«Es war unfassbar, das hätte ich nie erwartet»
ACTIV FITNESS, eine der grössten Fitnessmarken der Schweiz, feiert dieses Jahr 40. Jubiläum. Diesen herausragenden runden Geburtstag haben wir uns zum Anlass genommen, um mit Firmengründer Armin Fach über die Anfänge der Fitnesskette in den Achtzigerjahren zu sprechen – über Hürden, glückliche Fügungen und jede Menge Arbeitseifer.
FITNESS TRIBUNE: Lieber Armin, herzlichen Glückwunsch zu diesem imposanten Jubiläum! Wie hast du den Weg von der Leichtathletik in die Fitnessbranche gefunden? Und was hat dich schliesslich dazu bewogen, ein Fitnessstudio zu gründen?
Armin Fach: Damals haben wir in der Leichtathletik natürlich auch schon Krafttraining gemacht. Es war zwar nicht viel vorhanden, aber es war ein wichtiger Bestandteil unseres Trainings. 1976 kam ich dann in die Schweiz und habe in verschiedenen Centern trainiert. Die Übungsausführung war grauenhaft und die Trainer waren damals eigentlich nur Aufsichtspersonen. Nach Absprache mit dem Besitzer eines Studios, in dem ich Mitglied war, habe ich dort fachlich ausgeholfen, denn immer mehr Leute haben mir beim Trainieren zugeschaut und nachgefragt, wie und wieso ich was mache. Damals wurde mir bewusst: Das ist ein Thema für mich. Ich kann das vermitteln und rüberbringen; die Leute hören mir zu. Ich machte mir also Gedanken zu einem Konzept, schaute mich bei anderen Fitnesscentern um, machte mir Notizen, knüpfte Kontakte und überlegte mir die Finanzierung.
1984 war es dann so weit. Ich habe ein kleines Inserat aufgegeben: «Suche 150 bis 200 Quadratmeter». Daraufhin hat sich ein Möbelhändler mit einem 800 Quadratmeter grossen Lagerraum in Erlenbach bei mir gemeldet, der mir einen Teil davon zur Verfügung stellen wollte: «Wir müssen einfach die Möbel verschieben, dann können Sie Wände und Türen einbauen und schon haben Sie hier ein Studio!» Die Lage war optimal, die Miete passte auch und so kamen wir überein. Gemeinsam mit Freunden habe ich mit kleinem Budget selbst renoviert: Wände, Türen und Duschen eingebaut. Dann fehlten nur noch die Geräte. Glücklicherweise hat ein bekanntes Studio am Paradeplatz in Zürich damals seine alten amerikanischen Geräte ausgetauscht. Die konnte ich günstig abkaufen und nach Erlenbach transportieren lassen. So hatte ich 13 funktionierende Geräte, zwei gebrauchte kleine Velos und ein paar Kurzhanteln. Das wars, so habe ich angefangen. Sukzessiv ausgebaut habe ich immer erst, wenn ich das Geld hatte.
Vor 40 Jahren war der Blick auf Fitnesstraining noch ein anderer. Wie hast du die Eröffnung erlebt?
Zur Eröffnung habe ich einen Tag der offenen Tür gemacht, samstags von 9 bis 16 Uhr. Bis 12 Uhr war einfach niemand da. Dann kamen zwei Bodybuilder rein. Sie haben sich umgeguckt und dann festgestellt: «Der hat ja nicht mal Spiegel. Und Protein auch nicht.» Wir haben gesprochen und dann war schnell klar: Das war nicht die Kundschaft, die ich wollte, und sie hatten auch kein Interesse. Kurz später fuhr ein Rolls-Royce vor. Eine Dame stieg aus und kam zu mir rein. Sie hat mir dann von einem Luxuscenter in Zürich erzählt und wie toll es dort ist. Das waren die drei Leute, die zur Eröffnung kamen. Montags war auch niemand da – bis abends um fünf. Da kam dann auf einmal ein junger Mann rein, schaute sich um, sagte: «Ja, ich möchte ein Abo lösen.»
Wie war denn der Markt damals an der «Goldküste»? Gab es bereits Konkurrenz oder hattest du das Monopol?
1983 habe ich mir Zeit genommen, bin durch die Schweiz gependelt und habe alles angeschaut, was damals vorhanden war. Damals war die Zeit der Gymnastikstudios. Die gab es in jedem Ort. Dort kamen Frauen zusammen und haben Gruppenfitnesskurse gemacht. Ansonsten gab es noch ein paar kleine Center, zum Beispiel in Küsnacht, und vor allem Kampfsportstudios mit ein paar Geräten.
Wie bist du an deine Kundschaft damals herangetreten? Hattest du eine konkrete Vorstellung von einer Zielgruppe?
Für die Eröffnung hatte ich DIN-A4-Blätter mit Filzstift beschriftet, bin mit dem Velo nachts durch die Dörfer gefahren und habe überall diese Zettel aufgehängt. Der Tag der offenen Tür lief dann zwar schleppend, aber mein erster Kunde hatte mich direkt weiterempfohlen. Und so kamen über Mundpropaganda immer mehr Mitglieder.
Im Hinblick auf die Zielgruppe wollte ich von Anfang an einen breiten Markt bedienen. In der Zeit, als ich mir andere Center angeschaut habe, sind mir vor allem die Preise aufgefallen. Ich fand sie fast schon unverschämt für das, was sie geboten haben. Da habe ich gedacht, das geht so nicht. Ich wollte eine ganz andere Preispolitik betreiben. Das war sicher auch mit ein Grund für die Leute, zu mir zu kommen. Es waren Preise, die sich die Leute erlauben konnten. Ausserdem bot ich zwei kostenlose Probetrainings an. Das gab es sonst einfach nicht. Das hat sich natürlich ganz schnell herumgesprochen, ist ja auch ein gutes Argument für viele: also erstmal gratis ausprobieren und dann deutlich weniger bezahlen als bei anderen.
In dieses kleine Studio in Erlenbach kamen dann aber tatsächlich auch Prominente und Milliardäre – ich war ja an der «Goldküste»! Es war unfassbar, das hätte ich nie erwartet.
Zum Schluss zählte das allererste Studio 742 Mitglieder und das gerade mal auf ca. 140 Quadratmetern. Wie hast du das organisiert?
Am Anfang war ich Putzmann, Servicekraft, Trainer und Studioleitung in einem und somit auch für alle da. Mit der Zeit hatte ich immer mehr Mitglieder und in Absprache mit dem Möbelhändler konnte ich die Wände immer weiter verschieben, sodass ich zum Schluss 240 Quadratmeter und einen kleinen Raum für Stretching hatte. Ich hatte dann auch ein paar Aushilfen, die vor allem Stretching mit den Mitgliedern gemacht haben. Die Zeit war schon sehr happig und das Geld war immer knapp.
Was waren die grössten Herausforderungen, denen du dich stellen musstest? Was macht ihr seit 40 Jahren richtig? Und auch andersherum: Aus welchen Fehlern hast du gelernt?
Eine der grössten Herausforderungen war wahrscheinlich, dass ich jeden Franken dreimal umdrehen musste. Wenn man knapp bei Kasse ist, ist es wirklich nicht einfach, etwas Neues zu gründen und am Leben zu halten. Für das Studio in Meilen hatte ich dann einen Partner, den ich durch ein Seminar bei Werner Kieser kennengelernt hatte. Doch die Zusammenarbeit hat nicht so gut funktioniert, weshalb wir wieder getrennte Wege gegangen sind. Dadurch war für mich die finanzielle Belastung jedoch nochmals höher. Glücklicherweise habe ich dann aber einen anderen Unterstützer gefunden, dem ich durch harte Arbeit innerhalb kürzester Zeit das Darlehen zurückzahlen konnte.
Was ich richtig gemacht habe? Ich glaube, gut war es, mir klar zu machen, was ich wirklich will, und mich immer wieder zu korrigieren, wenn ich gemerkt habe, dass etwas nicht funktioniert. Auch mit allen Mitgliedern gleich umzugehen, sie alle wertschätzend zu behandeln, ohne dabei die Distanz zu verlieren, wussten meine Kundinnen und Kunden immer zu schätzen. Ausserdem muss ich sagen, dass einfach auch unser Angebot von Kraft, Ausdauer, Aerobic und Kinderhort sehr gut ankam.
Warum, glaubst du, hast du es – anders als andere – geschafft, deine Studios aufzubauen und vor allem auch zu halten?
Die Nähe zu den Mitgliedern war schon wesentlich. Mir war es einfach wichtig, die Namen der Mitglieder zu kennen, zu wissen, wer sie sind, welche Probleme sie haben und was sie möchten. Das hat mich wahrscheinlich auch ein bisschen ausgezeichnet und sicherlich auch zur Kundenbindung beige tragen. Ich habe ausserdem auch schon früh versucht, mir ein Netzwerk aufzubauen. Es ist einfach wichtig, zu wissen, wer was macht.
Im Unterschied zu einigen Branchenkollegen hatte ich auch immer die Kosten im Blick. Ein Kollege hatte damals ein Studio in Luzern eröffnet – Toplage, aber auch sehr hohe Mietkosten. Er selbst hat auch auf grossem Fuss gelebt und sich gern präsentiert. Nach 1,5 Jahren war das Center pleite. Ich hab aber immer auf die Wirtschaft, die Miete und die Löhne geachtet. Das sind einfach Knackpunkte. Du musst ein System entwickeln, wie du damit umgehst. Und dann natürlich auch immer wieder überarbeiten und aktualisieren.
Was rätst du Betreiberinnen und Betreibern, damit sie nachhaltig wachsen können?
Essenziell ist es, dass du einfach weisst, was du willst. Dann musst du ein System entwickeln, das funktioniert. Aber damit es funktioniert, musst du auch immer wieder justieren: die Entwicklungen im Auge behalten, hinterfragen und konsequent am eigenen Konzept arbeiten. Und so lernst du auch peu à peu. Das ist enorm wichtig, egal, wie gross du bist. Das spielt überhaupt keine Rolle. Häufig ist es nämlich ein Problem, dass sich die Leute darauf ausruhen, wenn «der Laden brummt». Sie werden dann nachlässig – sowohl im Umgang mit den Mitgliedern als auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Wie lange ist das längste Mitglied schon dabei?
Tatsächlich trainiert mein allererstes Mitglied immer noch bei ACTIV FITNESS. Diesen ersten Vertrag habe ich auch heute noch.
Über den Interviewpartner
Für Armin Fach (73) gehörte Fitnesstraining schon immer zum Leben dazu – ob als Leichtathlet, Centermitglied oder letztlich selbst als Trainer und Studiobetreiber. Nach zahlreichen Weiterbildungen und Lehrgängen eröffnete er 1984 ACTIV FITNESS, damals noch unter dem Namen «Fitnessstudio Erlenbach», das sich im Laufe der Dekaden mit seinen 121 Studios zu einem der grössten Fitnessanbieter in der Schweiz entwickelte.