Beckenbodentraining mit Empathie: Wie Daniela Vollenweider Frauen zu mehr Lebensqualität verhilft

Daniela Vollenweider hat ihr Personal-Training-Business gezielt auf Gesundheits-, Beckenboden- und Fitnesstraining in der zweiten Lebenshälfte ausgerichtet. Im Interview mit der FITNESS TRIBUNE spricht sie über Lebensqualität, Tabuthemen wie Inkontinenz und warum echte Verbindung zu den Trainierenden wichtig ist.

FITNESS TRIBUNE: Liebe Daniela, du hast dein Personal-Training-Business mit Ende 30, Anfang 40 gegründet, dich auf Frauen in der zweiten Lebenshälfte spezialisiert. Was motiviert dich, dich so engagiert für Themen wie Beckenbodenfitness einzusetzen? 

Daniela Vollenweider: Angefangen hat alles mit 16 – damals war ich Aerobic-Instruktorin. Ich habe jahrelang unterrichtet, bin herumgehüpft und habe die Teilnehmenden lautstark motiviert. Das war eine intensive Zeit voller Energie. Doch als ich mit 24 Jahren zum ersten Mal Mutter wurde, kam auch ein Wandel. Ich wollte beruflich etwas ruhiger werden. Meine Vollzeitausbildung zur Bewegungspädagogin hatte ich geplant kurz vor der Geburt meiner Tochter abgeschlossen – das eröffnete mir neue Möglichkeiten.

Ich habe mich gezielt auf Menschen in der zweiten Lebenshälfte spezialisiert. Und das ist so bereichernd – fachlich und menschlich! Ich bekomme viel Wertschätzung von meiner Kundschaft. Es entstehen echte Gespräche, persönliche Verbindungen – diese Arbeit ist einfach menschlich wertvoll. Eher eine Herzensverbindung als nur kommen, konsumieren und wieder gehen. Menschen in der zweiten Lebenshälfte stehen vor anderen Herausforderungen als jüngere – das finde ich spannend. Ich möchte mein Wissen gezielt in der Gesundheitsbranche einbringen, mit Fokus auf diese Lebensphase. In diesem Zusammenhang ist auch das Beckenbodentraining ein grosser Teil meiner Arbeit geworden.

Was bedeutet für dich aber überhaupt „zweite Lebenshälfte“? Worauf legt diese Zielgruppe im Gesamten besonders Wert in der Betreuung? Und wo unterscheiden sich ihre Bedürfnisse – schliesslich ist die Altersspanne mit 50 bis 105 enorm.

Genau – das hast du sehr treffend formuliert. Meine älteste Klientin ist aktuell 103 Jahre alt! Ich leite sowohl Einzeltrainings mit Privatklientinnen und -klienten als auch Gruppentrainings in drei Altersheimen, wo ich gezielt Bewegungslektionen für Seniorinnen und Senioren anbiete. Die Altersspanne reicht da tatsächlich bis weit über 100 Jahre.

Ich merke deutlich: Im Alter stehen andere Themen im Fokus. Es geht nicht mehr um den „Fun-Faktor“ wie im Fitnesscenter mit Jüngeren, sondern um grundlegende Dinge wie Haltung, Aufrichtung, Rückengesundheit oder Inkontinenz. Diese Themen erfordern Tiefe und Achtsamkeit – genau das liegt mir besonders. Ich schätze es sehr, meine fachliche Kompetenz gezielt einbringen zu können, statt nur ein vorgefertigtes Workout abzuspulen.

Auch im Personal Training mit älteren Menschen zeigt sich, wie wichtig ihnen Verbindlichkeit und Verlässlichkeit sind. Ich werde nicht nur für die Trainingsstunde bezahlt, sondern auch dafür, dass ich pünktlich da bin. Feste Rituale helfen ihnen, dranzubleiben. Denn sie spüren schnell, wenn sie aussetzen: Die Muskulatur baut sich rasch ab, die Haltung verschlechtert sich – das wirkt sich direkt auf ihr Wohlbefinden aus. Das sieht man bei älteren Menschen einfach schneller.

Was ist beim Aufbau eines Beckenbodentrainings besonders wichtig – und wie gelingt es dir, dass deine Klientinnen wirklich spürbare Lebensqualität zurückgewinnen?

Ich unterstütze Frauen in der zweiten Lebenshälfte dabei, ihren Beckenboden und ihre Blase wieder in den Griff zu bekommen – damit sie nie mehr Angst vor nassen Hosen haben müssen. Denn mit der hormonellen Umstellung in der zweiten Lebenshälfte – Stichwort Östrogenmangel – verändert sich auch die Beschaffenheit des Beckenbodens. Er wird schwächer, weniger straff. Das betrifft zwar nicht alle, aber viele Frauen. Hinzu kommen oft eine schlechte Haltung, jahrelanges schweres Heben, frühere Geburten und versäumte Rückbildung. All das führt zu Problemen wie Inkontinenz, Senkungen oder ständigem Harndrang.

Anders als der Bizeps ist der „muskuläre Hosenboden“ nicht sichtbar und liegt in einem intimen Bereich. Zudem gehören Beckenboden- und Blasenschwäche, Inkontinenz und Senkungen zu Tabuthemen. Darum fällt es vielen Frauen schwer, diesen Bereich bewusst wahrzunehmen. Doch genau das ist die Basis für wirksames Training – deshalb lege ich grossen Wert darauf. Mein Ansatz: erst verstehen, dann trainieren. Ich bringe meinen Klientinnen den Beckenboden bildlich und anatomisch näher. Mithilfe von Modellen, Flipchart-Zeichnungen und Anatomie-Tafeln, die die Muskulatur gut darstellen, entsteht ein klares Bild. Erst wenn dieses Verständnis da ist, starten wir mit einem systematischen Training: Zuerst geht es ums Wahrnehmen und Kennenlernen, dann steigern wir Schritt für Schritt die Intensität der Übungen – von der
bewussten Muskelkontrolle über den Muskelaufbau bis zur Stabilisation. Später wird das Training ganzheitlich – wir beziehen den gesamten Körper ein und verändern das Alltagsverhalten. Denn was hilft es, wenn man stundenlang Beckenbodentraining betreibt, aber sich im täglichen Leben nicht beckenboden- und rückenfreundlich bewegt? So gewinnen Frauen nicht nur Kontrolle, sondern auch Lebensqualität zurück. Keine Angst mehr vor kleinen oder grossen „Unfällen“ – das ist unglaublich befreiend. Und genau das liebe ich an dieser Arbeit.

Wie können Center ihren weiblichen Trainierenden Sicherheit geben, über das Thema Inkontinenz aufgrund einer Beckenbodenschwäche zu sprechen?

Schon früher habe ich als Instruktorin im Fitnesscenter bemerkt, dass viele Frauen ab einem gewissen Alter schlicht nicht mehr hüpfen – nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie es sich nicht mehr zutrauen. Sie meiden Aerobic-Stunden oder Jumping-Kurse, weil sie dabei Urin – oder auch Wind oder Stuhl – verlieren könnten. Das will niemand riskieren. Viele ziehen sich daher lieber in ruhigere Stunden zurück. Doch das eigentliche Problem ist: Inkontinenz und Beckenbodenschwäche sind immer noch Tabuthemen. Viele Frauen sprechen nicht einmal mit ihrer besten Freundin, ihrem Partner oder ihrer Gynäkologin darüber – geschweige denn in einem Fitnesskurs.

Für Fitnesscenter heisst das: Es braucht ein Umfeld, das Vertrauen schafft. Grosse Gruppen sind dafür weniger geeignet. Besser sind kleine, geschützte Gruppen oder Einzeltrainings, in denen sich Frauen sicher fühlen und öffnen können. Genau deshalb funktioniert mein Ansatz mit geschlossenen Kursen besonders gut. Mein Rat an Fitnesscenter: Bietet Kleingruppen oder Eins-zu-eins-Angebote speziell zu den Themen Beckenboden und Inkontinenz an – mit viel Einfühlungsvermögen, Diskretion und einer sensiblen Kommunikation. So entsteht die notwendige Vertrauensbasis, damit sich betroffene Frauen angesprochen und ernst genommen fühlen.

Spielt dabei auch das Alter der Trainerinnen und Trainer eine Rolle, damit sich Trainierende überhaupt trauen, mit manchen Herausforderungen an sie heranzutreten?

Ja, ich bin überzeugt davon. Lebenserfahrung und persönlicher Erfahrungsschatz spielen bei sensiblen Themen wie Inkontinenz oder Wechseljahresbeschwerden eine grosse Rolle. Es macht einen Unterschied, ob jemand nicht nur theoretisch Bescheid weiss, sondern auch selbst durch Phasen wie Geburt, Rückbildung oder hormonelle Veränderungen gegangen ist.

Ich bin 52 Jahre alt – und das ist auch für meine Klientinnen ein Pluspunkt. Sie wissen: Ich „spreche ihre Sprache“ und kenne viele ihrer Themen aus eigener Erfahrung. Auch wenn ich selbst keine Inkontinenzprobleme habe, weiss ich, wie wichtig es ist, den eigenen Körper bewusst wahrzunehmen und gut mit ihm umzugehen – gerade in bestimmten Lebensphasen. Diese emotionale Komponente sollte man nicht unterschätzen. Als Trainerinnen sollten wir unseren Kundinnen mit Empathie begegnen, sie motivieren und ihnen helfen, ihren Körper wertzuschätzen – für all das, was er geleistet hat. Vertrauensbasis ist die Grundlage. Und dieses Vertrauen entsteht leichter, wenn die Trainerin aus eigener Erfahrung spricht oder selbst zur Zielgruppe gehört.

Neben diesen sehr wichtigen Soft Skills braucht es auch Hard Skills. Wie wichtig ist dir fachliche Qualifizierung – und wie bildest du dich persönlich weiter?

Wie erwähnt, habe ich mit 16 als Aerobic-Instruktorin begonnen und mit 21 eine dreijährige Vollzeitausbildung zur Bewegungspädagogin mit Schwerpunkt pflegerische Gymnastik absolviert. In dieser Zeit habe ich ein fundiertes Wissen aufgebaut. Zusätzlich habe ich den Personal-Trainer-Schein, bin Mitglied im Schweizer Personal Trainer Verband, kurz SPTV, – und damit auch Trägerin des Qualitätssiegels. Das verpflichtet mich zu jährlicher Weiterbildung, mindestens zwei Tage. Aber ehrlich gesagt: Das ist mir zu wenig. Ich sauge Wissen auf wie ein Schwamm, bilde mich stetig weiter, halte mich fachlich auf dem neuesten Stand und gehe in meinen Fachgebieten in die Tiefe. Durch meine langjährige Erfahrung in Theorie und in der Praxis darf ich mich heute auch Dozentin nennen. Ich unterrichte an fünf renommierten Schulen in der Schweiz und gebe mein Wissen mit grosser Leidenschaft weiter.


Über die Interviewpartnerin

Mit ihrem Fachwissen ist sie auch als Dozentin an mehreren renommierten Ausbildungsstätten der Schweiz tätig, wo sie ihre beiden Herzensthemen – Beckenboden Basics und Senior-Fit – lehrt. Ihre Kompetenz in der Beckenbodengesundheit führte sie zum Aufbau eines Online-Business für Frauen über 45 – heute gilt sie als anerkannte Expertin auf diesem Gebiet. Sie unterstützt Frauen dabei, Beschwerden wie Inkontinenz und Blasenschwäche zu überwinden. Dazu hat sie auch das Buch „Ein starker Beckenboden in der zweiten Lebenshälfte“ verfasst, das den Amazon-Bestsellerstatus erreicht hat. Sie unterstützt damit Frauen, ihre Beckenbodengesundheit zu stärken und mehr Lebensqualität zu gewinnen. Ihr Ansatz ist dabei immer ganzheitlich: Sie kombiniert Bewegung, Ernährung und Lebensstiltipps, um eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheit zu erzielen.

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