebote und damit auch die Trainierenden gezielt vernetzen. Wenn jeder immer nur seinen Bereich im Blick hat, dann ist auch das Fitnesscenter gedanklich geteilt. Letztlich müssen alle miteinander den Gemeinschaftsgedanken leben.

Wie kann man diesen Prozess als Trainer aktiv und systematisch gestalten?

Der Mensch ist ein soziales Wesen und die Fitnesscenter erfüllen diesbezüglich eine wichtige Funktion. Als Trainer oder Instruktor in einem Fitnesscenter ist es eine meiner Kernaufgaben, genau darauf ein Auge zu haben. Ich muss erkennen, wer schon gut in der Gemeinschaft integriert ist und wen ich vielleicht noch verstärkt abholen und ihm den Weg in die Community bereiten muss. Hierfür brauche ich eine entsprechende Empathie und eine Sensibilisierung meiner Wahrnehmung.

Hältst du im Hinblick auf das Community-Building auch die Qualifikation der Mitarbeitenden für bedeutsam?

Ja, unbedingt. Klar gibt es Menschen mit sozusagen einer natürlichen Begabung dafür, auf andere zuzugehen und sie miteinander zu vernetzen. Diese Soft-Skills kann man aber auch lernen und vor allem gezielt weiterentwickeln.

Welche Rolle spielt auch die Präsenz des Studios ausserhalb der Studiowände für ein erfolgreiches Community-Building? Stichwort: Social Media und Merchandising.

Eine Community ist geprägt durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Und dieses Gefühl ist im Regelfall umso stärker, je präsenter die Community im gesamten Leben ist. Das wird unter anderem auch durch die Vielfalt der verschiedenen Touchpoints und die Häufigkeit der Kontakte beeinflusst. Vor diesem Hintergrund ist heutzutage ein professionelles und gut durchdachtes Social-Media-Marketing mit entsprechendem Content auf verschiedenen Kanälen sehr wichtig. Auch ein Merchandising kann dabei durchaus helfen. Wenn meine Kunden mein Merchandising kaufen, zeigt es mir, ob jemand sich mit meinem Unternehmen identifiziert und verbunden fühlt. Bei einem Junggesellinnenabschied haben z. B. auch alle das gleiche Shirt an, um ihre Zugehörigkeit zu der Gruppe zu signalisieren.

Denkst du, man kann etwas aus dem Community-Building im Gruppenfitnessbereich auf andere Bereiche, wie beispielsweise das Training auf der Fläche, übertragen?

Als gute Gruppenfitness-Instruktorin habe ich meinen Fokus sowohl auf der Gruppe als Ganzes als auch auf jedem einzelnen Teilnehmer. Vielleicht ist das etwas, was man auch auf die Trainingsfläche übertragen kann. Die Trainer sollten nicht nur die einzelnen Kunden und deren Übungsausführung etc. im Blick haben, sondern auch erfassen, wer gerade insgesamt alles im Studio ist und wie man hier vielleicht auch die Kunden miteinander „connecten“ kann.

Hältst du es also für sinnvoll, dass Unternehmen gezielt auch die Gemeinschaft unter ihrem Trainer- und Instruktorenteam fördern?

Absolut. Das finde ich sehr wichtig! Wie soll ein Fitnesscenter gezielt eine Community gestalten, wenn diese schon nicht innerhalb des Teams besteht? Die Kunden spüren den Spirit eines Unternehmens und seines Teams ganz genau. Wenn das Team harmoniert, „springt der Funke über“ und es kann eine starke Community auch mit und unter den Mitgliedern entstehen.

Welche Empfehlung würdest du aus deiner Erfahrung heraus Betreibern mit auf den Weg geben?

Legt den Fokus auf eure Community! Sie ist eines der wertvollsten Assets, die ihr habt. Sie ist nicht austauschbar und macht euch einzigartig. Habt ein offenes „Mindset“ und wagt euch, neue Dinge auszuprobieren und die Basis für gemeinsame Erlebnisse zu schaffen.

Maddalena Boccella

Die Sekundarlehrerin und ehemalige Fussballerin führt die Bereichsleitung „Gruppenfitness“ im Aquafit in Sursee und ist seit 2015 ausserdem Les Mills National Trainerin und SAFS Dozentin. Maddalena begeistert ihre Teilnehmenden durch ihre offene, positive und humorvolle Art. Neben den LES MILLS Programmen mag sie am liebsten die Functional-Trainingsfläche.

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